Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1855
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- 1855-04-09
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- 09.04.1855
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608 43 hat der Verleger doch wohl kein Risiko, noch baac heraus zah- ! len zu muffen, denn 3 Exemplare wird der Ort mit (lt. ^ Etablissements - Circulair so reicher) Umgebung doch consumiren, ^ — also opfert man 3 Ex. des Buchs und hat die Ehance, nach der Einstimmigkeit des zu erwartenden Erfolges zu schließen, wenigstens einige Dutzend abzusetzen. Ja solche Träume sind sehr häufig nur Schäume. Alle Handlungen des Ortes haben zusammen 2 Ex. abgesetzt (die inserirende gar keines). Note und Beleg kommen, mit der Bitte um Gutschrift, d. h. Zahlung von 1 ^ 21 S-f in alte Rechnung für Inserat. Der Mann muß sich geirrt haben, ich bestimmte nur 24 S^s dafür. Doch nein, er hat ja seine Firma mit zollhohen Buchstaben, mit Händen von fast natürlicher Größe zuge fügt, und nicht allein diese, sondern auch noch mit Ciceroschrift seine Wohnung angegeben, wahrscheinlich aus Furcht, man könne seine Handlung in der von nur 16,000 Einwohnern bewohnten Stadt sonstnicht aufsinden. Dies nur ein Beispiel von Hunderten, deren ich und mancher meiner Freunde hier erwähnen könnten. Aber zu was Allem der Verleger wirklich mißbraucht wird, selbst noch, wie hier, zum Abdruck und Bckanntmachcn von Firma und Wohnung des Sortimenters, da hört, wie gesagt, die Vernunft auf, wenn man fortfährt, seine Geschäfte so zu betreiben, und man nicht mit aller Macht nach Reformen strebt, die allein aus dem bisherigen Ge bühren und dem stets weniger solide werdenden Geschäftsgänge ret ten können. Ordentliche Verleger und ordentliche Sortimenter können kein größeres Interesse haben, als sich hier wechselseitig die Hand zu bieten und Grundsätze festzustellen, die beiden Theilen aufhelsen und das schwindclich Gewordene auf eine solide Basis zurückführen. Möchten Ansichten in diesem Blatte hierüber ausgesprochen werden und durch wechselseitiges Zugeben eine Einigkeit, wenig stens eine Majorität erzielt werden, zum Frommen des Ganzen, und auch ich nicht abermals leeres Stroh, selbst in Darstellung der grell sten Wahrheit, gedroschen haben. Wer nichts thun will, mag seine Zeche seiner Zeit bezahlen, wir sind vorsichtig geworden. 8-ipienti sst! Auch aus Leipzig. In Nr. 40 des B.-Bl. spricht sich Herr Altendorff über un verlangte Sendungen und Disponenden aus, daß jedem Verleger Angst um sein Eigenthum werden möchte, wenn diese Grundsätze im Buchhandel eingeführt würden, oder gar schon rechtlich existirten. Zum Glück ist es jedoch noch nicht ganz so schlimm um uns bestellt, obwohl bereits vielfach darnach gehandelt wird und zwar von den selben falschen Ansichten ausgehend, die Hr. A. als die einzig rich tigen darzustellen sich bemüht. Schreiber dieses hatte schon wieder holt Gelegenheit, Hrn. A. über dies Thema zu hören; immer wie heute vermengt er die'Begriffc und wendet kaufmännische Grundsätze auf buchhändlerische Verhältnisse an, wo sie am wenigsten passen. Bei allem seinem Pochen auf kaufmännische Regeln, verthcidigt er nicht nur buchhändlerischc Formen, die jedem Kaufmann die Haare zu Berge treiben, sondern will auch den Mißbrauch dieser Formen als Recht und Gesetz eingeführt wissen. Herr A. sagt, daß die Verleger ohne Weiteres und einzig um ihren Vortheil dem Sortimenter ihre Bücher einsenden und so über dessen Geld und Zeit gebieten. Das Novaversenden so erklären, kann nur Jemand, der den Buchhandel nicht kennt. Das regu läre Novaverscndcn ist kein unverlangtes, am wenigsten in dem von Hrn. A- untergelegten Sinne, vielmehr wünschen und wollen die betreffenden Handlungen alle neuen Bücher sofort nach Erscheinen zugesandt haben, es geschieht also auf ihr ausdrückliches Ver langen. Nur wenn eine Handlung dies allgemeine Verlangen nicht ausgesprochen hat, könnte von unverlangten oder, richtiger gesagt, von verbetenen Zusendungen die Rede sein. Vor dieser, sogenann ten Verlegerwillkühr wissen sich die Betroffenen sehr gut zu schützen. Ueber das Disponiren ist Hr. A- womöglich noch mehr im Unklaren; er scheint zu glauben, daß dies ein altes Recht des Sor timenters ist, daß überhaupt das Verhältniß zwischen Sortimenter und Verleger, wenn nicht extra vorher anders bestimmt wird, auf den Grundsatz basirt sei, daß nur Ersterem die Verfügung über die unverkauften Bücher zusteht. Hr. A. scheint vor Allem nicht zu wissen, was „zur Disposition stellen" heißt, cs heißt wörtlich: das unverkaufte Gut, so weit es nicht remittirt wird, dem Verleger zur Verfügung stellen; aber gerade diese Verfügung spricht Hr. A. dem Verleger ab und greift so in die heiligen Rechtebes Eigenthums ein. Als Kaufmann hätte Hr. A- den allgemeinen Begriff „zur Disposition stellen" kennen sollen, wenn er auch als solcher nicht nöthig hat zu wissen, wie sich die Sache im Buchhandel entwickelt hat. Da war cs früher durchaus keine Regel, und konnte nur mit spccieller Erlaubniß des Verlegers stattsinden, worin die Sitte nur das geändert hat, daß diese Erlaubniß überall vorausgesetzt wird, wo nicht das Gcgcntheil erklärt ist. Der Verleger stellt daher heut zutage keine nachträgliche Bedingung, wenn er sich einzelne oder alle Disponenden verbittet, weil eben die erste Bedingung, auf die hier das Geschäft eingcleitet wurde, die ist, das Ver kaufte zu bezahlen, das Unverkaufte zu remiltiren. Das Dis- ponircn, wie auch das Uebcrtragcn, ist demnach kein Recht des Sortimenters, sondern eine Gunst des Verlegers, und so wie cs gegen seinen Willen geschieht — eine Willkühr, ein Unrecht. Der Verleger wird jedoch diese Gunst gern gewähren, wenn mit Verstand disponirt wird, und er wirklich über sein Eigenrhum ver fügen kann, was aber jetzt in den meisten Fällen nicht möglich ist, weil heutzutage Disponiren so viel heißt, als die und die Bücher nicht bezahlen. — Es ist also gerade das, was Herr A. als das Recht und die nothwendige Basis für den Sortimenter ansicht —> der Mißbrauch und das Unrecht, und was er durch die Länge der Zeit cingenisteten Mißbrauch nennt, ist das wahre Recht und die wirkliche alte Sitte. Daß dieser Mißbrauch der jungen Buchhändlerwelt weniger schreiend erscheint, als er es in der That ist, ja zum Theil als ein Recht in Anspruch genommen wird, darf eigentlich nicht groß wun dern, sehen sie doch von diesem Mißbrauch einen so ausgedehnten, dem Ercdit nicht schadenden Gebrauch machen, daß sie ihn bei der herrschenden Gedankenlosigkeit eben für die Regel nehmen, und dies um so lieber, als er ihnen, den Sortimentern, durchaus keinen Schaden bringt. Wenn die Verwirrung der Rechtsbegriffe im Buchhandel so fort geht, so werden wir noch auf einen curiosen Standpunkt gelangen, die Wunderlichkeiten häufen sich schon von Tag zu Tag. Herr A. fragt schließlich, warum man immer nur über die Willkühr der Sortimenter klagt und nicht über die der Verleger? Einfach darum, weil letztere weniger cxistirt und nie so drückend ist, als ' die der Sortimekiter. Dieser kann sich auch eher schützen, hat er doch das Eigenthum des Verlegers in Händen und kann ihn damit zwi cken und zwacken, was im Fall auch redlich geschieht, bis die Will kühr matt gemacht ist. Was kann der Verleger im umgekehrten Fall thun? Nichts! Seine Proteste wandern ungelesen, mindestens unbeantwortet in den Papierkorb! Wenn es zu arg wird, hebt er die Rechnung auf, — für dieHcrren der neuen Schule erst recht ein Grund, alle Schleusen der Willkühr aufzuzichen, haben sie doch jetzt gar nichts mehr zu schonen. Da wird kein Auszug beantwortet, noch Jahrelang fort disponirt, bei aller Solvenz nicht bezahlt, blos um den Verleger —! Und der Verleger ist schutzlos — ein Proccß würde wohl schließlich zum Ziele führen, traurig, wenn kein anderer Ausweg bleibt.
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