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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.07.1855
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- 1855-07-20
- Erscheinungsdatum
- 20.07.1855
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1252 93 Ueber diese Frage nun hat das Appellationsgericht ohne — vielleicht auch gegen — alles Gutachten von Sachverständigen auf eigene Hand und mit lediglich juristischem Sinne entschieden- Uns aber will es bedünken, als ob diese allgemeine Frage eben so sehr und noch mehr als die Feststellung irgend einer specicllen Thatsache vor das Forum der Sachverständigen gehörte. Ob die Copirung eines Oelqemaldes durch Stahlstich oder Lithographie u- dgl. ein Werk der Kunst oder bloßer Geschicklichkeit sei, darüber können wohl schwerlich Juristen in dieser Eigenschaft und als solche, son dern nur Kunstverständige urtheilen; die Jurisprudenz befaßt sich unseres Wissens nicht mit der Feststellung ästhetischer und technolo gischer Kategorieen- Grade als ob der Richter allein darüber ent scheiden wollte, ob z. B- Narrheit im engeren Sinn Wahnsinn sei oder nicht, und nur die specielle Frage, ob dies Individuum an Narrheit leide, dem Arzte vorlegen wollte. — Ja noch mehr! das Appellationsgericht hat seine Entscheidung nicht dahin gerichtet: ob hier ein verliehener Schutz gebrochen, oder ob überhaupt ein Schutz für das Object verliehen ist nach den Gesetzen, sondern ob ihm ein Schutz zu verleihen sei; das aber ist eine legislatorische Frage und keine juristische. Wie dem aber auch sei, so steht unleugbar fest, daß sowohl für die Aufstellung von hier einschlagenden Kategorieen, als sogar für jede Anwendung derselben auf einen besonderen Fall, keine andere Autorität zur Sicherheit und Gerechtigkeit zu finden ist als im Kreise der Sachverständigen, welche ihr Gutachten den Juristen unterbreiten oder es mit ihnen gemeinsam berathen- Die Appellationsrichter haben dies Geschäft der Sachverständi gen hier selbst übernommen. Ihre Auffassung der Kunstthatigkeit zeigt aber, gelinde gesagt, die äußerste Abstraktion, wie sic von Laien allerdings nicht anders zu erwarten ist. Das Erkenntniß „unterscheidet zwischen solchen Lithoqraphieen, welche dazu bestimmt sind, eine selbstständige künstlerische Erfindung zur Anschauung zu bringen, und solchen, deren Zweck blos darin besteht, eine bereits in einem anderen Kunstwerke dargcstellte fremde künstlerische Schöpfung wiederzugeben. Erstere, heißt cs dann, sind für Kunstwerke zu betrachten, welchen der Rechtsschutz gegen Nach bildungen zukommt, letztere sind weiter nichts als Nachbildungen, die, so vollkommen sie auch in dem Wiedergeben des Originals sein mögen, auf diesen Rechtsschutz keinen Anspruch haben, weil eben ihr Werth in das möglichst getreue Nachbilden eines Kunstwerks zu setzen ist." Zunächst ist bicrbei auf die stricte Consequenz aufmerksam zu machen, die sich daraus ergiebt, daß nämlich alle Bilder, welche Eopieen von architektonischen und Sculpturwerkcn ausmachen, jedes Rechtsschutzes beraubt sind; denn auch hier wird keine „selbstständige künstlerische Erfindung zur Anschauung gebracht", und daß selbst die Kunstfertigkeit, von einem Gebäude eine Zeichnungscopie zu entwer fen, durchschnittlich eine weit geringere ist, als ein Oelgemälde litho graphisch zu copiren, wird gewiß Niemand bezweifeln. Und ob man dann nicht auch von einem jeden Portrait sagen kann, daß es keine selbstständige künstlerische Erfindung zur Anschauung zu bringen bestimmt sei? Demnach also jedes Gemälde von Potentaten, Ge lehrten rc. ohne Weiteres dem Nachdruck anheimgegeben wird? Vielleicht aber lassen sich die Richter auch diese Consequenz gefallen. Hiervon aber abgesehen, erscheint die ganze Auffassung der hier einschlagenden Kunst so, als ob es sich in ihr um die Erfindung im polytechnischen Sinne handelte; man frage doch bei allen Kunst- akademieen herum, ob sie die Meister des Kupferstichs, des Stahl stichs, der Lithographie, auch wo sie copiren, nicht im strengsten und hohen Sinne des Wortes Künstler nennen, und ihre Thätigkeit eine künstlerische Thätigkeit? Sodann erscheint es in jener Unter scheidung, als ob der Rechtsschutz blos eine Art von Bann gegen die Vervielfältigung sein sollte, und nicht vielmehr— ein Gesichts punkt, der dem Juristen doch am allernächsten liegen sollte —- der Schutz eines wohlerworbenen Eigcnthums. Der Kupferstecher, wel cher bei einer Copie eine geraume Zeit, viel Mühe und Fleiß auf seine künstlerische Thätigkeit — denn eine solche ist es unbestreit bar, wenn man sie nicht, was das Erkenntniß doch vermeidet, eine handwerksmäßige nennen will — verwendet, soll unseres Er achtens dadurch das Recht erwerben, den Erfolg derselben allein zu genießen. Künstlerische Thätigkeit, das ist der Begriff, um den es sich hier handelt, aber nicht der Gegensatz von Erfindung und Copie. Die Herren Richter scheinen eben nicht zu wissen, daß ein au ßerordentlich tüchtiger Zeichner zu sein dazu gehört, um ein ausge zeichneter Kupferstecher heißen zu können- Die echten Kupferstecher und Steinzeichner sind reproduktive Genies. Es ist ihnen vor Allem gegeben, in dem Kunstwerke bis an die Wurzeln seiner Existenz, bis an seine Entstehungsbedingungen zu dringen, das darin niederge legte und befestigte Genie eines Andern zu erfassen und die Geschick lichkeit und Willfährigkeit ihrer Hand bis zu dem Grade zu steigern und zu beherrschen, daß sie ein beredtes Zeugniß ablegen kann von dem erfaßten Geiste des Andern. Es ist doch ein höchst arger Jrr- thum des Erkenntnisses, immer nur von der „mechanischen" Ge schicklichkeit zu reden, als ob man nicht jeden Kupferstecher und Steinzeichner auslachen würde, der nur die Linien seines Originals wiedergeben wollte (obgleich das, gut gemacht, auch keine Kleinigkeit ist), der nicht auch zeigte, daß er den Geist des Werkes verstanden habe und im Ausdruck wiederzugeben verstehe. Was wollt Ihr nun noch Ihr Mandel, Schäffer, Eichens, Felsing, Keller, Jacoby, Hanfstängl? und alle Ihr andern Männer, auf die unser Vaterland stolz sein darf, Ihr wackern Uebersetzer der maleri schen Gedanken Eurer Künstlerbrüder in die Sprache von Licht und Schatten? Ihr sollt —- so will das Dresdener Erkenntniß — von nun an nicht mehr gemessen werden nach Eurer eigentlichen und wahren Bedeutung als reproducirende Künstler, sondern Ihr geltet genau so viel und nicht mehr als — eine Oamera obsoura. Höret die fernere Begründung der cilirlen Ansicht des Erkennt nisses: „Die bloße Kunstfertigkeit oder Selbstständigkeit der Schö pfung bedarf einerseits keines Rechtsschutzes, weil bei solchen Seiten eines Anderen, welcher nicht dieselbe Geschicklichkeit be sitzt, eine Concurrenz gar nicht möglich ist, verdient aber auch andererseits einen solchen nicht, weil ihr der Werth der künst lerischen Erfindung abgeht." Ueber das Letztere ist gesprochen; das Erstere aber, daß eine Concurrenz des minder Geschickten mit dem Geschickteren gar nicht möglich ist, das ist . . was soll man nur sagen? Und wenn derselbe Künstler an einem Werke mit aller Sorg falt 6 Monate und dann für eine zweite billigere Ausgabe mit aller Nachlässigkeit 2 Monate arbeitet, auch dann noch ist wohl eine Con currenz beider Auflagen bei zwei Dritlheil des kauflustigen Publi kums mehr als wahrscheinlich. Wir möchten die Herren Richter selbst fragen, ob sie, wenn ein Blatt 10 Thlr. kostet, ein minder geschickt angesertigtes aber für 3 zu haben ist, immer das für 10 kaufen wer den. Ueber die Grenzen der Concurrenzfähigkeit waren wiederum Sachverständige, vor Allen Kunsthändler zu hören! Gewiß hätte Herr Payne darüber genaueren Bescheid geben können. Endlich aber spricht das Erkenntniß den letzten und, wie es scheint, gewichtigsten Grund für die Entscheidung aus. „Es folgt hieraus, heißt es weiter, daß den Klägern gegen das Unternehmen des Beklagten, dieselben Original-Kunstwerke, welche sie, die Kläger, lithographirt haben, in Stahlstichen nachzubilden (M- nach den Li- thographieen — wie oben als bewiesen gesetzt wurde), um so weniger ein Widerspruchsrecht zusteht, als die Stahlstiche des Beklagten in sofern, als sie eine möglichst getreue Nachbildung der Original-
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