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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-08-10
- Erscheinungsdatum
- 10.08.1870
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- Deutsch
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2606 Nichtamtlicher Theil. 181, 10. August. wes«», welche Kronen verschenkte, um Völker an sich zu schmieden, solche Blätter sind die hier geöffneten. Sie sagen mit trockenen Worten, wie jene Tyrannei nach Lügen dürstete, um sich unter dem Scheine des Rechts mit unschuldigem Blute zu laben. Es ist der Prozeß Jenisch vom Jahre 1806. Das bayerische Polizeicommissariat der Stadt Augsburg leitete ihn ein, und das französische Kriegsgericht sprach nach den von Paris erhaltenen Wei sungen das Urtheil. In Augsburg bestand damals eine Buchhandlung, welche die Witlwe Stage durch ihren Geschäftsführer Karl Friedrich v. Jenisch (aus Winterbach bei Schorndorf) besorgen ließ, der ein thätiger, bescheidener, einsichtsvoller Geschäftsmann war, aber so unbemerkt lebte, daß der königliche Commissär selbst nach mehreren voran- gegangcnen Besprechungen in einem Schreiben die Stelle für seinen Namen freiließ, weil er ihm nicht gleich beifiel. An diese Buchhandlung kam im Februar 1806 aus Wien ciu Päckchen Bücher mit der geschriebenen FactUra: „Hr. Stage in Augsburg erhält x. dT: 4 Betrachtungen über Bon. 2 fl. Eine vorhergehende Nota werden Sie erhalten haben. Wien, 3 Fcbr. 806. Kupffer." Nach Empfang trug v. Jenisch in das Handlungsbuch Nr. 9 Pag. 347 ein: „Laut Facturä habe ich unterm 3 Febr. d. I. von Hrn.Karl Kupffer in Wien erhalten : 4 Betracht. Bonopartes .. 2 fl." Im Juni 1806 kam an dieselbe Buchhandlung ein Päckchen Bücher mit der gedruckten Factnra: Hr. Stage in Augsburg erhalten 12 Deutschland List, oder 16 Gr. ordin. Ich bitte es bestens be kannt zu machen. Junius 1806. Anonymus." Die Worte: „Hr. Stage in Augsburg" und die Ziffer 12 sind handschriftlich in das gedruckte Formular eingetragen, ^ine gleiche Sendung kam an die Matth. Rieger'sche Buchhandlung in Augsburg; in ihrer Factnra ist aber die Ziffer 12 mit Rothstift ausgcstrichen, und zu dem Worte „Deutschland" ist schriftlich beigesetzt: „in seiner tiefen Erniedrigung. 8. Brosch." Am 16. Juli 1806 erging von der k. bayer. Polizcidirection Augsburg an den Polizcidircctionsactuar .Herbst folgender Auftrag: Erhält der königl. Actuar Herbst den Austrag, sich in Angesicht dies mit Verziehung zweier Polizcidicircr in den Buchladcn der Buchhändlers- wittwc Stage zu verfügen, um sich alldort folgende zwei Flugschriften ver legen zu lassen: 1) Betrachtung über Napoleon Buonapartc's bis jetzt ungehinderte Fortschritte zur Unterjochung aller Staaten und Völker von Europa. 2) Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung rc. Von der unter l) bemerkten 'Lchrift ist auf der Stelle der ganze Verlag zu consiSciren und anher zu Überbringer,. Von der zweiten Flugschrift aber ist einstweil ein Eremplar der Polizcidirection zu übergeben, die übri gen sind indessen zu obsignircn und der Buchhändlung, jedoch mit dem Auftrag, daß sic bei größter Verantwortung weder ein Stück verkaufen noch da« Siegel verletzen soll, bis auf Weiteres z» belassen. Man genxirtiget den schleunigen Vollzug. Andrian. Noch am nämlichen Tag wurde von dem Actuar Herbst fol gender Bericht erstattet: , Nachdem ich mich gemäß erhaltenen Auftrags sogleich Mittags um halb l Uhr mit zweien Polizeidicucrn zu der Wittwe Slagc in ihren Buch ladcn »erlügt und aus dem Comptoir dieselbe und ihren jchiisc» Coirrrms Jeniich angctrofscn hatte, so war meine erste Frage an beide: „Ob man nicht bei ihnen zwei Piecen haben könne, als — -p." Worauf der Com mis, der inzwischen auch einen von den beiden Polizeidrencrn in dein Laden gewahr wurde, mit ziemlich verlegener Miene in Gegenwart seiner noch mehr verlegenen Frau Prinzipalin versetzt: „Ja, sic hatten diese Piecen gehabt, könnten nun aber mit keinem Stück mehr anfwarten." Ich er suchte vergebens, daß man mir doch eine oder die andere von diese» Piecen möchte sehen lassen, indem die wiederholte Antwort erfolgte: „Sie hatten nichts mehr." Ich zeigte nun dem Commis Jenisch meine Polizei-Ordre vor, mit Per ernstlichen Erinnerung, daß er mit Madame Stage, um »nangcnehmen Äüeitlänftigkcitcn auszubcugen, sich in Güte bequemen mochte, mir die von beiden P^oducten noch vorräthig habenden Exemplare vorznlcgen, Iweil ich nicht glauben könne, daß sic keines von beiden mehr haben sollten, um so avcnigcr, als erst vor kurzem die Polizcidirection sich selbst ein Stück von der erst benamsten Flugschrift, den Kaiser Napoleon Bonaparte betreffend, um dii Bezahlung aus ihrem Laden zu verschaffen gewußt hätte, worauf der Commis standhaft erwiderte: von den Betrachtungen über Bonaparte sei wirklich und auf sein Ehrenwort kein Stück mehr vorhanden, weil erst nach 12 Uhr durch Hrn. Stark, Lehrer im Gymnasto bei St. Anna, das letzte abgelangt worden sei. Frau Stage bestätigte bas Nämliche. Nun erklärte ich, daß ich vermöge weiters habenden Auftrages von dem Hrn. Polizeidircctor autorisirt sei, auf solch unverhofften, hartnäckigen Läug- nungsfall sogleich eine strenge Haus- und Ladenvisitation vorzunehmen. Auf dies hin legte mir der Commis das Handlungsbuch, außen mit Nr, 9 bezeichnet, vor und lcgitimirtc sich, daß er von erstercr Flugschrift nicht mehr denn vier Exemplare von Hrn. Kupffer in Wien als Novitäts- osstrt erhalten habe, welche, wie gesagt, alle verkauft wären. Er übergab mir zugleich die Original-Factura, um allen Zweifel zu heben. Als von der zweiten Flugschrift die Rede war, so wies er mir eine gebruckte Factnra, ohne Versendort, nur mit der Unterschrift Mnonz'mcm", um zu beweisen, daß er von dieser nicht mehr als 12 Stück über Nürn berg erhalten habe, wovon 9 Stück verkauft und 3 noch vorhanden wären, welche er der k. Polizeidircction hstmit zu übergeben bereit sei. Nachdem ich nun diese Original-Ausweise für meine erhaltene Auf träge hinlänglich erschöpfend hielt, befahl ich der Polizeiwache wieder abzu- tretcn, nahm die 3 von der zweiten Flugschrift vorhandenen Excmplarien mit mir und verfügte mich in das Polizeidircctions-Burcau, um ben ganzen Vorgang — wie hiemit geschieht — dem Hrn. Polizeidircctor gehörsamst zu berichten. A. uk suprs, , . Augsburg, den 16. IM 1806. gehorsamster Lict. Herbst, po. Polizci-Actnar. Noch an demselben Tag wurde Friedrich v. Jenisch zu dem kgl. Polizeidirector Frhrn. v. Andrian vorgcladen, wo er folgende nähere Erklärungen auf Befragen zu Protokoll gab. Er kenne den Derlagb- ort der zweiten Broschüre nicht, „indem der gedruckte Factura-Zettel nur die Unterschrift ^.non^mus enthielte". Ebenso wenig könne er die Verfasser dieser beiden Schriften angeben. Die zweite Flugschrift habe er „vor ungefähr acht Tagen durch die Stein'sche Buchhand lung in Nürnberg mittelst des Nürnberger Botens erhalten". Von den 4 Exemplaren der ersten Schrift sei eines an den Frhrn. v. Brug- lach in Landsberg abgegeben Wörden, die ästderN an den Pfleger Stall in Weidest, an den konigl. RcchnungsöoMmissär v. Grauvogel und an den Gymnasiallehrer Stark. Von den 12 Exemplaren der zweiten Flugschrift seien 9 Stücke je hines an den Hrn. v. Heuß in Memmingen, an Hrn. v. Sicherer in Klostcrhylzen, an Karl Heuß- ner in Etringcn, an Hrn. Allfahrer, Secretar in Landshut, an Hrn. Grafen Lasch in Jetzendorf, an Hrn. v. Beck in Babenhausen, an den Frhrn. v. Bruglach in Landsbcrg, an den Pfleger Hrn. Stall in Melden und an Hrn. Matthias BachschMid in Kaufbeuren als die „ordinären Abnehmer" der Buchhandlung versendet worden. Ob sämmtliche Exemplare behalten oder einige davon zurückgesendet würden, könne noch nicht bestimmt werden. Da der Verleger der zweiten Flugschrift bis jetzt nicht bekannt sei, „so wisse er (v. Jenisch) gegenwärtig nicht, wohin er den Geldbetrag cinsenden müsse. Auf heurige Michaeli erwarte er von dem noch unbekannten Verleger diesfalls eine nähere Anweisung." „Er vermuthe, daß diese Pie cen noch an mehrere Buchhastdlungen werden Verfestdet worden sein. Namentlich sollen von der Schrift Deutschland mehrere Pallete nach München und Salzburg adrcssirt Wörden sein". Von dieser Flug schrift habe auch die Rieger'sche Buchhandlung ein Packet erhalten. Er unterzeichnet: „Karl Friedrich v. Jenisch". Hierauf wurde der Buchhändler Johann Simon Riegcr „ vor berufen". Dieser erklärte: er habe von jeder der beiden Broschüren 12 Exemplarcerhalten, und nur von der zweiten ein einziges Exem plar an einen ihm unbekannten Handlungscommis verkauft. Die übrigen Exemplare stelle er der Polizeidirectiöst zur Verfügung. Von beiden Schriften kenne er die Verfasser, von der zweiten auch den Verleger nicht. „Er habe erwartet, daß sich der unbekannte Verleger, wie es bei anonymen Schriften öfters der Fall ist, seiner Zeit um die Bezahlung melden werde." Am folgenden Tag, 17. Juli, wurden auch die übrigen 13
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