Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.11.1868
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- 1868-11-19
- Erscheinungsdatum
- 19.11.1868
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- Deutsch
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.>§ 269, 19. November. Nichtamtlicher Theil. 3243 schiedenen Weine mehrt sich in rapider Weise an der Festtafel. Da kommt das Vertheilen der Tafellieder gerade zu gelegener Zeit, eins derselben: „Becherklang und Liedesgruß" wird nach der Weise des „ O-ructerrmu« i^iiur" angestimmt und frisch und kräftig von der ganzen Versammlung milgesungen. Und nun beginnt eine ununter brochene und so große Reihenfolge von ernsten und heiteren, humo ristischen und tragischen, poetischen und prosaischen, musikalischen und oratorischen Vorträgen, von Soli und Duetten, von Trios und Quartetten, daß wir uns der Bewältigung eines solchen Stoffes gegenüber in nicht gelinder Verlegenheit befinden. Kaum hat das komisch-musikalische Duett von Schaeffer: „Amtmann und Schulze" die ungemessenste Heiterkeit hervorgerufen, kaum ist der Vortrag: „Paulus Epistel an die Epheser", auf stürmisches Verlangen wieder holt, beendet, so heißt es schonwieder: Depeschen! DerPariser„Vaga- bund" reicht uns im Geiste die Bruderhand über den Rhein, wäh rend ein alter Krebs fern von uns in Lissa ein „einsames Seidel" auf den Verein trinkt. Derweil ist ein Stoß Zeitungen bei dem Präsidenten ange kommen: es sind Exemplare der „Krebszeitung" und zwar einer „humoristischen Festnummcr zur Feier des elften Stiftungsfestes". Einzelne daraus verlesene Proben, z.B. „Ein Besuch in der Biblio thek des Krebs", „Aphorismen aus den Papieren eines Buchhand lungsgehilfen" u. a. erwecken den Wunsch bei Vielen, das Ganze kenne» zu lernen, dem denn auch gegen Erlegung von 2H Sgr. ge nügt werden konnte. Nicht lange, und das Podium zeigt uns eine wunderbare Ge sellschaft: grunzende, brüllende, krähende, miauende Gestalten, Mit glieder eines berühmten Thierquartetts, wie uns der Zugführer in gebrochenem Deutsch erklärt. Sie beginnen, und in der That, es sind wundersame Weisen, die wir vernehmen: vorgeschrittenste Zu kunftsmusik möchten wir sie nennen, Tonmalerei von ausgeprägt animalisch-naturalistischer Färbung — der Beifall entsprach den Leistungen. — Wiederum Depeschen: Aus Sachsen kommen die Dresdener mit einem poetischen Hoch und glücklichen Gedeihen, der Stuttgarter „Ulk" wünscht „Zum Wachsen Leut', Zum Frohsinn Zeit, Zum Singen Lust, Zum Trinken Durst; Gott gcb's dem Krebs". Nachdem sich der Jubel etwas gelegt, hält der Präsident die Festrede. Er habe im vorigen Jahre die Hoffnung ausgesprochen, daß der „Krebs" bei seinem nächsten Stiftungsfeste mit derselben Genugthuung wie bisher auf seine Fortschritte zurückblicken möge, er freue sich, daß seine Hoffnung sich bis jetzt durchaus erfüllt habe. Zunächst habe die innere Entwicklung des Vereins manchen Licht punkt aufzuweisen: dcrLesezirkel sei bis zu einigen vierzig Journalen angewachsen, ein ins Leben gerufener Fragekasten habe zu manchen interessanten und belehrenden Debatten Veranlassung gegeben, in regelmäßigen Vorträgen bestimmter Mitglieder sei Gelegenheit ge boten, sich über die Verhältnisse und Ereignisse des deutschen, fran zösischen, englisch-amerikanischen, holländischen urd skandinavischen Buchhandels, desgleichen des Kunst- und Musikalienhandels zu unterrichten, sowie auch die wöchentlichen Protokolle der Schrift führer manche Anregung gegeben hätten. Aber nicht nur die geistige, auck die gesellige Seite des Vereins sei gebührend berücksichtigt: eine Weihnachtsfeier, musikalische Soiröen während der Wintersaison, Landpartien während des Sommers, eine zweitägige Pfingsttour nach Freienwalde, an der sich außer Berlin noch sieben andere Städte betheiligt hätten, und die wiederum sehr gewachsene Mitgliederzahl zeigten, wie frisch unser Vereinsleben pulstre. Jndeß auch Erfah rungen seien dem Vereine nicht erspart geblieben: ein junges buch händlerisches Unternehmen habe versucht, einen Stein auf den Verein zu werfen, die Art des Angriffs habe indeß eine Polemik nicht wohl zugelassen. Dagegen habe der „Krebs" die in diesem Jahre sich unter den Kollegen aller Orten in erhöhtem Maße kundgcbende größere , Regsamkeit und collegialische Gesinnung freudig begrüßt und dieselbe dadurch zu unterstützen gesucht, daß er den übrigen Collegen-Vereinen j den Austausch der auf aukographischem Wege vervielfältigten Proto- l kolle angeboren habe, eine Proposttion, der denn auch bis jetzt seitens der Vereine zu Breslau, Dresden, Hamburg, Leipzig, Paris, Stettin und Stuttgart zugestimmt und somit ein regelmäßiger gei stiger Verkehr zwischen diesen größeren Plätzen geschaffen sei. Wir könnten somit wohl befriedigt auf unser bisheriges Wirken zurück- schauen, ein gutes Stück seien wir vorwärts gekommen, trotzdem sei es noch weil bis zum Ziel. Nur durch allgemeine Betheiligung aber sei unser Ideal zu erreichen, einen geistigen und geselligen Central punkt für den jüngeren Buchhändlerstand Berlins und des nörd lichen Deutschland zu bilden, dazu aber möge Jeder nach besten Kräften beitragen! Die mit einem Toast auf den „Krebs" schließende Rede wird nicht verfehlt haben, mannigfach anregend zu wirken und vor gefaßte Meinungen zu berichtigen. Doch nun wieder zu der heiteren Seite des Festes: Ein Männer quartett: Julius Otto's „Treues deutsches Herz" verfehlte auch an diesem Abend seine oft erprobte Wirkung nicht und die wunderbaren Virtuosen,,Bälämmel und Pfotenhauer" führten ein halsbrecherisches Violinconeert aus, das ein äußerst dankbares Publicum fand. Plötzlich aber tritt tiefe Dunkelheit ein und es beginnt ein instruc- tiver durch Abbildungen erläuterter Cursus aus der Kunstgeschichte. Eine Krüß'sche sog. Wunder-Camera führt uns in die Zeiten des grauen Alterthums, aber mit den classischen Gruppen selbst scheinen sich cigcntbümliche Wandlungen vollzogen zu haben, denn wie käme sonst der Kopf des Krebsgründers auf den Rumpf eines Diskus werfers oder der des Präsidenten auf Michelangclo's Moses? Die Diana von Versailles sieht uns mit den ausdrucksvollen Zügen des Vercinscassirers an, während der Schriftführer in Gestalt der Kaul- bach'schcn „Geschichte" den Griffel führt. Jetzt wird uns auch das Bild der drei Grazien mit den so wenig weiblichen Zügen auf der humoristischen Tischkarte klar: das sind dieselben schönen Frauen leiber, die sich uns jetzt präsenliren, aber wo sind die holden MLdchen- gesichter? Rechts schaut Garibaldi's ernster Kopf in weite Fernen, die Figur links zeigt Victor Emanuel's bärtiges Antlitz, zwischen beiden aber lächelt uns wohlgemuth das freundliche Gesicht des Dichters der „Olle Kamellen", das Fritz Reuter's, entgegen. Und so gehl das weiter in immer scherzhafteren Zusammenstellungen, in immer neuen Ucberraschungen, ein erklärender humoristischer Text bildet die trefflichste Würze — was Wunder, daß des Beifalls kein Ende war! — Noch gelang es dem Schriftführer, Hrn. Heyn, zum Worte zu kommen; er gedachte des rüstigen Wachsens des Ver eins, der Einigkeit seiner Mitglieder, des humoristischen Zusammen wirkens aller Einzelnen: den mitwirkenden Kräften galt sein kräftig unterstütztes Hoch. Hr. Kraze antwortet im Namen der Künstler, die Hrn. Borstell und Vahlen danken für die freundliche Aufnahme der früheren Mitglieder und wünschen ferneres Gedeihen. Immer gehobener wird die Stimmung, aber das Quartett: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen" findet trotzdem eine aufmerksame Zu hörerschaft, ein Couplet, das die mannigfachsten Erscheinungen des Buchhandels, Gewcrbefreiheit, aufgehobenes Eramen, Berliner Buchhändlcrbörse u. s. w. in harmloser Weise geißelt, erwirbt sich stürmischen Beifall. Endlich, nachdem noch „die rothe Nase" ihre musikalische Schuldigkeit gethan, scheint doch des Guten genug ge schehen zu sein, ein Theil bricht auf, Manche aber bleiben noch in freundlich geselligem Austausch bcisainmen und erst der graue Morgen sieht die letzten Festgenosien das erwünschte Daheim aufsuchen. So endigte das schöne Fest, an dem sich sinniger Ernst, frisch quellende jugendliche Fröhlichkeit und wohllhuende Gemüthlichkeit auf das freundlichste verschwisterten. Möge es noch oft wieder kehren, noch oft in gleicher Weise gefeiert werden! ^1. 8. 487
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