Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.08.1917

Börsenblatt f. d. Dtschn. vuchhan.de.. Redaktioneller Leil. 193, 20. August 1917. Man braucht bei einer solchen Gesellschaft nicht etwa aus übel angebrachter Rücksichtnahme besorgt zu werden, wenn einmal eine deutsche Schrift so frei ist, von der Leber weg zu reden, und auf den groben Klotz den verdienten groben Keil setzt! Das wirkt nach vieler Ansicht und den Erfahrungen des täg lichen Lebens eher »kriegsverkürzend«, und sollte nach Meinung Besorgter eine Schrift einmal über die Schnur hauen, dann mögen sich jene beruhigen: Wo gehobelt wird, das wissen die Einsichtsvollen, die weißen Raben unter unseren Feinden, sel ber, da fallen auch Späne, überlassen wir also jetzt, wo es der Erhaltung unseres deutschen Hauses gilt, die Fürsorge für »alle Ideen von Volks- und Kulturgcmeinschast« vorerst — unseren aus Geschäftsrllcksichten von Kultur- und Freiheits-Reden trie fenden Feinden im Ausland. Sobald der gewiß von allen Ein sichtigen unter den Völkern ersehnte, dem Sein unseres Volkes Sicherheit verbürgende, ehrenvolle Frieden, welcher die deutsche Arbeit vor frech angedrohter Hörigkeit bewahrt, wieder ins Land gezogen sein wird, dann sind wir Deutschen als Kultur voll der Tat auch noch da! Jetzt aber, wo die ganze Welt gegen uns verhetzt wird, wollen wir vor allem die Mahnung des Sängers deutscher Einheit und Freiheit beherzigen: »Traute deutsche Brüder, höret Meine Worte alt und neu: Nimmer Ivird das Reich zerstöret, Wenn ihr einig seid und treu! Von der pfälzisch-lothringischen Grenze, mit berussgenossen« schaftlichem deutschen Gruß Jacob Peth. Aus dem schwedischen Buchhandel. <1 siehe Nr. 171.» II. Prachtwcrke. — Kllustrationswerke. — Bibliophilenausgaben. — Liefe- rnugswcrkc. — Kunst und Architektur. — Zeitschriften. — Kriegs literatur. — Carl G. Laurin: »Wilson und der Krieg«. — Schwedische Druckschrift. — Autiquariatsbuchhandel. — Bllcherdiebstlihlc. — Buch handels-Zentrale. — Markkurs. — Ausland-Verbindungen. — Ein fuhr-Schwierigkeiten. — Ladenschluß. — Geschäftsverkauf. — Der neue Finanzminister. Die sogenannten Prachtwerke, wenn man darunter Bücher, die mehr zum Anschauen als zum Lesen geeignet sind, versteht, fanden in Schweden stets Verleger und Liebhaber. Doch scheint in der neuesten Zeit im Geschmack des Publikums eine Wand lung eingetrelen zu sein. Man fängt an, den ziemlich geringen Wert derartiger Erzeugnisse im allgemeinen einzusehen. Bei Bonnier erschien im größten Format eine Sammlung Drei farbendrucke nach Gemälden des verstorbenen berühmten Malers Ernst Josephsson mit einer Einführung von Aug. Brunius. Der Absatz war (vielleicht auch wegen des hohen Preises) nicht be> deutend. Eine Serie Zeichnungen zu Lagerlöfs »Gösta Berling« von Einar Nermann erschien bei Norstedt L Söner und wurde etwas lebhafter verlangt. Doch scheint mir die Art dieses Künst lers zu blutlos und manieriert, um einmal viel mehr als Modesache zu werden. Nebenbei sei erwähnt, daß bei Bonnier ebenfalls eine neue Ausgabe in etwas kleinerem Format als die ursprüngliche von Gösta Berling mit den Bildern von Georg Pauli erschien. Der Verleger hat leider den Einband auch dieser Auflage mit einer gräulichen Karte des Schauplatzes der Erzählung ausgestattet. Es ist traurig, aber wahr, daß, wer bei uns ein Buch in gutem und geschmackvollem Einband haben will, ihn meist erst bestellen muß. Meisterhaft gelungen war dagegen desselben Verlegers mit schönen Holzschnitten von Sigge Bergström geschmückte Ausgabe von I. L. Almqvists »SonAss« von K. Häkanson. Die lyrische Produktion des genia len Dichters ist ziemlich unbeachtet geblieben. Und doch Hai sein- bilderreiche Phantasie vielleicht nie einen so künstlerisch voll endeten Ausdruck gefunden wie in diesen Liedern. Selbst hat er nur die volksliederartige Melodiestimme komponiert. Bei Bon nier erschien auch eine von Bertil Lybeck mit Zeichnungen ge schmückte Ausgabe von Sinbads Abenteuer. Ein Kritiker <A. 986 Brunius) bekannte, das Buch sei das erfreulichste Erzeugnis, das er seit langem gesehen habe. Der hervorragende Künstler und Architekt Ferdinand Boberg ließ von seinen schönen Stockholm- Bildern in Kohlezeichnung eine zweite Mappe bei Norstedt L Söner erscheinen. Der Kunstverlag »Grafia« gab unter dem Namen »von röcka äugeln« (Der rote Engel) eine schöne Mappe mit lithographischen Bildern nach alten Bauernmalereien von Gabriel Burmeister heraus. Auf diesen geschickten Graphiker möchte ich wiederholt die Aufmerksamkeit des deutschen Kunst handels richten. Auch eine numerierte bibliophile Ausgabe wurde davon veranstaltet. Ein ähnliches Werk über primitive Bauern holzschnitte mit Abzügen von alten Stöcken veröffentlichte der Künstler A. Sahlön in einer kleinen numerierten Auslage. Auch die moderne photographische Bildniskunst erhielt vor kurzem ein bibliophiles Denkmal in einem von Brüderna Lager, ström gedruckten hervorragend schönen Buch von dem in Stock holm wohnhaften Deutsch-Engländer Henry Bllrgel-Goodwin. Von Berus Gelehrter, war er einige Zeit Lektor an der Universität zu Upsala. Neuerdings beschäftigt er sich als Ama teur mit künstlerischer Photographie und hat darin eine hohe Meisterschaft erreicht. Das Buch (»Xonstnärsporträtt«) enthält eine Reihe vorzüglich gelungener Ausnahmen von bekannten schwedischen Künstlern mit ebenso gelungenem Text von seiner Gattin und erschien in 200 Exemplaren im Selbstverlag des Herausgebers. Obschon keine bibliophilen Ausgaben, sollen hier auch einige größere im Jahre 1917 erschienene schöne Lieferungswerke er wähnt werden. Daß die Herausgabe solcher kostbaren Werke in einer politisch und wirtschaftlich so bewegten und unruhigen Zeit, wie wir sie jetzt durchleben, vorgenommen werden konnte, ist ein charakteristisches Zeichen der Lage. Dies zeigt, vielleicht besser als alles andere, daß viel Geld im Umlauf ist und daß der allgemeine Wohlstand trotz Lebensmittel- und anderer Not gestiegen ist. Denn ohne Zweifel gehört das Buch nicht zu den unbedingt notwendigen Bedürfnissen der Reichgcwordenen. Aber schön gebundene Bücher sind gewissermaßen eine Modesache geworden. Der Wohlstand äußert sich nämlich mit Vorliebe in einer schönen Wohnungseinrichtung, und dazu gehört nun mehr glücklicherweise auch ein Bücherschrank, der natürlich nicht leerstehen darf. Auch sind die Buchbinder wie noch nie mit Arbeit überhäuft. Die Firma Wahlström L Widstrand begann eine neue ver mehrte Auflage des großen alten Werkes »Nordens Flora« von Palmstruch. Es wird in 37 Lieferungen zu 3 Kr. erscheinen. Palmstruchs Botanik erschien zum ersten Male mit königl. Privi legium am Anfang des 19. Jahrhunderts und enthielt eine große Anzahl farbiger Kupfer in wundervoller Ausführung. Die neue Ausgabe, deren Text Professor Lindman schrieb, ist durch viele neue Bilder bereichert worden und enthält ca. 700 Kunstblätter in farbigem Offset-Druck, wozu die im Besitz der Kgl. Wissenschaftsakademie noch befindlichen alten Platten verwendet wurden. Die alte, erste Auflage zählt zu den von Sammlern meistgesuchten Büchern und wird vollständig mit gegen 2000 Kr. bezahlt. Gewissermaßen als ein Gegenstück dazu kann die Neuausgabe des schönen Werkes über die Vögel Schwe dens von den Brüdern M. und W. von Wright im Verlage von Jvar Baarsen, Stockholm, bezeichnet werden. Diese beiden zoologischen Zeichenkünstler waren Finnländer und wirkten vor bald 90 Jahren in Schweden. Die ca. 200 ganzseitigen, auf Siein gezeichneten Bilder werden auf ca. 50 Lieferungen zu 3 Kr. verteilt. Die Originale befinden sich im Besitz der Kgl. Akademie der Wissenschaften. Der Neudruck wurde ebenfalls in Offset-Druck hergestellt. Den Text schrieb Professor E. Lönnberg. Endlich wird jetzt die große sogenannte »Gustafs V.-Bibel« von Brüderna Lagerström gedruckt. Es ist eine wirkliche Monn mental-Ausgabe der Heiligen Schrift in großem Format mit wundervoller dekorativer Ausstattung von Professor O. Hjortz- berg, der auf dem Gebiet der dekorativen religiösen Kunst Meister ist. Der Preis des vollständigen Werkes wird 175 Kr. betragen. Für die Herausgabe wurde eine neue Verlagsgesellschaft ge gründet. Eine andere große Ausgabe der Bibel, weniger Pracht--