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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.10.1860
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1860-10-01
- Erscheinungsdatum
- 01.10.1860
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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Stolz den seinigcn nennt, daß Preußen, sein engeres Vaterland, xruch nicht einen hohen Gönner berge, der lüstern nach dem Ruhme ist, diesen Schatz der Nation zu erhalten? So unglaublich cs klingt '— es scheint so zu sein, und während, wie wir erfahren, vom Aus lande her sich allerseits der Wunsch kundgibt, die Sammlung zu erwerben, ist wenig Aussicht vorhanden, die Bemühungen der Her ren Besitzer, sie dem Vatcrlandc zu sichern, von Erfolg begleitet zu sehen. Es will uns scheinen, daß man bei uns über der materiellen Nützlichkeitsfrage, welcher in unserer Zeit stets der erste Platz ein geräumt wird, zu leicht den besonderen Werth übersieht, den Bücher- schähe dadurch erlangen, daß sie von unseren Geistesheroen benutzt wurden Wenn aber nicht nur die Benutzung einer Büchersamm lung durch einen in der ersten Reihe der Unsterblichen des Vaterlan des Stehenden ihr einen besonderen Werth gibt, sondern wenn sie auch, wie im gegenwärtigen Falle, durch zahlreiche handschriftliche Bereicherungen und sonstige Eigenthümlichkeiten die Spuren seines großen Genius trägt — dann sollte der oben bezeichnet beson dere Werth bei der Bcurthcilung der Sammlung in erster Linie stehen. Man vergißt, daß diese Sammlungen einen beträchtlichen Anthcil an den Arbeiten und Studien haben, welchen der mensch liche Geist seine Fortschritte verdankt, und welche von der Nation als Haupkfactor ihrer Veredelung verehrt werden. Diese Samm lungen sind das heilige Werkzeug, welches jene Arbeiten hat schaf fen helfen! Leider sind dies nur fromme Wünsche und es wird daher um so zweckmäßiger sein, empfangene Eindrücke festzuhakten, die sich zu verschaffen, unseren Landsleuten vielleicht bald unmöglich sein wird. Auf den ersten Blick sieht man es dieser Bibliothek an, daß sie nicht einem Fachgelehrten allein ihr Dasein verdankt — der Philo soph, der Mann von Welt, haben einen gleichen Antheil an ihrer Entstehung. Das große generalisirende Genie Humboldt's wußte aus allen Quellen des Wissens und Geistes zu schöpfen, alle muß ten das Ihrige dazu hecgebcn, um die köstlichen Früchte zu treiben, mit denen er die Welt beschenkte. So sehen wir denn hier die tief ernsten Werke aus allen Gebieten der exacten Wissenschaften, im freundlichen Vereine mit den Produkten der Geschichtsforschung, der schönen Künste und Wissenschaften. Die zum großen Theil kostbaren und glänzenden Einbände lassen uns sogleich vermuthen, daß viele dieser Schätze dem Nestor der Wissenschaften als Huldi gung von den Verfassern dargebracht wurden. Viele uns im All tagskleide bekannte Werke erregen unsere Neugierde durch ihr For mat und ihren Umfang; wir kennen sie kleiner und dünner, sind sie unter den Händen Humboldt's gewachsen? Nein, aber statt auf dünnem Löschpapier, sehen wir sie hier auf stärkstem Velin und statt winziger Ränder, die kaum einen Finger breit über den Druck hin ausragen, liegen sie hier mit stattlichen oft mehr als handbreiten Rändern vor uns: oft Unica, nur für den hohen Empfänger be stimmt, die Sehnsucht der Bibliophilen von echtem Schrot und Korn! Die Neugierde treibt uns, einige dieser Gäste in Festtags- klcidern näher zu betrachten, und in den meisten Fällen fesselt das Vorsatzblatt unsere Aufmerksamkeit noch ehe wir zum Tilelblatte ge langen, denn gewöhnlich hat der Verfasser es benutzt, dem großen ^ Manne mit eigener Hand seine Bewunderung und Verehrung aus- ! zusprechen, häufig in Ausdrücken und Formen, die dem über j Schmeicheleien Erhabenen ein ironisches Lächeln abgewonnen ha ben müssen. — Kein Fürst darf sich rühmen, von den Bürgern des literarischen Staates mit einer gleichen Anzahl von Geistesproduc- ten bedacht worden zu sein, und die Schmeicheleien, welche die Hohen der Erde bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich mit in den Kauf nehmen müssen, erblassen gegen die Blumenlese, welche Hum- boldl's Bibliothek bietet. Ihm ist in allen Sprachen gekuldigt wor den. „Alexsndru ab Humboldt, Kermanorum decori" heißt es wür dig in Jdeler's IletooroloKis vel. 6rsee. etc., „kislurse scrutsto- rum principi" in Brandt's 8^>nbolae sirenoloKiese, „Kktstis nostrso et lumini et deoori Kloxsndro de Humboldt" strahlt es uns aus Bartholomcß' De kernsrdino Ivlesio entgegen. Für extra vagante Lobpreisungen scheinen aber die modernen Sprachen weit besser geeignet. Aus Pihan dc la Forest's Lsssi sur 8eboeII blickt uns folgende Dedication von einem rosenfarbenen Blatte ko kett an: „K I'immortel Klexsndrk d« Humboldt dont ekaquo nouvol ouvraxs, komme un llambesu lumineux, place aux dernieres limites de I» svienks, fette ss brillante klarte sur les re»ions ineonnuea" etc. Einfacher und geschmackvoller drückt sich Alcide d'Orbignn, der berühmte Palaeontologe aus: „K gui poursis-fe penser a dödier mon travsil, si cv n'est ä vous, dont le ^enie I'a en quelque «orte inspire, s vous gue I'Lurope a proelame I'exemple et le modele des roxsxeurs pkilosopbes." Solche Ergüsse finden sich zu tausen den vor. Die deutschen Autoren, welche sich mit ihren Gcistes- producten dem Throne Humboldt's nahen, ergehen sich oft in poe tischen Ergüssen. Wir öffnen zufällig Frankl's Eristoforo Colombo und erblicken, von der Hand des Autors geschrieben, diese Zeilen, welche die Ocffentlichkeit nicht zu scheuen haben: ..Kein König und kein Schlachrenheld — Sein Rudm wird ewig gelten! Du aber hast in neuer Welt Entdeckt erst neue Wetten! Der Spruch der Mit- und Nachwelt heißt: Er gab den Körper. Du den Geist." Zuschriften wie diese: „Dem deutschen Manne, dem Helden der Wissenschaft, welchen der gebildete Erdkreis mit Bewunderung feiert" gehören zu den mäßigsten, Humboldt muß deren täglich eine Anzahl aufgetischt erhalten haben. Der Däne Finn Magnussen überreichte ein schön gebundenes Exemplar seiner Schrift: Kk dc Kami« 8kandinsvvrs indeliux ak dsxens tider mit der handschriftli chen Bereicherung: „Dem Welteroberer als Seher und Weiser" rc. Mit der treffenden Zuschrift: „Io tbo most iutollissent, scientilio and pkilosopkio ok travsllors, and tkö krisnd ok Human Improvv- ment in every l'orm" sendet I. S. Buckingham der Reisende, sein 8KklkI> ok bis voxsxos oto. — Humboldt's nähere Freunde, Arago, Sir R. Murchison, L. v- Buch, Ehrcnberg, Agassiz w. rc. fassen sich gewöhnlich kürzer und würdiger. Die Bibliothek bietet auf diese Weise eine interessante Sammlung von Autographen der berühmtesten literarischen Zeitgenossen Humboldt's. Oft auch be zeichnen die geschenkten Werke Vorfälle aus seinem Leben. Es fällt uns z. B. ein dünner Folioband in grünem Leder mit einer In schrift in Goldbuchstaben auf dem Deckel, in die Augen. Es ist ein seltenes Werk über die Thierc der nördlichen Provinzen Rußlands. Die Inschrift lautet: „Alexander von Humboldt betrat die Gcänze von Paplacken in Kurland auf seiner Reise zum Wohle Rußlands den 23/11. April 1829." Das Werk ist ein Geschenk der Fa milie von der Ropp, in deren Hause Humboldt auf seiner Reise übernachtete. Wir könnten noch Hunderte ähnlicher charakteristischer Fälle aufzählen, ziehen es aber vor, den uns knapp zugcmessenen Raum noch würdiger zu benutzen, indem wir von den handschriftlichen Be merkungen sprechen, mit welchen Humboldt selbst seine Bücher be reichert hat Sie sind oft vom höchsten Interesse und geben ein leb haftes Bild von der erstaunlichen Thätigkeil, dem riesenhaften Ge- dächtniß, welchem Verwandtes stets sogleich gegenwärtig war, und dem großen classisicirenden Talente Humboldt's. In erster Reihe stehen die Handexemplare seiner eigenen Schriften; sie tragen fast sämmklich handschriftliche Bereicherungen von mehr oder minderem Umfange. Vor allem fesselten uns die 4 Bände des „Kosmos" mit
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