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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.07.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-07-28
- Erscheinungsdatum
- 28.07.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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174, 28. Juli 1917. Redaktioneller keil. »Srnndlaa f. d. Dpchn. Buchhandel sie unmöglich ihre Vorgesetzte» anschwärzen. Ich selber habe ge sprächsweise eine ganze Reihe von Klagen gehört und habe auch Briese gelesen, die solche enthalten. Diese Briese sind säst alle über einen Leisten geschlagen. Aber wenn man die Bricfschreiber sragt: Dars man den Brics vcrvsscntlichcn?, so erhält man die Antwort: Ilm Gottes willen; machen Sie, was Sie wollen, aber nennen Sse nur ja meinen Namen nicht! — Unter diesen Umständen ist es voll kommen erklärlich, daß man nie etwas Näheres hört. Ich hatte im letzten Jahre so viel zu tun, daß ich gar keine Zeit hatte, mich mit der Sache zu beschäftigen. Nur gelegentlich, durch Zusall, hörte ich etwas/ Als ich von München absuhr, ist mir ein Brief zugcschickt worden, den ich unterwegs lesen sollte. Ich habe ihn nicht sofort gelesen. Ich muß gestehen: ich habe ihn erst heute nachmittag gelesen. Ter Inhalt dieses Brieses hat mich so überrascht, daß ich nicht umhin kann, ihn vorzulcsen! Ich liebe im allgemeinen persönliche Sachen nicht; aber nachdem Herr Hillger uns alle so dringend ausgefordert hat/ einmal das Wort zu ergreifen, möchte ich mir erlauben, Ihnen diesen Brief, der vom 27. April datiert ist und den ich heute mittag zum Kaffee gelesen habe, doch zur Kenntnis zu bringen. Er ist ziemlich lang: ich lese nur einen kleinen Passus daraus vor. Ich denke, das wird genügen. Hier heißt es: «In Konjuchy in Wolhynien — ich kenne den Ort nicht —, wo wir später hinkamen, waren die Buchhandlungszustände trostlos. Es war das erstemal, daß ich eine der Hillgerschcn Verlricbstellcn zu Gesicht bekam. Der Laden enthielt einige wenige gute Bücher, eine Reihe Bändchen und Hefte aus Hcsfes Volksbücherei und Cottas Handbibliothek und ein paar Jnselbllcher und Bändchen der Kiepenheucrscheu .Liebhabcr- bibliothek'; überwuchert wurde dies aber von einer Anzahl Schmöker, die offenbar als .Krebse' billig ausgekaust waren — völlig obskuren Sachen —, üblen ,Witz'-Büchern und drei langen Reihen (!) Kürschners Bücherschatz (bekanntlich zu neun Zehntel minderwertig); kein einziges Reclam- hcft war vorhanden! — Das gänzliche Fehlen von Reclam- und (Meyer-) Heften und das zahlreiche Vorhandensein alter Ladenhüter habe ich später in der Mehrzahl der Hillger schcn Vertriebsstellen, in die ich gekommen bin, fest gestellt. — Das Tollste war aber dies: als ich, noch kauf unschlüssig, die Bücherreihen durchsah, sragte mich der ver kaufende Unteroffizier, ein unangenehmer Patron, ob ich vielleicht etwas von ,Balin' lesen möchte. Ich verstand .Ballin' und fragte wißbegierig, ob dieser in letzter Zeit etwas ver öffentlicht habe. Der Mann hatte aber .Berlin' gemeint und versicherte mir, er habe die sehr interessante, sehr pikante Lektüre da < !>. Ich habe später bedauert, daß ich ihn durch meine Be merkung, ich hätte für derartiges Zeug kein Interesse, verhindert habe, mir den Dreck vorzulegen, ich hätte dann doch positives Beweismatcrial für die traurigen Feldbuchhandelszustände gehabt. Dem dortigen evangelischen Divisionspsarrer er zählte ich das Erlebnis; er klagte mit mir über die üble Lei tung der Fcldbuchhandlungen und ivollte seinen Einsluß — er war von der Division mit der Aussicht über die Buchhand lung betraut worden — nach Möglichkeit geltend machen.« Meine Herren, ich möchte die Bedeutung eines einzelnen Briefes nicht überschätzen. Es gibt in der ganzen Welt keinen Geschäfts betrieb, über den nicht geklagt werden kann. Man hat Herrn von Weber vorgeworsen, daß er verallgemeinere. Ich möchte das nicht tun, und ich bin in diesen Dingen ost so objektiv gewesen, daß man mir vorgeworfen hat, ich sei der »gerechte Kammacher«. Aber trotz- dem muß ich sagen: dieser Brief ist kein Unikum, sondern es gibt eine ganze Reihe solcher Brics?. Ja, ich möchte sogar sagen: ich habe kaum jemand kennen gelernt, der das Gegenteil gesagt hätte. Also etwas Wahres muß zum allermindestcn doch daran sein. Und da möchte ich wieder auf das zurückkommen, was ich zu Eingang gesagt habe: hier hat das Sortiment Gelegenheit, zu zeigen, was cs kann. Selbst wenn kein finanzielles Ergebnis hcrauskommen würde, würde ich Ihnen sagen: Meine Herren, tun Sie den Schritt, zeigen Sie ein bißchen Schneid, springen Sie in das Unbekannte hinein, und ris kieren Sie die Sache! Ich bin überzeugt, es wird Sie nicht reuen. Wenn ein tüchtiger Leiter gefunden ist, so wird er auch jetzt, unter den ziemlich verfahrenen Verhältnissen, noch etwas aus der alten Zi trone Herausquetschen können. (Bravo!) Vorsitzender: Meine Herren, ehe ich Herrn Hillger das Wort gebe, möchte ich bemerken, daß in verschiedenen Heften dös Volks bildungsarchivs 1917 eine ganze Anzahl Briese von Soldaten abge- druckt ist. Ta heißt es z. B. — die Bricfschreiber verwahren sich alle-dagegen, daß ihr Name genannt wird —: Als Soldat muß ich einstweilen um völlige Diskretion bitten; später trete ich wahrscheinlich gern von selber für meine Taten ein und gegen das System grundsätzlich auf. Wenn cs dann sür diesen Krieg doch zu spät ist, so wollen wir doch dafür sorgen, daß in einem künstigen Kriege die geistige Verpfle gung anders und besser und rechtzeitiger funktioniert als in diesem, wo meiner Meinung nach auch der große, kluge Bürsen- vcrein vollständig versagt hat. Ein kricgsfreudiger Akademiker. Hier sind noch eine ganze Menge ähnlicher Briese abgedruckt. Ich will Sic damit verschonen. Aber tatsächlich sind die Klagen doch zum Teil motiviert. Ich bin ja nicht in der Lage, zu beurteilen, ob sie zutresfen oder nicht. Ich wollte aber bemerken, daß diese Klagen tatsächlich vorliegen. Herrn Hillger bitte ich nunmehr, das Wort zu nehmen. Herr Hermann Hillger (Berlin): Meine Herren! Ich freue mich, daß ich endlich wenigstens einmal einen Beweis höre, der ja gar nicht von der Hand zu weisen ist. Die Feldbuchhandlung von Koniuchy ist im Februar «eröffnet worden. Sie untersteht der Etappen- inspektion der betreffenden Armee, die sich Vorbehalten hat, die Be stellungen alle selbst zu machen. Ich habe mit der buchhändlerischen Leitung gar nichts zu tun. Die Sache ist so, daß die Armee aus drücklich im Vertrage festgesetzt hat, daß sic allein die Bücher aus wählt, die hinausgeschickt werden. Meine Herren, ich will mich nickt hinter die Armee verstecken. Das ist gar nicht meine Art. Selbst verständlich führe ich Kürschners Bücherschatz, trotzdem er nach An sicht des anonymen Briefschreibers minderwertig sein soll, eine Be hauptung, über welche sich der Anonymus mit den Hunderten unserer ersten deutschen Autoren auseinandersetzcn möge, die im Bücherschatz vertreten sind. (Heiterkeit.) Aber ich habe aus der Zusammenstel lung doch gesehen, daß auch einige ganz gute Bücher in Koniuchy vorhanden waren. Es ist doch schade, daß dieser Beweis nicht logisch bis zu Ende durchgesührt wurde. Der Herr hat nämlich die guten Bücher angeführt, die vorhanden waren, und von den anderen sagt er: es war noch Dreck da. Warum führt er nicht davon auch jedes Buch einzeln an? (Sehr richtig!) Dann kämen wir doch endlich einmal zu wirklichem Beweismaterial. An Witzbüchcrn — Büchern, die sehr gern gekauft werden — führen wir draußen die Bücher der Fliegenden Blätter, die die Flie genden Blätter jetzt sür den Krieg zusammenstellen, sehr nette lustige Sachen; dann haben wir die Sachen von Busch und den Lustigen Blättern. Andere Witzbllcher werden überhaupt nicht geführt. Ich bedauere aus das tiesstc, daß der Anonymus nicht in die Geheimnisse der Erotik cindringen wollte und daß er sich diese Bücher nicht hat vorlcgcn lassen; daun hätten wir ja wirklich erfahren, was sein Gemüt bedrückte. Ich bin dem Herrn Vorredner sehr dankbar, daß er den unge schlachten Unteroffizier hier vorgcsührt hat. Ja, meine Herren, was haben wir denn sür Verkäufer draußen? Glauben Sie denn viel leicht, die Heeresleitung könne dabei auch nur die geringste Rücksicht nehmen, daß wir als Verkäufer nur Buchhändler bekommen? Ich habe in der ganzen sünften Armee neun Buchhändler unter lK8 Ver käufern, und die habe ich mir mit größter Mühe erkämpfen müssen. — Diese Buchhändler ziehe ich ständig bei der Auswahl zu Rate, da sie am besten wissen, was der Feldgraue wünscht. Herr Volckmar hat es in der vierten Armee insofern besser, als er einige sehr tüchtige Buchhändler hatte, die wir gleich von vornherein herausgreisen konnten. Einige Armeen tragen dem mehr Rechnung. Was nun die Auswahl der Bücher in den Feldbuchhandlungcn anlangt, so hat ja der Generalquarticrmcistcr schon vor einem halben Jahre durch Militärpersonen in jeder Feldbuchhandluug eine Sta tistik aufnehmen lassen, und es ist prozentual genau sestgestellt wor den, was von jedem Verlag geführt und verkauft worden ist. Dazu mußten die Berechnungen usw. eingercicht werden. Der Prozentsatz wird Sie später einmal — ich darf ihn heute noch nicht veröffent lichen — außerordentlich interessieren. Ich kann nur eines Mitteilen, was mir sehr leid tut, aber cs ist nun einmal so: daß der Umsatz an Erzeugnissen meiner Firma 3,8tz(> vom Gesamtumsatz beträgt. Das 899
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