Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1873
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1873-01-27
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1873
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18730127
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187301279
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18730127
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1873
- Monat1873-01
- Tag1873-01-27
- Monat1873-01
- Jahr1873
-
325
-
326
-
327
-
328
-
329
-
330
-
331
-
332
-
333
-
334
-
335
-
336
-
337
-
338
-
339
-
340
-
341
-
342
-
343
-
344
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 21, 27. Januar. Nichtamtlicher Theil. 327 Nichtamtlrcher Theil. Das Conversationslexikon und seine Gründer. Eine literar-historische Skizze.*) Werfen wir einen Blick auf die wenigen Bücher, die wir im Besitze unserer minder gebildeten und weniger mit Glücksgütern gesegneten Mitbürger vorfinden, so ist es vor allen anderen ein Buch, welches wir fast in jedem Hause antrcffen — und das ist die Bibel; Wo keine Bibel ist im Haus, Da sieht es öd' und traurig aus!" Getreu diesem echt deutschen Spruche sehen wir sie in den Palästen und in den Häusern der Reichen in mehr oder weniger kostbaren Ausgaben, geschmückt mit Stahlstichen oder Holzschnitten, auf dem Tische des Salons; wir finden sie aber ebenso, wenn auch in den bescheidensten Ausgaben, auf dcni Eckbrette in der Stube des Bauern oder Tagelöhners. Daneben liegt das Gesangbuch, und seine abgerissenen Ecken und sein abgenutzter Einband verrathen uns bald, daß es schon manchen Gang zur Kirche mitgemacht hat und vielleicht schon vom Vater oder Großvater benutzt wurde. Sehen wir uns aber weiter in der Bibliothek um, so ist es zunächst der Kalender, der uns in die Augen fällt; auch er ist im Palast und in der Hütte allüberall zu finden, denn ein Jeder soll ja wissen, wie er in der Zeit lebt. Hernach begegnet unser Blick dem unvermeidlichen Kochbuch, in welchem sich die geschäftige Hausfrau gern Raths erholt, wenn es gilt, dem lieben Mann eine Lieblingsspeise vorzusetzen, oder wenn es sich darum handelt, in die gewohnte Speisekarte einige Abwechs lung zu bringen. — Mit jedem weiteren Buche, welches uns nun in die Augen fällt, wächst auch die Bildung des Bibliothekinhabers. Die wichtigste Rolle nach dem Kochbuche nimmt, bezeichnend für unseren Nativnalcharakter, das Fremdwörterbuch ein. Leider können wir uns noch immer nicht daran gewöhnen, die zahllosen und ganz überflüssigen Fremdwörter, welche sich in unsere Sprache cingedrängt haben, zu verbannen, und deshalb spielt das Fremdwörterbuch bei uns eine Rolle, welche es bei anderen Nationen nicht erlangen konnte. Ist nun der unvermeidliche Petri oder Heyse angeschafft, jo ist das nächste Bedürfniß für Jeden, der nach Weiterbildung und Belehrung strebt, das Conversationslexikon, diese Encyklopädie des ge summten menschlichen Wissens, die ihm über alles Fremde, was bei der Lectüre oder bei der Unterhaltung vorkommt, Auskunft und Beleh rung schaffen soll. Die Zahl dieser Conversationslexika ist eine ziem lich bedeutende und wir haben deren, bald von größerem, bald von kleinerem Umfange, bald von höherem, bald von geringerem Werthe, gegen dreißig zu verzeichnen, welche im Lause dieses Jahrhunderts in Deutschland erschienen sind. Das verbreitetste von allen ist das Brockhaus'sche Conversationslexikon, welches uns in einer älteren oder neueren Ausgabe aus dem Büchertische oder in dem Bücher schrank sehr Vieler entgegeutritt. Die neueste, elfte Auflage desselben bildet eine stattliche Reihe von fünfzehn Bänden, die unendlich viel Wissen und Kenntnisse in ihren Spalten bergen und gewiß geeignet sind, unser Staunen hervorzurusen, wenn wir einen Blick aus ihren Ursprung, ihre Entstehung, überhaupt aus die Grundlage derselben Wersen. Möge mir daher der geneigte Leser folgen, wenn ich es ver suche, ein Bild von der Entstehung dieses weltbekannten Buches vor seinen Augen zu entrollen. Es war etwa um das Jahr 1793, als vr. Renatus Gott helf Löbel in Leipzig mit der Idee umging, ein dem damaligen Umfange der Eonversation angemessenes Wörterbuch zu schreiben. *- Mit gefälliger Erlaubniß des Herrn Versassers (Mitbesitzer der Hand lung „List L Francke") sowie des Herrn Verlegers aus der „Gartenlaube" »bgedruckt. Wie er später in der Vorrede zu demselben selber sagt, „habe vor dreißig bis vierzig Jahren das Hübner'sche Zeitungs- und Conver sationslexikon wohl hingereicht, das Bedürfniß nach politischer Kenntuiß, die damals fast allein Gegenstand der Eonversation ge wesen, zu befriedigen. Jetzt aber, wo ein allgemeineres Streben nach Geistesbildung, wenigstens nach dem Schein derselben herrsche, genüge dies nicht mehr". Diesem Mangel abzuhelfen, war also die Aufgabe Löbel's; daß dieselbe bei dem Fehlen aller Unterlagen und Vorarbeiten eine sehr bedeutende und die Kraft eines Mannes weit übersteigende war, bedarf wohl keiner näheren Beleuchtung. Unser Löbel empfand dies bald sehr lebhaft und sah sich deshalb nach einer tüchtigen Un terstützung, nach einem befähigten und auf seine Ideen eingehenden Manne um. Er fand denselben in dem Advocaten Christian Wil helm Frauke in Leipzig, welcher, unterstützt durch eine gründliche Bildung, Löbel's Plan mit regem Eifer und großer Thätigkeit zu dem seinen machte. (Sein Familienname war Francke, er schrieb sich aber aus grammatischen Rücksichten stets Franke.) Bei dem hierdurch herbeigeführtcn häufigen Umgänge, beim Austausch ihrer Ideen und bei dem rastlosen gemeinschaftlichen Wirken fühlten beide Männer wohl bald heraus, daß ihr Unter nehmen ein gesundes und eine große Zukunft in sich bergendes sei. Ob sie keinen Buchhändler fanden, der den Verlag des Conversationslexikons übernehmen wollte, oder ob sie nach einem solchen gar nicht suchten, weil sie die Früchte ihrer Arbeit möglichst selbst genießen wollten, bleibt dahingestellt. Thatsache ist, daß sie im Februar des Jahres 1796 selbst eine Buchhandlung gründeten und durch dieselbe für die Verbreitung des Werkes mit aller Kraft zu wirken suchten. Unbekannt aber mit den buchhändlcrische» Geschäften und ganz mit ihren schriftstellerischen Arbeiten für das Conversationslexikon beschäftigt, waren sie genöthigt, sich nach einem tüchtigen Geschäftsmann umzusehen, welchen sie in der Person des Friedrich August Leupold, der dem Vernehmen nach bis dahin in der Baumgärtucr'schen Buchhandlung als Diener angestellt war, zu finden glaubten und dem sie die Führung des jungen Geschäfts übertrugen. Interessant für die damaligen Verhältnisse ist es, einen Blick in den Contract zu werfen, der zwischen jenen drei Herren ab geschlossen wurde. Nach demselben — das vom Februar 1796 datirte Actenstück liegt dem Verfasser in der Urschrift vor — waren Löbel und Franke alleinige Besitzer der Buchhandlung; da sie jedoch „aus bewegenden Ursachen dieselbe vor der Hand noch nicht unter ihrem eigenen Namen auszuführen gedachten", so wurde besagter Leupold unter folgenden Bedingungen als Geschäfts führer angcstellt. Derselbe erhielt zunächst einen Gehalt von hundertzwanzig Thalern jährlich, dabei unentgeltliche Wohnung in den aus einer Stube bestehenden Geschäftsräumen und außerdem für den Winter eine Klafter Holz (für etwa mehr zu verbrauchendes wurde nichts vergütet). Unter diesen nach unseren jetzigen Be griffen wenig verlockenden Bedingungen wurde also Leupold als Geschäftsführer der neuen Buchhandlung eingesührt und diese selbst mit frischem Muthe im Gewandgäßchen Nr. 620 (jetzige Straßennummer 2) eröffnet. Der Miethzins für das Local betrug anfangs acht Thaler für das Vierteljahr, stieg aber, wahr scheinlich durch Vermehrung der Räumlichkeiten, bald aus vierzehn Thaler für drei Monate an; auch für eine gemüthliche Aus stattung der Stube wurde gesorgt, denn aus dem Ausgabebuch ersieht man, daß, wohl als einziges Jnventarstück, eine Schrcib- commode angeschafft und mit sechs und einem halben Thaler bezahlt wurde. 44*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht