Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1870
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- 1870-06-22
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- 22.06.1870
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140, 22. Juni. Nichtamtlicher Theil. 2111 Wägung. Zunächst ist die Nachdrucksgesetzgebung ein so abgelegenes Feld, daß die wenigsten Richter mit den Details der Materie ver traut sind und daß daher mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen ist, daß die Richter in solchen Fragen mit ihren Ansichten auseinander gehen werden. Nun fordert es aber nach meiner Auffassung die Rücksicht gegen das bethciligte Publicum, daß wir das letztere nicht auf die variircnden Ansichten der Richter Hinweisen, sondern daß wir diese Fragen so klar im Gesetze selbst beantworten, daß das Publicum sich beim Durchlcsen des Gesetzes die Antwort selbst zu geben vermag. Es mögen die oben erwähnten Fragen für den Richter höchst interessante Streitfragen sein, — das Publicum antwortet uns: cs ist ein Scandal, wenn das Gesetz keine bestimmte Aus kunft darüber gibt! — Ich bin erst vor wenigen Tagen in der Lage gewesen, daß mich Jemand in Betreff eines Verlagsunternehmcns, bei dem es sich um viele Tausend Thaler handelte, um Rath fragte, ob er dasselbe unternehmen könne, ohne sich des Nachdrucks schuldig zu machen, — und ich habe antworten müssen, daß die Sache höchst zweifelhaft sei, daß der preußische Richter vielleicht bejahend, der sächsische Richter vielleicht verneinend entscheiden werde! Das ist, m. H., ein Zustand, der meines Erachtens kein erfreulicher ist, und wenn das Gesetz diesem Zustande dadurch abzuhelfen sucht, daß es ein paar Paragraphen mehr enthält, so kann man ihm nicht den Vorwurf der Kasuistik machen, sondern man wird sagen müssen, daß das ein Vorzug ist! Die Reichstags-Commission hat dies auch anerkannt und hat, trotz aller Reden über Casuistik, auch nicht einen einzigen Paragraphen aus dem Gesetze gestrichen! Ich komme schließlich zu dem letzten Einwande: daß das Gesetz zu viele Strafen enthalte, daß hinter jedem Paragraphen der Staats anwalt stecke, und daß sehr füglich die ganze Verfolgung wegen Nach drucks dem Civilrecht überlassen bleiben könne. Ich glaube, daß man auch in dieser Beziehung dem Gesetz Unrecht thut. — Ich würde cs geradezu für einen Rückschritt halten, wenn man aus dem Gesetze den criminellen Theil entfernte. Was ist denn überhaupt ein Ver gehen? Eine Begriffsbestimmung, daß diese oder jene bestimmte Handlung eine Bestrafung, und wiederum diese oder jene Handlung nur eine civilrechtliche Verfolgung erheische, ist bekanntlich nicht möglich. Der Begriff des Vergehens hängt einfach mit dem Volks- bcwußtscin zusammen; wenn die Handlung eine solche ist, daß das allgemeine Rechtsbewußtsein eine Neaction durch öffentliche Sühne dagegen fordert, so ist die Handlung ein Vergehen. Von diesem Standpunkte aus müssen wir daher fragen: Qualifizirt sich die Nachdrucksbchandlung als eine solche, für welche die allgemeine Meinung eine criminelle Ahndung fordert? — und diese Frage wird man, wie ich überzeugt bin, bejahen müssen. Wir haben überhaupt Nachdruck in Deutschland seit etwa drei Jahrhunderten, so lange, als die Buchdruckerkunst besteht. Ebenso lange hat man aber auch den Nachdruck als eine ehrenrührige .Handlung angesehen! — Schon Luther sagt: „Was soll doch das sein, meine lieben Druckerherren, daß Einer dem Anderen so öffentlich raubt und stiehlt das Seine und unter einander Euch verderbt? Seid Ihr nun Straßenränder und Diebe geworden?" Calderon nennt den Nachdruck ebenfalls einen Diebstahl und ein neuerer Schriftsteller sagt mit Recht, daß der Nachdruck von jeher ein Schandfleck in der deutschen Literatur ge wesen sei! — Es kann bei derartigen Aeußerungen darüber wohl kein Zweifel herrschen, daß der Nachdruck wirklich im Volksbewußtsein mit einem Makel behaftet ist, und daß es daher auch gerechtfertigt ist, ihn mit Strafe zu belegen. Es kommen übrigens außerdem auch eine große Menge praktischer Momente in Betracht, welche geradezu dazu zwingen, den Nachdruck mit Strafe zu bedrohen, wenn man nicht dem Nachdruck Thür und Thor öffnen und einen Zustand her beiführen will, von dem Börne treffend sagt: „Einer Themis ohne Schwert wirft man die Wage an den Kopf!" Ich erwähne nur Eins. Die Praxis lehrt, daß die Nachdrucker meist Leute sind, welche kein Vermögen und keine Executionsobjecte besitzen. Für diese ist daher die Entschädiguugsklagc höchst ungefährlich, da sie einer Erecutionsvollstreckung in voller Ruhe entgegensehen können. Von Begehung eines Nachdrucks sind diese Leute nur dadurch in erfolg reicher Weise abzuhalten, daß ihnen eine criminelle Strafe angedroht wird! — Dies, meine Herren, ist der flüchtige Abriß, welchen ich in der kurz gemessenen Zeit über den neuesten Gesetzentwurf geben wollte. — Ich wiederhole: es hat bis jetzt ein Unstern über der gemeinsamen deutschen Nachdrucksgesctzgebung geschwebt. Hoffen wir, daß es jetzt einmal gelingt, dieses Werk zum Abschluß zu bringen, und daß dann nicht auch in dieser Materie der Vorwurf mit Recht er hoben werden möge, daß unsere Zeit keinen Beruf zur Gesetzgebung habe!*) ^Allgemeiner Beifall.) Inzwischen hat der Reichstag die zweite und dritte Lesung des Entwurfs beendigt und denselben in allen wesentlichen Punkten an genommen. Nur der fünfte Abschnitt, welcher von den Werken der bildenden Künste handelt, ist aus dem Gesetze entfernt. Es erschien dem Reichstag wünschenswcrth, diesen Gegenstand gemeinschaftlich mit einem Gesetze über die Kunstindustrie zu behandeln, und er hat in einer Resolution ausgesprochen, daß dem nächsten Reichstag ein desfaüsigcr Gesetzentwurf vorgelcgt werden möge. Von den materiellen Aenderungen in den übrigen Abschnitten mögen nur folgende hervorgehoben werden: Der Schutz der post humen Werke ist auf die Dauer von 30 Jahren vom Tode des Autors ab (nicht vom Erscheinen des Werkes ab) beschränkt; dem Beschädigten ist das Recht gegeben, anstatt der im Wege des Civil- prozcsscs einzuklagendcn Entschädigung, zu verlangen, daß vom Strafrichter neben der criminellen Strafe auf eine an den Beschädig ten zu zahlende Geldbuße bis 2000 Thlr. erkannt werde; cs ist end lich als oberster Gerichtshof für Nachdrucksprozcsse das Bundcs- Ober-Handelsgericht in Leipzig eingesetzt. Es muß einem anderen Orte Vorbehalten bleiben, ausführlich zu erörtern, ob und inwieweit diese Aenderungen als Verbesserungen anzusehen sind. Der Bundcsrath hat die Beschlüsse des Reichstages ange nommen, und es ist somit der im obigen Vortrag ausgesprochene Wunsch, daß das lang ersehnte gemeinsame Gesetz perfect werde, in Erfüllung gegangen. Miscellen. In der letzten Ostermesse wurde ein in der Ausstellung ausge- legtcs Buch mit außerordentlichem Jubel ausgenommen, und der Verleger, welcher ein Exemplar auch beim Frühschoppen bei Schatz circuliren ließ, sammelte eine ansehnliche Zahl (2351 Exemplare!) fester Vorausbestcllungen. Zwölf Handlungen bestellten je 150 Erpl., eine Handlung 300 Erpl.; der Rest von 251 Exemplaren wurde in kleineren Partien bestellt. Das Buch liegt uns jetzt vor. Sein Titel ist: „Der heilige Antonius von Padua. Von Wilhelm Busch. (Lahr, Schauenburg.)" Berichtigung. In den, nculichen Artikel über „Alexander von Humboldl's Bibliothek" lese inan Sc. 1993, Sp. 2. als den Verfasser des Kataloge« „Ibe tlumbolclt Inbrarx. oatsloguo ok tbe Inbrar)' ok Alexander von Humboldt, rvitb s biblivArspIncal and bioxrapkicsl Illemoir" nicht Ileni)' i1tcven8, sondern: Ileur> 8tevon8. *) Hier endet der Vortrag. 299*
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