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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-06-22
- Erscheinungsdatum
- 22.06.1870
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- Deutsch
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2110 Nichtamtlicher Theil. 140, 22. Juni. vr. v. Rönne), welche beauftragt wurde, einen Gesetzentwurf aus- zuarbcitcn. Der Entwurf fiel trefflich aus, wurde in demselben Jahre (1857) noch einmal umgearbeitet und in dieser Gestalt der kgl. sächsischen Regierung überreicht. Allein die ganze Arbeit blieb ohne praktisches Resultat, — es kam kein Gesetz zu Stande. Im Jahre 1862 wurde die Angelegenheit der damaligen deut schen Bundesversammlung seitens der kgl. sächsischen Regierung vor gelegt. Es ward eine Commission gewählt, um einen Gesetzentwurf auszuarbciten; dieser Entwurf wurde 1864 vollendet und der Bundes versammlung überreicht, aber auch dieser Entwurf hatte das Resul tat des früheren Entwurfs, — es kam kein Gesetz zu Stande. Nachdem nun die Ereignisse von 1866 eingetreten waren und die Verfassung des Norddeutschen Bundes im Art. 4. den „ Schutz des geistigen Eigenthums " als Gegenstand der Bundesgesetzgebung erklärt hatte, wurde die Sache abermals energisch wieder ausgenommen und der gegenwärtig vorliegende Entwurf ausgcarbcitet. Ich wieder hole also: der Zweck des Entwurfs besteht in der Herbeiführung der Einheitlichkeit der Gesetzgebung auf dein Gebiete des Autorenrechtes. Es fragt sich nun zweitens: Wie haben wir dies zu erreichen gesucht? Es gab in dieser Beziehung zwei Wege. Es konnte entweder das Nachdrucksrecht auf ganz neuen Grundlagen aufgebaut werden, oder cs konnte versucht werden, auf der Grundlage der bisherigen Gesetzgebung und im Anschluß an dieselbe das Recht weiter zu ent- wickeln.j Die Vorlage hat den zweiten Weg gewählt. Es ist dem Entwurf zum Vorwurfe gemacht worden, daß er nicht den erstcrcn Weg eingeschlagcn, daß er das Gesetz nicht auf ganz neuen Prinzipien aufgcbaut hat. Ich glaube, m. H., daß dieser Vorwurf nicht begründet ist. Mit dem Aufbaucn von Gesetzen auf neuer Grundlage ist cs überhaupt ein eigenes Ding. Das Gesetz soll nach meiner Ansicht das Recht nicht auf neuen Grundlagen in der Weise aufbaucn, daß es das Leben zwinge» will, sich ihm zu accom- modircn, sondern die Aufgabe der Legislation ist: dem Leben zu folgen, und dasjenige, was im Leben sich als bewährt hcrausgcstellt hat, in Erz zu gießen, gewissermaßen nur eine feste Form für die bereits Vorgefundene Materie zu schaffen. Auf dem Gebiete des Nachdrucksrcchtes hat sich nun seit dreißig Jahren eine ganz feste Praxis gebildet. Der Buchhandel und die Literatur sind über die meisten Fragen zu sehr bestimmten, festen Grundlagen gekommen, und cs wäre gewiß eine ganz verkehrte Art gewesen, wenn der Ent wurf jetzt plötzlich diese Grundlagen hätte verlassen und auf irgend welche neuen Theorien hin ein neues Nachdrucksrccht hätte aufbauen wollen. Der Entwurf ist in Folge dessen dazu gekommen, auf den bisherigen wohlbcwährtcn Grundlagen gewissermaßen nur eine Codification hcrbcizuführen und die Streitfragen, die sich in einer 30 jährigen Praxis gezeigt haben, auf legislativem Wege zu entscheiden, im Ucbrigcn aber bei den bisherigen Fundamcntalsätzen zu verbleiben. Was nun endlich die dritte Frage betrifft: Sind die Einwendungen, welche man gegen den Entwurf ge macht hat, begründet? so conccntrircn sich diese Einwendungen auf drei Bemängelungen. Mau hat zunächst behauptet, daß der Entwurf die Autoren viel zu lange schütze; man hat ferner cingcwcndet, daß er sich — wie die Presse sich einmal ausdrücktc — mit einer wahren Wollust in Kasui stik ergehe; und man hat ihm endlich vorgcworfen, daß er zu viel Strafbestimmungen enthalte. Es fragt sich, ob diese drei Einwändc begründet sind. Ich kann — bei vollkommen objectiver Beur- theilung der Sache — die Einwendungen nur für unbegründet halten! Was den ersten Einwand betrifft: daß der Entwurf die Autoren zu lange schütze, — so ist darüber in der neuesten Zeit so viel ge sprochen und geschrieben worden, daß ich glaube, darüber hinweg gehen zu können. Der Reichstag hat sich für das Prinzip des Ent wurfs entschieden und angenommen, daß die Schutzfristen nicht zu lang bemessen seien. Nur auf einen Punkt möchte ich hierbei auf merksam machen: ich glaube, daß man in dieser Frage die Beweislast falsch normirt hat. Die Beweislast steht nämlich meines Erachtens nicht so, daß der Entwurf den Beweis führen müsse, daß die Autoren einen Anspruch auf die ihnen gewährten Schutzfristen haben, sondern Diejenigen, welche behaupten, daß die Autoren zu lange geschützt werden, müssen ihrerseits den Beweis führen, daß überwiegende Gründe dafür vorliegcn, die bisher allgemein geltenden Fristen abzukürzen. Denn das Naturgemäße bei jeder geistigen Production ist, ebenso wie bei jedem anderen Eigenthum, daß der Autor das volle Recht an seinem geistigen Producte auf ewige Zeit hat. Nun können wir allerdings ein „ewiges Eigenthum" an geistigen Erzeugnissen nicht constituiren, weil die Rücksicht auf das allgemeine nationale Interesse fordert, daß nach einer bestimmten Frist eine Freiheit in der Benutzung geistiger Producte eintrete. Aber diese Fristbestimmung im Rechte des Autors ist immer eine Beschränkung seines naturgemäßen ewigen Rechtes, nnd wer daher das Recht des Autors noch mehr als bisher beschränken will, muß die Noth- wcndigkeit für eine solche Maßregel beweisen. Der Autor hat nach meiner Ueberzeugung a priori den Anspruch auf ewige Dauer seines Urheberrechtes; es muß ihm dieses Recht gekürzt werden, weil sonst eine unauflösliche Collision dieses Privatrechtes mit der Forde rung der Allgemeinheit cintreten würde. Aber wenn die Gesetz gebung, wie es in Deutschland seit 32 Jahren geschehen ist, sich allgemein entschlossen hat, die Schutzfrist der Autoren bis auf 30 Jahre nach ihrem Tode zu firiren, so braucht der neue Entwurf jetzt nicht den Beweis zu führen, daß diese Frist angemessen sei, sondern die Gegner dieser Frist haben nachznweisen, daß diese Frist zu lang bemessen sei. Diesen Beweis hat aber Niemand führen können; und darum glaube ich, daß der Reichstag sehr richtig verfahren ist, wenn er die Autoren in ihrem Rechte nicht weiter gekürzt hat. Der zweite Einwand: daß der Entwurf sich iu zu großer Kasui stik bewege, wäre ein sehr schwerer Vorwurf, wenn er begründet wäre; denn gerade wir preußische Juristen wissen, wie unangenehm cs ist, cin Gesetz anwcnden zu müssen, welches Casuistik treibt. Ich glaube nun aber, daß der vorliegende Entwurf in der Thal keine casuistischcn Bestimmungen enthält, sondern daß dieser Vorwurf lediglich aus einer ungenügenden Bekanntschaft mit der Materie der Nachdrucksgesetzgebung hervorgegangen ist. Es ist nämlich ein großer Unterschied zwischen „legislativer Casuistik" und „legislativer Ent scheidung controverser Fragen", und diejenigen Punkte im Entwurf, welche man als Casuistik angesehen hat, sind in der That nur Ent scheidungen wirklicher kontroversen. Es sind seit der Entstehung der deutschen Nachdrucksgcsetzgebung, also seit etwa 30 Jahren, in dieser Materie eine Reihe von Fragen aufgetaucht, welche in den bisherigen Gesetzen nicht besonders vorgesehen waren und von den Gerichten in der verschiedensten Weise beantwortet worden sind. Ich erwähne in dieser Beziehung nur folgende Fragen: Inwieweit sind Zeitungen und einzelne Zeitungsartikel gegen Nachdruck geschützt? — Inwieweit ist es gestattet, Anthologien zu schreiben? — Inwieweit ist das Abschreiber: als eine mechanische Vervielfältigung anzusehen? — Darf man Gesetze und amtliche Erlasse abdrucken oder nicht? u. s. w. Wenn nun ein Gesetz, wie das jetzige, nicht durchaus un genügend ausfallcn wollte, so mußte es diese Fragen legislativ entscheiden. Man kann allerdings einwenden, daß ja dies Fragen sind, die der Richter sich schließlich aus dem Prinzip des Gesetzes selbst klar machen wird; aber in dieser Beziehung kommen zwei Punkte in Er-
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