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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.08.1873
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1873-08-18
- Erscheinungsdatum
- 18.08.1873
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- Deutsch
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2988 Nichtamtlicher Theil. ISO, 18. August. neuer Vertrag mit Böttiger. Gädickes haben das Recht, ein beson deres Jntelligenzblatt den einzelnen Stücken des Merkur anzufügen — ein Recht, von dem sic dann auch Gebrauch machten. Mit dem Jahr 1803 ging der Verlag an F. I. Bertuch über, der 1791 das Landes-Industrie-Comptoir gegründet hatte und ihn dann bis zum Schlüsse des Jahres 1810 fortsührte. Mit dem Decemberheft dieses Jahres ging das Journal, für das Wieland 100 Thlr. jährlich Bertuch „abgenommen" hatte, endlich ein „sins lux st orux und ohne de- und wehmüthige Leichenrede". Er hatte „wahrlich nur zu lange gelebt, da er den größten Theil seiner älteren Freunde überlebt" hatte. Wenn es schließlich erlaubt ist, noch ein Wort über das Vcr- hältniß des Merkur zu den jene Jahrzehende lebhaft bewegenden Fragen, ob Selbstverlag der Schriftsteller oder buchhändlerischer Verlag, ob Nachdruck oder nicht, zu sagen, so liegt auf der Hand, daß sich dies Verhältniß genau Wieland's eignen Ansichten an schließt. Und diese kennen wir. Unser Dichter verwirft und ver abscheut den Nachdruck, aber er wird dennoch einigemale Nachdrucker seines Verlegers, freilich völlig im guten Glauben an sein Recht. Die „Sosicr seiner Zeit" pflegt er stets sehr über die Schulter anzu sehen und es ist charakteristisch für ihn, daß er auch von solchen, denen er in der Thal Dank schuldet, häufig übel denkt und meist ganz an der Unrechten Stelle. In Biberach klagt er über Orcll, Geßncr L Co., in Erfurt und Weimar über Weidmanns Erben L Reich, und hätte ihn Göschen nicht überlebt, so würde auch dieser Günstling es haben spüren müssen, daß Wieland die Eigcnthümlichkeit inne- wohntc, sich dem Einfluß des augenblicklichen Eindrucks allzusehr hinzugeben. Die Wahlverwandtschaft, die er zwischen sich und einer dritten Person spürte, erlosch mehr oder weniger rasch, sobald eine neue Figur störend in die gezogenen Kreise trat. So ward er Selbstvcrleger, als jene Krankheit des Allcsfürsich- habenwollens in den literarischen Kreisen der Zeit um sich griff. Und man wird es nicht anders erwarten, als daß der Besitzer und Herausgeber des Merkur sein Blatt diesem Streben dienstbar macht. Mit Vorliebe nimmt er die Anzeigen Solcher auf, die ihr Gcistes- werk auf eigne Kosten und zu eignem Nutzen wollen drucken lassen. Mit dem Auftauchen der Dessauer Verlagskasse ist dann neuer, guter Stoff geboten für Wieland's Wirken in dieser Richtung. Er druckt den Plan der Verlagskasse im Merkur ab und ver öffentlicht die Berichte über deren neue Unternehmungen. Der seit 1783 besonders erscheinende Anzeiger, der Anzeigen unent geltlich aufnahm, ist dafür wie gemacht. Er selbst liefert den Dessauern seine Horazischen Briefe, wir erinnern uns dessen, was sie ihm einbrachten. Bei seinen Angriffen auf den Nachdruck hat Wieland Unglück. Im Junistück des Jahrgangs 1780 zieht er gegen ihn zu Felde in der Form des „Schreibens eines Nachdruckers an den Herausgeber des T. M.". Indem er den Nachdruck scheinbar vertheidigt, versetzt er ihm manch guten Hieb, aber, obgleich die Arbeit die Eigcnthüm lichkeit der Wieland'schen Prosa — guten Humor bei einem etwas langathmigen Periodenbau — sofort verräth, schießt der Verfasser doch über sein Ziel hinaus. Nur die wenigsten Leser des Merkur be merkten die Ironie; man sah vielmehr in dem Artikelschreiber einen echten Nachdrucker und der gute Wieland kam in den ganz ungcgrün- detcn Verdacht, ein Gönner des Nachdrucks zu sein. Im Maistück des Jahres 1785 kam Wieland auf dieses Miß- verständniß zu sprechen. Der Nachdrucker Trattner in Wien hatte nämlich das Erscheinen wohlfeiler Bücher in allen Fächern der Wissen schaften angezeigt, von den bedeutendsten oesterreichischen Schriftstel lern, Sonnenfels, Blumaucr, Mastalier u. A., die ihm nachzudruckende Bücher empfehlen sollten, aber eine bittere Abweisung empfangen.! Wieland druckte nun die Briefe der Oesterreicher im Merkur ab und ' verband damit nicht allein die Erzählung seines eignen Mißgeschicks, für einen Freund der Nachdruckcr gehalten worden zu sein, sondern auch die Mittheilung, wie an der neuen Trattnerischen Unverschämt heit im Grund auch nur eine gegen die Nachdrucker gerichtete Satire des Merkur Schuld trage. Die Sache war folgende. Ein witziger Mitarbeiter des Merkur hatte ini Augnststück 1783 Veranlassung genommen, über die Vielschreiberei seiner Zeit genossen zu spotten und er that dies, indem er unter der Ueberschrift „Die Universalbibliothek, ein Plan, dem gelehrten und ökonomischen Publicum vorgelegt", im Namen einer Gesellschaft patriotischer Literaturfreunde den Lesern des Merkur anzeigte, man habe die Ab sicht, unter dem Titel „Universalbibliothek aller Wissenschaften und Künste" aus den jeweil auf dem Gebiet der höheren Wissenschaften, der schönen Wissenschaften und Künste, sowie der Journal-Literatur erscheinenden Neuigkeiten in fortlaufender Reihe Auszüge zu brin gen. Täglich sollten drei Bogen erscheinen und jeder Bogen einen Kreuzer kosten, doch sollte es möglich sein, nicht nur die ganze Bi bliothek für 18 Gulden, sondern auch lediglich ein Fach für 6 Gulden jährlich zu beziehen. Dieser Plan ward dann noch des Weiteren in passender Weise ausgcsponnen, doch lag auch hier nahe, daß man den Scherz für Wahrheit halten und an das Bestehen der Gesellschaft patriotischer Literaturfreunde glauben konnte. Wieland warnte daher. Sie wer den sehen, sagte er zu dem Artikelschreiber, was Sie angerichtet haben. Man wird Ihre Universal-Bibliothek für Ernst nehmen. Und so geschah's. Die Freunde billiger Bücher „freuten sich mächtig auf ein so löbliches Institut" und Wieland erhielt viel zu stimmende Zuschriften. „Endlich, da die Ausführung so lange verzog und die vorgebliche Gesellschaft Patriotischer Literatur-Freunde nichts mehr von sich hören ließ", griffen die Nachdrucker die Idee auf. Zuerst ein gewisser Gerle in Prag; er kündigte eine Art von Uni versalbibliothek an, „worin er alle guten Bücher in allen Fächern um ein Spottgeld nachgedruckt zu liefern versprach". Dann kam Trattner mit seinem Plan. Mit Gerle wurde von den unsichtbaren „Patriotischen" eine förmliche Fehde geführt. Die Gesellschaft der Literatursreunde nannte ihn einen Pseudonachdrucker und kündigte einen Nachdruck der Prager Nachdrucke für Kreuzer den Bogen an, worauf dann die Prager Gesellschaft, an deren Spitze Gerle stand, nicht schwieg, sondern ebenfalls Preisermäßigung und Rück zahlungen versprach, sofcrndie„Patriotischen"mit ihrer Unternehmung ans Licht treten sollten. Die „Patriotischen" aber spielten darauf ihren Trumpf mit der Erklärung aus, daß sie den Bogen ihrer Nach-- drucke stets um einen Heller billiger als die Prager liefern würden. Und an allem diesen war nur der satirische Mitarbeiter des Merkur schuld. „Ist es nicht lustig — oder auch traurig, wenn man will —, daß es in unserm lieben deutschen Vaterlande nur einen komischen Einfall, nur ein bischen Ironie und Persiflage braucht, um gleich ganze Gesellschaften von Plattköpfen in Activität zu setzen und unschuldiger Weise Scandal und Unheil anzurichten, wo man zu waruen und zu bessern gedachte?" — „Daß der deutsche Buchhandel", schrieb Wieland an Böttiger in demselben Brief, in dem er bat, dem Merkur keine Leichenrede zu halten, „in den letzten Zügen liegen muß, ersehe ich (außer anderen mich unmittelbar betreffenden Vorboten) daraus, daß die vortreff liche Uebersetzung des Lieds der Nibelungen von meinem Freunde Hinsberg, ein Gedicht, das vor 25 Jahren mit Gold wäre aus gewogen worden, keinen Verleger finden kann." Bald nach diesem Brief ging der Merkur schlafen, aber der Buchhandel lebte noch; dann folgte dem Merkur der greise Dichter (20. Januar 1813) und der Buchhandel lebte noch immer. Freilich , wohl nur, weil Hinsbcrg's Nibelungenlied in demselben Jahr noch ^ einen Verleger fand.
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