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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1854
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- 1854-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1854
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- Deutsch
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721 1854.^ sonst hätten sie Calcutta nicht verlassen), sondern auch noch einen Rest von einigen hundert Pfunden geben dürften, womit das Geschäft wäh rend der ersten Monate geführt werden könne. Ein Wechsel von 2500 Pfd. auf die orientalische Bank war die Erwiderung auf diesen meinen Kostenanschlag. 25 bis 30 höhere Beamte im Civil- und Militärdienst der ostindischen Compagnie hatten in zwei Tagen den ganzen Betrag durch Subscription zusammcngcbracht. Die erste Schwierigkeit war, mir Pressen zu verschaffen; eine kaufte ich von der Druckerei der Baptisten-Missionsgesellschaft für einen billi gen Preis, aber für die andere mußte ich den doppelten Werth bezah len, obgleich sie mir von dem Eigenthümer nur aus Gefälligkeit über lassen wurde — dies ist kein Scherz — da derselbe sie zur Betreibung seines Geschäfts selbst brauchte. Darauf kamen die Lettern an die Reihe; ich hatte mir in den Kopf gesetzt, daß mein Manuskript nur mit Figgins'schcn Tvpcn „auf die Beine gebracht" werden könne. Einer meiner Freunde hatte mir näm lich einmal gesagt, daß ein kleiner von mir geschriebener Aufsatz sich „ungewöhnlich nett" in den Figgins'schcn Lettern ausnchme, und das dieser Bemerkung folgende Gespräch brachte mir die Ueberzeugung bei, daß Figgins der König der Schriftgießer sei. Nun fanden sich zwar eine Masse von allen Arten Figgins'scher Typen in Calcutta, aber von seiner Garmond war kein Buchstabe für Geld und gute Worte zu haben, und Garmond war für den Leitartikel durchaus nöthig. Lettern von andern Schriftgießern gab's genug, allein die paßten nicht zu meinem Plan und konnten mir deshalb nichts nützen. Endlich hörte ich von einem „Guß" schon gebrauchter Lettern und kaufte ihn für 50 Pfd. Der Titel, die Columncnmaße, die Durchschußlinien und die Formrah men, in welche die Typen eingeklemmt werden, wurden bald von einigen eingeborncn Handwerkern angefertigt, und mir blieb nun nichts weiter übrig, als Arbeiter für meine Unternehmung zu cngagiren. Der indische Setzer ist ein Wesen, welches sich von väterlicher Seite portugiesischer Abkunft rühmt, und Gomez, Gonsalves oder Percira heißt. Seine Hautfarbe ist natürlich sehr dunkel, aber er hat die Ge wohnheit, von den Eingeborncn nur wie von „schwarzen Thieren" zu sprechen; wenn er halb betrunken ist (und nur in diesem Zustande kann er seine Finger gebrauchen, welche selbst bei heißem Wetter eiskalt sind), arbeitet er vortrefflich. Seine Finger sind zierlich, und er langt die Lettern mit einer wahrhaft bewunderungswürdigen Schnelligkeit aus dem Schriftkasten hervor. Etwas ähnliches habe ich in keiner englischen Druckerei gesehen. Hat er sein Tagewerk aber vollbracht — und er pflegt cs mitunter in zwei oder drei Stunden zu beendigen — so ist er das indolenteste und verschwenderischste Geschöpf auf der Welt. Er kommt nie aus den Schulden heraus und hat stets einen ungestüm mah nenden Gläubiger auf den Fersen: trotzdem läugnet er seine Schulden hartnäckig ab und bezahlt nicht eher, als bis er von irgend einem Ge richtshof dazu gezwungen wird. Ich brauchte zehn solcher Setzer und engagirte sie gerade für den doppelten Lohn, den sie in Calcutta empfingen. „Erwägen Sie doch nur die große Entfernung, Sir", sagten sie zu mir; „es ist bitter, wenn man so weit von seiner Familie Weggehen soll, der man Geld senden muß!" Die Setzer meinten, sic würden fünf „Ableger" nöthig haben. Ein indischer Setzer hält cs nämlich unter seiner Würde, die Lettern, die er gesetzt, selbst wieder abzulegcn- Außerdem scheint es ihm zu schmeicheln, daß er jemand unter sich hat, ein menschliches We sen, welches seinem Wink und Ruf gehorchen muß, welches er ungestraft schelten und schlagen kann, wann es ihm beliebt. Diese eingeborncn Ableger der Schriften verstehen kein Wort Englisch, und manche kennen nicht einmal die Namen der Buchstaben, aber nichtsdestoweniger füllen sic einen Schriftkasten ebenso rasch und ebenso genau als ein Europäer. Die zwei Prcßmeister, deren ich bedurfte, engagirte ich ebenfalls für einen doppelten Lohn. In Betreff des Druckers erhoben sich neue Schwierigkeiten. Es fanden sich Portugiesen zu Duzenden, welche die Stelle „gegen jeden von mir zu bestimmenden Gehalt" zu übernehmen bereit waren, aber keiner derselben besaß die erforderlichen Eigenschaften zu dem Amte, welches er versehen sollte. Zuletzt erwählte ich einen jungen Mann, welcher Factor in einer der Officinen zu Calcutta ge wesen war. Ich wußte, daß sein Charakter nicht der beste sei, sah mich aber genöthigt, diesen Mangel nicht zu berücksichtigen. Ich ließ die Pressen und Lettern an Bord eines Plattbotes schaffen, welches von einem Dampfschiff ins Schlepptau genommen ward, und bezahlte das Verdecks Fährgeld für meine buntscheckige Druckerei-Mann schaft, welche, wie der Bootsmann bemerkte, „die verdächtigste Bande von Schurken sei, die jemals eine Planke betreten habe." Es war in der kühlen Jahreszeit, und so hatten die meisten Setzer dicke rothe Schlafmützcn aufgesetzt, die zum Gebrauch der Kuli's auf ihrer Reise nach der Insel Mauritius eingcführt worden waren. Als wir eben abfahrcn wollten, kam ein Beamter vom Requisitions- Gericht an Bord und lichtete die Reihen meines Regiments- Er holte mir zwei Pereira's — zwei meiner Setzer —weg, von denen jeder neu» Pfd. Vorschuß erhalten hatte. Ich entdeckte späterhin, daß sic ihre Verhaftung selbst veranlaßt. Unter dem Oberbefehl meines Factors führte sich die Mannschaft anfangs recht gut auf, als wir aber die Sundcrbunds*) erreichten, singen sie Streit an und wollten die Autorität der Person, welche ich über sie gesetzt, nicht anerkennen- Einige hatten sich Arrak zu verschaf fen gewußt, berauschten sich und wurden auf diese Weise rebellisch. Eines Morgens gegen It Uhr erachtete es einer der Setzer, Namens Martin Gonsalves, welcher während der Nacht tüchtig gezeckt hatte, für nöthig, über Bord zu springen- Das Dampfschiff ward angchalten und ein Boot ausgesetzt, um Martin wieder aufzusischcn, aber ein un geheures Krokodil kam vom Ufer hcrbeigeschosscn und verschwand Ange sichts aller Passagiere mit dem Opfer, das es erhascht hatte. Die an Bord befindlichen Damen schrieen laut auf beim Anblick dieser schreck lichen Scene, welche meine kleine Mannschaft auf eine Zeit lang in eine etwas trübe Stimmung versetzte; nichtsdestoweniger muß ich mit Be dauern gestehen, daß Martin's trauriges Ende nicht die Wirkung auf seine Freunde hatte, welche man hätte erwarten können- Als wir einige Tage später nach Comercolly kamen, empfing ich einen Brief von seiner Wittwe, welche mich ersuchte, ihr zu melden, ob das Gerücht von ihres Mannes Tode wahr sei oder nicht, indem ihr ein Heirathsantrag gemacht worden, den sie anzunehmen wünsche. Die ganze Reise bis nach Allahabad — dem Endpunkte der Dampf schifffahrt auf dem Ganges — war nichts als eine Reihe von Unglücks- fällen. Einer der Setzer verletzte sich schwer an der rechten Hand, und cs war sehr zweifelhaft, ob er im Stande sein werde, dieselbe wieder zu gebrauchen. Zwei von den Schriftablegern wurden von der Augen entzündung befallen, einer Krankheit, welche in Indien sehr häufig eine Schwäche der Augen fürs ganze Leben nach sich zieht. Einer der Prcßmeister ward von acutem Rheumatismus im Rücken und in den Schenkeln ergriffen, und der Factor erkrankte an einem bösen Fieber, welches einen tödtlichen Ausgang zu nehmen drohte. Ich hatte keine Ahnung von der schrecklichen Verantwortlichkeit, welche ich auf mich lud, als ich mich der Herausgabe der prvjectirten Zeitung unterzog. Nach manchen Schwierigkeiten gelang cs mir, die Pressen, Typen und die Mannschaft zu Allahabad ans Ufer zu bringen. Hier mußte ich Karren miethen, um dieselben nach ihrem Bestimmungsort zu schaffen, welcher noch 427 engl. Meilen entfernt war- Allein das hatte seine Schwierigkeiten, da alle Karren und Ochsengespanne, welche in diesem District aufzutreiben gewesen, zum Dienst der Regierung requirirt wor den waren. Mein Zug nach Mirut fand nämlich im Decembcr 1845 statt, unmittelbar nach der Schlacht von Mudki. Durch reichliche Be zahlung gelang es mir indessen, dies Hinderniß zu beseitigen, und wir waren schon im Begriff aufzubrcchen, als der Factor zu mir kam und sagte: „Sir, ich glaube, die Leute wollen davon laufen!" „Weßhalb. denn?" fragte ich. „Weil jedermann sagt, daß die Sikhs das Land erobern werden", erwiderte er; „daher meinen jene, sie seien sicherer in Calcutta. Das einzige Mittel, sie zurückzuhaltcn, würde sein, wenn Sie ihnen noch eini gen Vorschuß geben und sie tüchtig zechen lassen wollten, damit sie gutes Muthes bleiben." Ich war gezwungen, dem Rath des Factors Folge zu leisten, ärgerte mich aber nicht wenig, als ich sah, daß er dasselbe Mittel zu einer künstlichen Encouragirung bei sich anwandte, welches er in Betreff sei ner Mannschaft empfohlen hatte- Als wir endlich aufbrachcn, waren alle arg betrunken; selbst die einheimischen Schriftableger befanden sich in diesem traurigen Zustande. Die Pressen und Schriftkasten wurden in Stroh gepackt und zu unterst auf die Karren gelegt; über denselben befanden sich Bretter, welche denjenigen, die noch sitzen konnten, zum Sitzen, und denjenigen, die es nicht konnten, zum Liegen dienten. Die rothen Mützen gaben diesen Gruppen ein höchst blutgieriges Ansehen, und hätte Jemand die Gespräche der rothmützigcn berauschten Zecher gehört, er würde sich eingebildet haben, daß diese ein paar Höllenma schinen nach dem Kriegsschauplatz transportirten, um der Sache rasch ein Ende zu machen. Ihre Erscheinung war eben nicht besonders furcht bar, aber etwas Abschreckenderes und Widerlicheres habe ich kaum irgendwo gesehen. Am 24. Februar 1846 erreichte die in Stroh gepackte Artillerie die in Mirut gemietheten Räumlichkeiten. Die sanfte Stimme der Gefährtin -) So heißen die Inseln, welche zwischen den zahlreichen Armen der Gnu- " geSmündung liegen. A. d. II.
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