Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1873
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- 1873-02-14
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- 14.02.1873
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588 Nichtamtlicher Theil. 37, 14. Februar. nicht können, werden säst als indirecte Arbeiter-Mörder behandelt. Befindet sich der Arbeitgeber in einer bevorzugten Lage, so hat er sich mit dem Eigenthnm des Arbeiters gemästet; ist er in kleinen Verhältnissen geblieben, so wird er als Hungerleider behandelt. Sucht ein Arbeiter durch Anstrengung etwas vor sich zu bringen, so ist er ein elender Sclave und ein Verräther gegen seine College», die zwar seinen Lohn, nicht aber seine Arbeit wollen. Der Aus beutung der Coalitionsfreihcit seitens der Arbeiter im vollsten Maß, oder etwas über das Maß hinaus, wird das Wort geredet; wird sie aber als Nothwehr von den Prinzipalen angewendet, welche ihrerseits den Arbeitern das Recht der Coalitionsfreihcit niemals bestritten oder verkümmert zu sehen gewünscht haben, so ist dies eine uner- hörteVergcwaltigung. Ueber die Unfähigkeit der Lehrlinge und eigen süchtige Ausbeutung derselben wird weidlich geschimpft; ist aber ein solcher erst als Ausgelcrntcr in den Verband ausgenommen, so ist kr aus einmal ein echter Gutcnbcrgsjüngcr, wenn nicht mit dem Mar schallstab, so wenigstens mit dem Diplom als Professor der Staats- wisscnschast im Ranzen, begeistert für Menschenwohl, namentlich aber für Strike und Beschränkung der Zahl der Lehrlinge. Beschäf tigen sich die Prinzipale mit Tarifangelegcnheiten, so sollen sie sich lieber um die Concurrenz ihrer College» bekümmern, nicht aber um Sachen, die sie nichts angehen; denn die Gehilfen würden schon HMmmen. Steuern sic zu den Unterstützungs sind sie hartherzige Blutsauger, die^ihre Arbeiter im Alter darben lassen. Jeder, der das Organ der Gehilfen kennt, wird es bestätigen können, daß in den obigen Zügen zu dessen Charakterisirung nichts übertrieben ist, sondern daß wohl keine Nummer seit einer Reihe von Jahren erschien, die nicht die gröbsten Jnvcctiven und Reihen von Unwahrheiten enthielt. Das Wirken des Organs wird noch durch Flugblätter unterstützt, z. B., wenn es sich darum handelt, Eltern zu warnen, ihre Kinder in die Pcsthöhlc einer Buchdruckerei zu sen den; ferner durch Gau- und Localversammlungen; schließlich durch die Agitationsrcisen des Präsidenten, über welche prunkhaftc Be richte den „Corrcspondenten" füllen, aus denen mancher Bericht erstatter über die Reisen gekrönter Häupter noch vieles profitircn könnte. Dies sind die Hilfskräfte, die dem Verband zur Verfügung sichen in seinen Bestrebungen, sich zum Herrn dcsBuchdruckergcschäfts in Deutschland aufzuwerfeu, ohne dessen Willen keine Type in die Hand genommen wird, aus dessen Wink jede arbeitende Hand ruht. Geschieht nun in einer Druckerei etwas, was dem Verband nicht gefällt, so wird diese für „blokirt" erklärt, d. h. kein Ver bandsmitglied darf dort Condition nehmen. Will der Verband aber einen Strike in Scene setzen, so wird zuerst vor „Zuzug" gewarnt, dann werden die jüngeren Mitglieder unter Gewährung von Reise geld aus der Stadt entfernt, um anderswo angebracht zu werden, und nun, wenn die Unterstützungscassen, nötigenfalls durch Ausschreiben vonExtrasteuern, gefüllt sind, wird der Strike angeordnet. Selbstver ständlich unterstützt der Verband nach Kräften auch jeden anderen Strike, mag dieser in Stockholm oder Rom stattfinden; denn die Ar beiter sind solidarisch verbunden und die Prinzipale haben immer Unrecht, schon weil sie Prinzipale sind. Bei den Strikes des Verbandes handelt es sich aber keineswegs nur : um eine einfache Erhöhung des Tarifs. Wäre dies der Fall und be ruhte die verlangte Erhöhung auf rationeller Grundlage, so würde und müßte in den meisten Fällen eine Verständigung ohne zu große Schwierigkeiten erfolgen, obwohl die jetzigen Löhne keineswegs nie drig oder den Zeit- und Geschästsverhältnissen unangemessen sind. Der Tarif der Gehilfen ist jedoch weder mäßig noch rationell. Es kommen Bestimmungen darin vor, welche die Preise für manche Druckarbeiten, und ganz besonders für solche, die gerade einen großen Aufschlag nicht vertragen, um SO, 75 und mehrProcente vertheucrn. Ferner beanspruchen die Berbandssetzer eine nochmalige, selbst oft malige Zahlung für eine bereits einmal bezahlte Arbeit, wenn diese wieder benutzt wird (den sogenannten „Speck"), und stellen für die Berechnung der in dem Zeitungssatz vorkommenden Arbeiten so will kürliche Anforderungen, daß die Arbeit einer Stunde oft höher zu stehen käme, als der Lohn eines Werksetzers für die volle Tagcs- arbeit, während dieser nun wieder derselben Vortheile wie die Zeitungssetzer theilhaftig werden will, so daß der Tarif eine Schraube ohne Ende wird. Und doch ist, wie schon gesagt, die Tariferhöhung nicht einmal der Punkt, welcher zunächst den Widerstand der Prinzipale gegen den Verband heraussordert; vor allem handelt es sich darum, den täglich sich mehrenden Eingriffen in das Haus- und Dispositions recht der Prinzipale einen Damm zu setzen. Schon versucht man durch die Erklärung, die Arbeit niederlegcn zu wollen, die Entfer nung mißliebiger Factorc zu erzwingen, verweigert die Arbeit zusammen mit Gehilfen, die nicht dem Verbände angehörcn, ja in Berlin ist man soweit gegangen, die Arbeit niederzulcgen, weil ein Buchdruckereibesitzer einige Setzer, die in einer andern Druckerei gestriket hatten, nicht engagiren wollte, will den Grundsatz durckfübrei, «^cleer IM festen Lohn eine» Minimal- oeroienst nach Schätzung seiner Collegen haben müsse, ganz abgesehen davon, ob er befähigt ist, diesen nach dem Tarif auch nur annähernd zu verdienen. Contracte, die über acht Tage gehen, dürfen nicht abgeschlossen werden, unter Strafe des sofortigen Ausschlusses, und wo sie bestehen, sollen sie unverweilt aufgekündigt werden. Im Fall des Strikes aber wird überhaupt oft selbst die kürzeste Kündigungsfrist nicht innegehaltcn, sogar die laufenden Tagcs- nummern einer Zeitung läßt man unvollendet liegen. Einer Hausordnung sich zu unterwerfen, gilt als des freien Arbeiters un würdig; er kennt nur Rechlc, keine Pflichten. Die Behandlung der Lchrlingssrage ist vorläufig in Deutschland etwas bei Seite ge schoben, während man in Oesterreich und in der Schweiz diese schon so ziemlich bewältigt hat, so daß z. B. stellenweise in der Schweiz selbst das größte Geschäft nur einen Lehrling halten darf, ent weder einen Setzerlehrling, oder einen Druckerlehrling, und will der Sohn eines Typographen lernen, so muß diesem der Vorzug cingeräumt werden. Dazu fragt das Verbands-Organ ganz naiv: wenn die Prinzipale jetzt schon, wo es sich um einfache Tarifsragcn handelt, sich dem Verband so sehr entgcgenstellen, wie wird es dann werden, wenn erst die Betheiligungsfragc ernsthast auf die Tages ordnung gesetzt wird? Daß der einzelne Prinzipal einem derartigen geschlossenen Vorgehen des Verbandes nicht gewachsen war und schnell den Kür zeren ziehen mußte, ist begreiflich. Deshalb bildete sich im August 1869 ein Verein von Prinzipalen: der „Deutsche Buchdrucker verein", der neben der Erreichung anderer Zwecke im Interesse des Geschäfts sich auch das Ziel steckte, ungerechtfertigten Forderungen der Gehilfen geschlossen entgegcnzutrcten. Anfänglich schwach, von furchtsamen oder kurzsichtigen Prinzipalen mit Mißtrauen; vom Ver band mit Hohn und Schimpfen der gewöhnlichsten Art begrüßt, zählt er jetzt, nach dreijährigem Bestehen, schon gegen lOOOMitglicderund ^ vereinigt in sich weit über die Hälfte aller Druckkräfte Deutschlands. Die Vereinsmitglieder gruppiren sich in zwölf große Kreise, die wieder eine Anzahl kleinerer umfassen. Jeder Kreis wird von einem Kreisvorstand verwaltet. An der Spitze des Gesammt- vereins steht ein Vorstand von neun Mitgliedern, von denen drei, die ihr Domicil am Vororte Leipzig haben müssen, den gcschästs- führenden Ausschuß bilden. Der Verkehr derselben mit dem Vereine wird durch das Sekretariat des Vereins vermittelt. Als amtliches-
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