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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.01.1920
- Strukturtyp
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- 1920-01-03
- Erscheinungsdatum
- 03.01.1920
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- Deutsch
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X- 2, 3. Januar >920. Redaktioneller Teil. nur geheftet und L cond. (er wurde auch meines Willens nie mals verlaust); aus das damals verbreitete Düsseldorfer Kunst- leraldum hatten wir einen Abonnenten. Es gab damals ja noch keinen Volckmar, der uns seine Bücher gebunden ins Haus schickte, und da auch von den Verlegern direkt selten etwas gebunden ausgegebcn wurde, so mutzte alles erst am Orte von unseren Buchbindern, deren wir stets drei beschäftigten, eingebunden werden; ein ungeheurer Zeitverlust und Ärger namentlich mit der Schuljugend. Es war übrigens auch ganz natürlich, daß das Königs berg « r Publikum sich keinen Luxus an Unterhaltuiigsliteratur erlauben durfte, da das ganze Leben der Stadt noch unter der Schuldenlast von 1806 her zu leiden hatte, die sie für die ganze Provinz tragen mutzte und erst vor wenigen Jahren ganz abgetragen hat. Nicht uninteressant dürfte es sein, daß ich, noch als Lehrling, die unschuldige Veranlassung zur Grün dung eines der ersten buchhändlerischen Vereine in Königsberg geben sollte. Es war ungefähr in den Jahren 1853 oder 1854, da kam ein polnischer Jude ins Geschäft und verlangte das damals viel gebrauchte Lehrbuch der Pathologie und Therapie von Canstatt. Das Werk war vollständig vorhanden, mit Aus nahme eines kleinen Teils. Es war ein Gegenstand von ca. 60 Talern, und ich war stolz, ein so glattes Bargeschäft machen zu können, indem ich den verlangten Rabatt von 5"/» bewilligte. Der Jude ging dann weiter und fand anderswo den fehlenden Teil, verlangte da aber auch die eigentlich nicht erlaubten 5°/». Dieses mein Verbrechen wurde natürlich von den lieben Kol legen zu einem Angriff auf meinen Vater benutzt, dem Schleu deret vorgeworsen wurde. Mein Vater hatte aber schon seit längerer Zeit Material zur Gründung eines Vereins gesammelt und konnte sofort den Entwurf eines Statuts vorlegen. Der »Buchhändler-Verein für Ostpreußen« ist auch gegründet worden, muß aber wenig geleistet haben. Die jetzigen Firmen von Ost preußen wußten nichts von der Existenz und der Wirksamkeit dieses Vereins, als ich vor einigen Jahren das, was in meinen Händen war, Herrn Paetsch übergab. Im ganzen wurde cs uns im Geschäft nicht so leicht gemacht wie jetzt, das Publikum über neue und alte Erscheinungen der Literatur zu unterrichten, und wenn wir in den letzten Jahr zehnten dank der Hinrichsschen Buchhandlung mit ihren vortrefflichen Katalogen verwöhnt wurden und jetzt überall schnell Bescheid geben können, so schärfte sich doch damals auf der andern Seite das Gedächtnis für Titel, Verfasser und Ver leger, was nicht hoch genug anzuschlagen war. Wir halfen uns auch weiter, indem wir Zettel-Kataloge anlegten für bestimmte, besonders bei uns gesuchte oder gepflegte Fächer. Tie alten Bibliographien von Enslin und Engel mann, sowie der Katalog von Heinsius und später Kayser bestanden bereits, aber sic waren z. T. veraltet, sodatz es oft nicht ganz leicht war, rasch Auskunft zu geben, bis endlich die zusammenfassenden Verzeichnisse von Büchting eine Er leichterung schafften, die von Hinrichs weiter verbessert wurden. Nun noch eine kurze Erinnerung an unsere Metzarbeiten. Die heutigen Gehilfen und Hausknechte (diese nannte man »Fak tors«) haben keine Ahnung, was früher die Beendigung und letzte Verpackung der Remittenden zu bedeuten hatte. Jetzt, wenn die Pakete beisammen sind, werden «ine Anzahl Kisten bereit gestellt und in aller Eile werden sie mit den Beischlüssen gefüllt. Damals war es anders (ich spreche von vor 60 bis 70 Jahren); so ein großer Remittenden-B a l l e n war ein Kunstwerk. Ihn vorzubereiten, aufzubauen, zu verschnüren und endlich ein zunähen war eine schwierige Arbeit, an der sich das ganze Per sonal, Prinzipal, Gehilfen, Lehrlinge und namentlich die Haus knechte lebhaft beteiligten. Dazwischen gab es Wohl eine Pause, in der gefrühstückt wurde. Diese Ballen wurden immer an einem Sonntage gepackt, -- sie waren meistens 10 bis 12 Zentner schwer, wurden in Packleinen eingenäht und blieben im Laden, jedem im Wege, stehen, bis sie von der Frachtfuhr-GeseNschafl nbge- holt wurden. Es gab Vierstößer und Dreistößer, je nachdem von vier oder drei Paketen die Grundlage gebildet war. Run kam es darauf an, beim Aufbau des Ballens die Verbindung herzu- stellcn, damit das Gebäude im Innern zusammenhielt und nicht dem Einsturz verfiel. Wie oft mutzte die Konstruktion geändert werden! War der mannshohe Ballen endlich fertig, geschnürt und eingenäht, so hatte jeder, der mitgeholfen hatte, seine Freude daran. — In jener Zeit gab es keine Eisenbahnen, und der Über gang über die Weichsel bei Marienburg und Dirschau wurde durch Fähren, ein Privatunternehmen, vermittelt. Da ist es denn einmal geschehen, datz ein solcher großer Ballen in die Weichsel gefallen ist und sämtliche Beischlüsse auscinandergenom- men werden mußten, um auf Leinen getrocknet zu werden. Das hat lange Verhandlungen gegeben, wem die Schuld beizumessen war, große langwierige Korrespondenzen wegen etwaiger Ent schädigungen, die zu nichts führten. Wie es immer geschieht, waren manche Verleger billig, andere machten ein gutes Ge schäft, indem ihnen die verdorbenen Remittenden bezahlt werden mußten. Mein Vater hat jahrelang daran laboriert. Der Scherzes halber erwähne ich, datz ich Frechling mich im letzten Jahre meiner Lehrzeit als Zeitungskritiker versuchte für die Hartungsche Zeitung — natürlich ganz anonym. Es war ein Feuilleton über: Hclmholtz, Wechselwirkung der Natur kräfte, das in unserem Verlage erschienen war, und eins über Ungers Urwelt. Es ist jedenfalls nicht zu bedauern, daß meine literarische Tätigkeit später keine Fortsetzung fand. Es hat auch niemals jemand aus meinem Hause davon erfahren. "Alles hat seine Zeit und geht vorüber, auch meine fünf jährige Lehrzeit ging zu Ende, und ich wurde Michaelis 1854 Gehilfe: ich war erkrankt, als ich mich um meine erste Gehilfen stelle bemühte, erholte mich aber sehr rasch, als es meinem Vater gelungen war, für mich eine stets sehr gesuchte Stellung in der hochangesehenen Firma Perthes, Besser L Mauke zu erhalten. Freundschaftliche Beziehungen zwischen den Familien Mauke und Gräfe hatten Wohl, mehr als mein eigenes Verdienst, die Entscheidung gebracht. Die Stelle sollte Neujahr 1855 von mir angetreten werden als Nachfolger von Ludwig Seidel aus Wien, und trotz Sturm und Schnee machte ich mich am l. Januar 1855 auf die Reise; erst von Dirschau aus auf der Eisenbahn. Von Berge- dors ab war das ganze Gelände unter Wasser, die Deiche ge brochen, nur der Bahnkörper und hochgelegene Gebiete ragten aus dem Wasser hervor. Es war eine kalte Fahrt, die ich nie vergessen werde, aber der warme Empfang im Maukeschen Hause äußerst wohltuend. Eine neue Welt offenbarte sich mir. War im väterlichen Hause und Geschäfte die größte Einfachheit ge boten und gegeben, so war hier in dem stattlichen Hause an der Ecke vom Jungfernstieg und Bleichen alles auf größerem Fuße eingerichtet. Wir Gehilfen wohnten auch noch, mit Ausnahme eines verheirateten, im Hause im 3. Stockwerk, zusammen mit der ehrwürdigen Frau Besser (der Tochter Friedrich Perthes); die Familie von Vater Mauke be wohnte das 2. Stockwerk, während die I. Etage vermietet war. Alles hell und sauber in Haus und Geschäft. Frühstück um 12 Uhr und Mittag um 5 Uhr ge meinsam, nur mutzte ein Gehilfe zu den Zeiten abwechselnd unten im Laden bleiben und nachexerzieren. Es war ein einfacher, freundlicher Verkehr mit der Familie. Das Geschäftslokal hatte vorn 2 hohe Fenster mit sehr unscheinbaren Auslagen von Neuig keiten (es wurde darauf sals Reklame) wenig Wert gelegt), nach der Nebenstraße sechs hohe Fenster, also alles hell; die Einrichtung der Regale, alle von Mahagoni, poliert, bewirkte schon allein den Eindruck einer alten soliden Buchhandlung. Aber wer ging bei uns nicht alles aus und ein! Die beste Ge sellschaft gab sich bei uns Rendez-Vous, auch die meisten Fremden waren bei der Nähe aller feinen Gasthäuser unsere täglichen Gäste, und an manchem Tage wurde mit den Käufern mehr eng lisch und französisch als deutsch gesprochen; dabei kam es uns sehr zustatten, daß Alfred Mauke (Sohn) beide fremde Sprachen beherrschte. Datz es an interessanten Persönlichkeiten, die im Geschäft verkehrten, nicht fehlte, ist natürlich; das brachte schon die Tradition von Friedrich Perthes mit sich. Der alte Herzog von Augultenburg, der Herzog von Glücksburg, viele Adlige von den
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