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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1873
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1873-02-14
- Erscheinungsdatum
- 14.02.1873
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- Deutsch
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37, 14. Februar. Nichtamtlicher Theil. 589 Organ dienen die in Leipzig wöchentlich erscheinenden „Annalen der Typographie", welche seit Anfang ds. I. an alle Mitglieder gratis versendet werden. Seinem Statut und dem Beschlüsse einer Generalversammlung gemäß hatte der Verein in dem vergangenen Sommer die Einladung an alle Gehilfen der nenn bedeutendsten Druckorte Deutschlands er gehen lassen, je Einen Gehilfen zu wählen, um im Verein mit neun Prinzipalen, ebenfalls je Einem aus den neun Städten, die obwal-! teuden Differenzen durch gemeinschaftliches Ausarbeiten eines Nor maltarifs bcizulegen, der dann, wenn er von der Gesammtheit der Prinzipale und der Gehilfen acceptirt wäre, allgemeine Geltung hätte. Dieser gewiß loyale und dem Frieden dienliche Vorschlag wurde jedoch von dem Verband mit scheinbarer großer Entrüstung abgc- wiescn. Angeblich war er in seiner Ehre tief gekränkt, weil die Prinzipale ihn nicht als alleinigen Vertreter der Gehilfenschaft betrachten wollten, denn die Nichtverbandsmitglieder („das Stimm- Vieh", wie er sie nennt) seien nicht befähigt, mit zu berathen. Wenn wir sagen: mit scheinbarer Entrüstung, so täuschen wir uns schwer lich, denn der wirkliche Grund dürfte wohl unzweifelhaft der sein, daß man de» Grundsatz des Verbandes: alles trotz, nichts mit den Prinzipalen, durchsetzen will. Der Verband mit seinen jetzigen Ten denzen kann nicht in Frieden gedeihen; er muß den Streit als Lcbcnsbcdingung haben. Nachdem jedoch die Prinzipale erklärt hatten, die Tariffrage nunmehr für sich zu Ende führen zu wollen, nachdem sie sich durch Vertrag verpflichtet hatten, keine prinzipiellen Aenderungen in dem Tarif ohne Beschluß der zur Ostermesse stattfindenden Generalver- ^ sammlung vorzunehmeu, nachdem der Verein die Bestimmung zum Gesetz erhoben hat, eine partielle Kündigung seitens des Verbands mit einer allgemeinen seitens der Prinzipale zu beantworten, schreibt der Verband seinerseits eine Conferenz der Ge hilfen aus zehn Druckorten aus, und ladet die Tarif commission des Priuzipalv ereins zu dieser ein, um in zwei Tagen die neuen Verhältnisse zu berathen und sofort cin- zuführcn! Da es dem Verband vollständig bekannt war, daß der Verein mit den Gehilfen vor der Generalversammlung nun nicht mehr verhandeln kann und mit dem Verband allein nicht verhandeln will, so konnte das Ganze nur als ein Spiel angesehen werden, daraus berechnet, den mit den Verhältnissen Unbekannten Sand in die Augen zu streuen, als sei der Verband der versöhnliche Theil, der Prinzipalvcrein der unversöhnliche. Diesem Manoeuvre gegenüber erklärte das Organ der Prin zipale: „Wir müssen es nochmals, obwohl oft genug gesagt, wieder holen: der Verein darf, kann und wird nicht mit dem Verband als voll berechtigtem Repräsentanten der Gehilfen verhandeln, so lange dieser Invaliden-, Wittwcn- und Waiscncasscn als Hetzmittel gegen die Prinzipale anwendct, so lange er jeden Strike mit Geld und anderen Mitteln unterstützt, so lange er seinen Mitgliedern verbietet, einen Contract mit den Prinzipalen einzugeheu, so lange er Mitglieder in Schutz nimmt, die ihre Verabredungen brechen, so lange er ganze Städte seinen Mitgliedern unzugänglich macht, so lauge er dem rei senden College», der nicht dem Verband angehört, die Thüre ver schließt und den Zchrpscnnig verweigert. Wir rufen nicht den Schutz der Behörden an gegen jede Juconvenienz oder selbst gegen den offenen Mißbrauch der Koalitionsfreiheit, aber wir verweisen auf die Selbst hilfe. Will der Verband solche Aenderungen seiner Institutionen vornehmen, die ein Leben in wirklichem Frieden mit ihm möglich machen, so werden wir eine solche Sinnesänderung mit Freuden be grüßen und hoffen dann auf einen ehrlichen und dauernden Frieden; will eres nicht, dann sagen wir: lieber ein offener Kampf, als ein fauler Friede!" Dagegen droht das Verbands-Organ: „Wenn man fortfährt, Wiedas bisher geschehen, das Gedeihen dieser Organisation in wirthschastlicher Hinsicht zu verhindern, so wird eine andere au deren Stelle treten, die ausschließlich agi tatorischer Natur ist — eine Kampfgcnossenschaft, unerschöpflich in ihren Mitteln, rücksichtslos in ihren Forderungen." So lagen die Sachen, als in den Tagen vom 13—17. Jan. d. I. die Versammlung der Verbandsdelcgirten in Leipzig den neuen Tarif aufstclltc, dem in ganz Deutschland Eingang verschafft werden soll. Der Anfang sollte inLeipziggemachtwerdcn. Am 22.Jan.wurde der Tarif jedem einzelnen Buchdruckereibesitzer überreicht, mit der Auf forderung, sich über die Annahme oder Ablehnung bis Freitag den 24. Jan. zu erklären. Eine nähere Besprechung von Einzel heiten des Tarifs würde ohne eine zu weitläufige Auseinandersetzung nicht verständlich sein; daß aber ein Tarif, dessen Positionen sechs Seiten füllen und Verein ganz neues System der Berechnung aufstcllt, der alle bestehenden contractlichen Verhältnisse zwischen Kunden und Buchdrucker iguorirt und Verhandlungen mit allen College» am Orte erfordert, überhaupt nicht in 48 Stunden geprüft, ange nommen und eingeführt werden kann, wird wohl jedem Unbefan genen einleuchtend sein. Es erfolgte die gemeinschaftlich beschlossene Erklärung, erst nach der Generalversammlung des Deutschen Buch druckervereins in der bevorstehenden Ostermesse eine Aenderung des Tarifs eintreten lassen zu wollen. Am Sonnabend d. 26. Jan. kündigten etwa 300 dem Verbände angehörende Gehilfen, nachdem bereits in den vorhergegangenen Wochen gegen 100 mit Unter stützung des Verbandes Leipzig verlassen hatten. Nun trat die Verpflichtung für die vereinigten Prinzipale Leipzigs ein, ihrer seits allen Verbandsmitgliedern zu kündigen, was am 1. Febr. geschah. — Ob außerdem noch eine allgemeine Kündigung der Verbandsmitglieder von dem über ganz Deutschland verbreiteten Priuzipalverein erfolgen wird, hängt hauptsächlich davon ab, ob Leipzig die Hilfe des Vereins in Anspruch nehmen wird, oder ob die vielen einsichtsvolleren Mitglieder des Verbandes, die in ihrem Herzen wohl dem jetzigen Treiben abhold sind, auch den moralischen Muth haben werden, den Bann zu brechen, der sie bis jetzt gegen ihre bessere Ueberzeugung fesselt und sic in ihren freien Entschließungen lähmt; denn daß die Verbandslcituug die Selbstüberwindung haben sollte, einzugestehcn, der Verband sei auf eine abschüssige Bahn gebracht, wagen wir kaum zu hoffen, so sehr wie wir es im Interesse der Gehilfen wünschen möchten. Sonach wäre es immerhin möglich, daß das deutsche Publicum eines Tages durch die Nachricht einer massenhaften Sistirung der Arbeiten in den Druckereien über ganz Deutschland überrascht würde, denn im Fall einer allgemeinen Kündigung des Verbands werden die Prinzipale sich nur auf diejenigen Gehilfen stützen können, die dem Verband nicht angchören und die zwar eine Verbesserung ihrer Lage anstrebeu, jedoch nur durch Vereinbarung mit den Prinzi palen. Sollte also eine wesentliche Unterbrechung im Druckgeschäft stattfindeu, so wird das Publicum, insoweit es durch diese in seinen Interessen berührt wird, sich eine solche wohl gefallen lassen können, denn der Kampf, den der Prinzipalverein ausgenommen hat, ist ein Kampf im Interesse der Verleger und des ganzen Publicums, nicht nur aus dem Grund, weil dieses doch schließlich direct oder iudirect die Bewilligung ungerechtfertigter Forderungen bezahlen müßte, sondern auch und namentlich deshalb, weil er eine nicht unwichtige Episode des Kampfes ist, der durch alle Gewerbe geht und auf den Umsturz der bestehenden Verhältnisse abzielt, ohne im Stande zu sein, bessere dafür zu bieten. Vierzigster Jahrgang. 79
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