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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1860
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1860-03-28
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1860
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- Deutsch
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632 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. ,1? 38, 28. März. Nichtamtlicher Theil. Der Schutz gegen Nachdruck. Es ist bekannt, in wie dürftiger Weise Schiller für seine Räu ber honorirt wurde, während jetzt ein Verleger oft nicht anstcht, dem Verfasser eines Absatz versprechenden Nomanes mehr als tausend Thaler zu bieten. Dieser Unterschied zwischen Jetzt und Damals ist in die Äugen springend. Freilich ist der Werth des Geldes heutzu tage ein anderer, geringerer, als 1781, aber um das Hundert- bis Iweihundertfache ist er nicht gesunken. Die Ursache ist eine andere, sie liegt in dem damals mangelnden und heutzutage gewährten Schutze für die Werke des Schriftstellers. Es wurde bereits Jahr hunderte lang gedruckt und nachgedruckt, ehe man nur einmal dar über nachdachte, ob der Schriftsteller und Verleger eines Schutzes bedürftig sei, und noch weit längere Zeit ging darüber hin, ehe man zu überlegen anfing, ob man diesen Schutz nicht zu fordern be rechtigt sei. Ueber diese Dinge nachzudcnkcn und die Rechtmäßig st oder Unrechtmäßigkeit des Nachdruckes zu prüfen, dazu ent schloß man sich erst, als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die gewaltige Bewegung der Geister begann, welche die Wiedergeburt deutscher Literatur bezeichnet und dem Büchermarkt eine Bedeutung verlieh, die er nie zuvor besessen. Bis dahin war der Verleger und Schriftsteller jeder Willkür bloßgestellt; die jahrelange saure Ar beit des Letzteren wurde mit der Publication „Gemeingut", welches ein Jeder nach Belieben ausbeuten konnte; sic war die Frucht, welche von Jedem genossen werden konnte, der sie nickt gezogen hatte. Konnte wohl ein Verleger den Autor nach dessen Verdienst honori- ren, wenn er gewärtigen mußte, daß unmittelbar nach Ausgabe des Werkes dasselbe hier und da und dort nachgedruckt werde, konnte bei solchen Zuständen der Schriftsteller die Freudigkeit an der Arbeit bewahren, wenn er nicht einmal die nothdürftigste Gewähr auch ei nes materiellen Voctheils vor Augen sah! Der Mensch lebt nicht allein von geistiger Nahrung, und wenn der Ehrgeiz des Autors auch befriedigt werden kann ohne Schutz gegen Nachdruck, so stillt derRuhm doch nicht den Hunger. Wenn man annimmt, daß cs einen inneren Beruf zu jeder Thätigkeit gibt, daß besonders der Dichter dem Drange des ihn erfüllenden Geistes nachgibt, wenn er schreibt, so mußte in der Thal ein Jeder die Vorsehung anklagen, daß sie ihn auf ein Feld gestellt hatte, dessen Früchte nicht ihm allein, sondern jedem Dritten mit demselben Rechte zusielcn. Der sich steigernde Verkehr und die zunehmende Leichtigkeit desselben steigerten das Be- dürfniß nach Abhilfe dieser Mißstände. Zuerst sprach cs Leopold II. in seiner Wahlcapitulation Art. 7. §. 1. im Jahre 1790 offen aus, daß der Nachdruck eine Ungerechtigkeit sei, die gänzlich unterdrückt werden müßte. Aber das deutsche Reich hatte keine Macht mehr zu allgemeinen und kräftigen Maaßregeln, und es blieb, wie es war. Man begnügte sich, einzelnen Schriften Privilegien gegen Nachdruck zu verleihen und die übrigen ihrem Schicksale zu überlassen. Bis zum Jahre 1795 erklärten nur zwei Landesordnungcn den Nachdruck für eine strafbare Handlung: das chursächsische Mandat von t773 und das preußische Landrecht. Die Frage war von einer Bedeut ung für die geistige Entwickelung und einer Tragweite für das sitt liche Bewußtsein des Volkes, die wir uns in unseren heutigen ge setzlich geregeltcnZuständen kaum mehr deutlich zu machen imStan- dc sind. In welcher Weise sich die Jahrhunderte alten Mißständc fühlbar gemacht haben mußten, läßt sich daraus ermessen, daß selbst die Bundesactc sich zur Vorkämpfcrin der Reform machte und im Art. 18. bestimmte: „Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit und Sicherstellung der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen den Nachdruck beschäftigen." Der Deutsche Bund war meist bereiter zu versprechen als zu erfüllen. Die erste Bundesversammlung war vor länger als 20 Jahren abgehalten und noch immer war es bei der „Beschäftigung" mit der angeregten Frage geblieben. Freilich Halle man sich nach unendlich zerfahrenen und langwierigen Verhandlungen bereits im Bundcsbeschluß vom 2. April 1835 dahin geeinigt: „daß der Nachdruck im Umfang des ganzen Bundesgebietes zu verbieten und das schriftstellerische Eigen thum nach gleichförmigen Grundsätzen festzustcllcn und zu schützen sei". In diesem Beschlüsse halte man eine theoretische Frage von Bundes- wcgcn entschieden, die bis dahin zu den unter den Gelehrten sehr bestrittenen gehörte, und einen Abschluß hcrbeigeführl, dessen Ge- gründethcit von sehr namhaften Autoritäten noch bis auf den heuti gen Tag geläugnet wird. In dem Satze, daß das schriftstellerische Eigenthum zu schützen sei, lag unbedingt die Anerkennung eines geistigen Eigenkhums des Schriftstellers an seinem Werke. Freilich scheint sich der hohe Deutsche Bund der Tragweite und Gewichtig keit der von ihm ausgesprochenen Begriffe nicht recht klar gewesen zu sein, denn in dem Commissionsbericht, welcher dem später zu er wähnenden Bundesbeschlusse vom 9. November 1837 zu Grunde liegt, ist die Ansicht ausgesprochen, „daß der den Verlegern und Schriftstellern von Seiten des Bundes gegen den Nachdruck zu ge währende Schutz im Lichte eines Erfindungspatentes zu be trachten sei", und andererseits, „daß das Recht des Urhebers gegen unbefugte Vervielfältigung wie jedes andere Eigenthum auf dessen Erben übergehe". Und Laß die Bezeichnung „Eigenthum" mehr lsqon cke parier war, wird sich aus dem Weiteren ergeben. Es führt uns dies auf die Frage, ob ein und welches Recht dem Schriftsteller an seinem Erzeugnisse zustehe, um die Bestimmungen über den Schutz gegen den Nachdruck und die ihnen zu Grunde liegen den Motive würdigen zu können. Die verschiedenen Gelehrten ha ben von je die Antwort sehr verschieden formulirt; die Einen vindi- cirlcn ohne viele Scrupel dem Schriftsteller ein Eigenthum und be handelten den Nachdruck als Entwendung; später erfand man den Begriff des „geistigen Eigcnthums", ein Ding, welches bei Licht betrachtet ein Unding ist und welches dadurch, daß man im Streite für und wider oft in absurder Weise mit Worten klaubte, nicht zur Aufklärung beigetragen hat. „Geistiges Eigenlhum" drückt für die Meisten in bequemer Weise etwas aus, was man nicht defini- ren kan», weil es nicht cxistirt, und dem man doch einen Namen geben möchte. „Und eben wo Begriffe fehlen —." Und um diese Schwäche zu verdecken, geriethcn die Verlheidiger des geistigen Eigcnthums oft in eine Leidenschaftlichkeit und Gereiztheit, die bei wissenschaftlichen Erörterungen meist etwas Bedenkliches hat. So lesen wir bei I. F. Runde in der 2. Auflage seines Privalrechts (1795): „Die richterliche Gewalt muß schon nach der ,Natur der Sache' die Sicherheit des Eigcnthums gegen Verletzungen des Nach druckers in Schutz nehmen, wenn sie auch keine positiven Gesetze dabei in Anwendung zu bringen hat. Privileg!» für den rechtmäß igen Verleger gegen den Nachdruck sind folglich auch nichts mehr als Schildwachen vor dem Hause des ehrlichen Einwohners gegen Räu bereien." Also „das (geistige) Eigenthum des Schriftstellers liegt in der Natur der Sache." Ebenso gut könnten wir behaupten: es liegt nicht in der Natur der Sache, und müßten dasselbe Gewicht für diesen Satz in Anspruch nehmen, als Runde für den seinigen. Nach unserer rechtlichen Ueberzeugung befindet man sich bei jedem Ver suche, ein Recht des Schriftstellers an dem Inhalte seiner Arbeit zu construiren, in einem großen Jrrthum. Die Meisten verwechseln das Eigcnthum, welches am Manuskript zusteht, mit dem Rechte an dem Inhalte, und wenn man ein letzteres auf alle mögliche Weise zu begründen sucht, so stützt man sich dabei weniger auf die Grund-
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