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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.05.1873
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- 1873-05-07
- Erscheinungsdatum
- 07.05.1873
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- Deutsch
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1674 Nichtamtlicher Theil. ^5 104, 7. Mai. Es mögen diese Beispiele, die sich verzehnfachen ließen, nament lich wenn man noch die Interpunktion heranzöge, genügen, um ein annäherndes Bild von der Verwirrung zu geben, die auf diesem Ge biete herrscht. Es hat auch nicht an Anstrengungen, ihr abzuhclfcn, gefehlt. Zuerst seitens Einzelner, durch Sprachgelehrte, Gramma tiker und Schulmänner. Und da dies nicht durchschlagen wollte, durch Vereine, Konferenzen, ja sogar durch Behörden. So hat das hannoversche Obcrschnl-Collegium schon 1854 eine Konferenz sach kundiger Lehrer berufen und als Resultat derselben einen kleinen Kodex von Regeln und ein Wörterverzcichniß zur Nachachtung für die hannoverschen Schulen ausgestellt. In ähnlicher Weise ist das österreichische Ministerium vorgegangen, von den Schulbehörden ein zelner Städte, wie Leipzig, Elberfeld u. a. zu schweigen. Aber das Resultat war unzureichend und reduzirte sich schließlich darauf, daß man das thatsächlich Gewordene zu konstatiren und hinsichtlich des Schwankenden Anhaltepunkte zu geben suchte, die aus der geschicht- ^ lichen Sprachentwicklung, der etymologischen Herlcitung oder der ^ lautliche» Vereinfachung hergenommen wurden, und die man daun eben auch nur der freien Aneignung des Einzelnen anheimgeben konnte. Das Resultat war ein unzureichendes und mußte es sein. We der das sprachgeschichtliche noch das lautliche oder sogenannte pho netische Prinzip ist hier durchschlagend und läßt den Sprachgeist, den Lxiritus rsotor erkennen, dem die Sprache in ihrer orthographischen Gestaltung gehorcht. Wenn wir Eltern, Ermel, Seckel, jetzt überwiegend mit e statt des früheren ae schreiben, so ist das gegen die Abstammung, und wenn wir stemmen, behende, Stengel immer mit e statt mit ae schreiben, so ist das ebenfalls gegen die Abstammung. Wir schreiben Hoheit, Roheit mit einem h, obwohl die Ableitung ein Doppel-H bedingt und obwohl wir in Strohhut, Kuhhaut dies hh auch richtig beibchaltcn. Warum schreiben wir triftig mit einem f, aber er trifft mit zweien? Wir schreiben halbiren, jubiliren, buchstabiren, hau- sircn rc. mit bloßem i, aber regieren, spazieren mit ie; das Loos mit zwei, Losung mit einem o, ebenso ist es mit baar und Barschaft, aber nicht mit paarweise, Haarspalte, Saalthür, wo der Doppelvokal nicht wegfällt. Wir beschränken uns auf diese wenigen und aus der Sprache der Gegenwart entnommenen Beispiele und glauben nicht zu irren, wenn wir sagen, daß ein Zurückgreifen auf frühere Sprachperioden zu noch mißlicher» Resultaten führt und noch schlagender den Be weis liefert, daß die orthographische Entwicklung unabhängig von der etymologischen Ableitung sich vollzieht. Noch bedenklicher steht es mit dem sogenannten phonetischen oder lautlichen Prinzip, das man durch die Regel: schreib wie du sprichst, ausgedrückt hat. Welcher lautliche Unterschied ist zwischen nahm und kam, Schwan und Zahn, ihr und wir, Sinn und ich bin, Theil und Teig, satt und hat, grün und kühn rc. Man sagt, ein Doppelkonsonant muß da stehen, wo der Plural oder sonstige Ver längerung ihn hörbar werden läßt, also Sinn weil Sinne. Aber auch hier gleich wieder verwirrende Ausnahmen, hin von hinnen, drin drinnen; und wirft man nicht in den femininischen Endungen aus in, wie: Königin, Gehilfin, Oberin das Doppel-n mehr und mehr weg trotz Plural? Auch hier darf ich mich aus diese wenigen, gar leicht zu ver vielfältigenden Beispiele beschränken. In der That, auch das laut liche Prinzip eignet sich nicht zu einem festen Anhalt für die ortho graphische Kodifikation. Wohl weist dasselbe aus den Zielpunkt, auf das zu erstrebende Ideal hin, nämlich auf die Identität von Ton und Zeichen, von Aussprache und Orthographie. Aber dieses Ziel schwebt noch in so weiter Ferne, daß es für die Gegenwart nicht als Norm und Regel, nicht als durchgreifendes Prinzip dienen kann. Wohl aber zeigt cs die Richtung im Allge meinen an, in der sich die orthographische Entwicklung bewegt. Und dies ist ein Bedeutendes, denn es gibt uns, wenn ich mich nicht täusche, einen Fingerzeig über das domini- rende Prinzip, unter dem unsere Rechtschreibung steht und sich fortentwickelt. Es ist weder ein gesetzlos hin- und herschwankender Zufall oder ein Belieben veränderlicher Mode, noch sind es die Dekrete sprachkundiger Gelehrten, Konferenzen und Behörden, die hier bestimmend einwirken. Es ist vielmehr das Gesetz der Ab- schleifung und Vereinfachung, dasselbe Gesetz, unter dem die Sprachen überhaupt stehen. Wenn wir alte Druckwerke ansehen, so finden wir darin eine Menge Doppelvokale und Konsonanten, die die neuere Schreibweise weggeworfen hat. Von letzteren nenne ich das tz, z. B. in kurtz, ffchwartz, oder das ff in lauffen, Haussen, werffen rc., das mb in ^umb, gehcimb rc., die Frauw, er kommpt rc. Besonders tritt dieser Luxus in unfern Eigennamen entgegen, wo sich die Schreibweise bekanntlich aus Pietäts- und andern Rücksichten am längsten kon- servirt und der Abschaffung entzieht. (Kurtz, Töpffcr, Warttenberg, Neipperg rc.) Dieser Prozeß der Abschleifung vollzieht sich natür lich langsam und läßt sich nicht alljährlich registriren und Nach weisen. Zu keiner Zeit ist er aber Wohl lebhafter und merklicher ge wesen als in der jetzigen, und man kann sagen, daß die Orthographie förmlich in Fluß, damit freilich auch in Unruhe und theilweise in Verwirrung gebracht ist, nicht ohne Schuld menschlicher Ungeduld. Betrachten wir nun diejenigen orthographischen Partien, die zur Zeit in das Stadium der Bewegung, des Schwankens, der Hin fälligkeit, mit einem Wort in den beschleunigten Abschleifungs prozeß getreten sind, so treten uns zunächst die Doppelbuchstaben, Vokale wie Konsonanten, entgegen. Wage, Samen, Kaffe, Kamel, Losung rc. wird theils überwiegend, theils vielfach mit einem Vokal geschrieben. Doppelkonsonanten betreffend, so habe ich die feminine Endung auf in (Königinn) schon genannt, ich füge hinzu: sämtlich, Gewinst, Geschwulst, die man vielfach mit einem Konsonanten antrifft. Noch hinfälliger ist das dt in Ernte, Schwert, tödlich, gescheit, beredsam. Und nun vollends das Dehn-h einschließlich des th. Hoffärtig, Feme, Gewarsam, Blüte, Flut, Glut, Furt, Heimat rc. Das pH steht offenbar auf dem Aussterbeetat; ich erinnere an Adolf, Westfalen, Sofa. In den griechischen Wörtern sitzt es zwar noch fest, doch nicht in allen, z. B. in Simfonie, Elefant. Zunächst wird es wohl in Phantasie attakirt werden (Fantasie), während es sich in Philosophie, Physik u. ähnl. Wohl noch längere Zeit be haupten wird. Die großen Anfangsbuchstaben sind in der entschiedensten Abnahme begriffen, und wir sind dabei offenbar in der Richtung auf die französische, englische und holländische Schreibweise begriffen, die bekanntlich weder der Deutlichkeit noch der äußerlichen Gefällig keit Eintrag thut. Jakob Grimm hat diese Schreibweise bekannt lich schon vorlängst einzuführen versucht, scheiterte aber und mußte scheitern durch die radikale Plötzlichkeit, die nun einmal, wie auf allen Gebieten, so auch auf dem der Sprachentwickelung, unver träglich mit dem ewigen Gesetz der Allmählichkeit ist. Für jetzt zeigt sich diese Richtung in der Beseitigung der großen Initialen in Wörtern, wie alle, keiner, jeder, mancher, wenige, viele, nichts, aufs höchste, im ganzen, zum theil, den kürzeren ziehn, cs thut mir leid rc. Eine wahre Verwüstung richtet die neuere Schreibweise unter den Fremdwörtern an, indem sie das oll in sch (Depesche) das sä in ä (Kapitän), su in ö (Möbel), ou in u (Diseurs), das gu in k
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