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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.06.1920
- Strukturtyp
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- 1920-06-24
- Erscheinungsdatum
- 24.06.1920
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- Deutsch
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«sw»d>att I. d, Dtschn. «uchh»lld-I. RedaMoneller Teil. X- 137, 24. Juni 1920. Das Antiquariat wurde provisorisch im Privaibesitz belassen, -och mußte bezüglich der Einnahmen dasselbe Verfahren beob achtet werden wie bei den Sortimenten, mit dem Zusatz, daß die Inhaber für ihren persönliche» Bedarf monatlich 2500 Kronen beanspruchen konnten, den darüber verbleibenden Nest aber der Zentrale der Geldinstitute zu übermitteln hatte». Von dieser Zeit an erließ der Landesrar die den Buchhandel betreffenden, sogenannten »internen- Verordnungen. Die erste Ver ordnung dieser Art datiert vom 25. Mai 1919. Sie regelt das Verhältnis der sozialisierten Verlage und Sortimente und be stimmt Zeit, sowie Art und Weise der Verrechnung. Inzwischen aber machte sich die Wirkung der allgemeinen Neuorganisierung in empfindlicher Weise bemerkbar. Auf allen Gebieten setzte die Tätigkeit der organisatorischen Neuschöpfungen mit der Registrie rung und einer statistischen Aufarbeitung der verfügbaren Be stände ein. Um eine möglichst rasche Durchführung dieser Ar beiten zu ermöglichen, wurde in sämtlichen Branchen die Schließung und Inventarisierung der Geschäfte angeordnet. Die Jnveniarlsierung währte, obwohl man für ihre Durchführung verschiedene Zeiträume vorgesehen hatte, länger, als man er warten sollte, denn man war der Arbeiten, die sie erheischte, nicht gewohnt; vor allem aber stieß sie durch Sabotage der Inter essierten auf hartnäckigen Widerstand. Als sich dann die Ge ringfügigkeit der Vorräte herausstellte, wurden in den meisten Handelszweigen die Geschäfte überhaupt nicht geöffnet, im Ein kauf aber das Legittmationssystem eingeführt, das der Arbeiter schaft und den Beamten erhebliche Begünstigungen zusicherte. Die nicht organisierten Massen, vor allem der Kleinkapitalist, der Privatier, der Bauer, der Arbeitgeber von gestern, konnten zu keiner Ware gelangen, während die organisierten Massen ihrer seits sich keine Lebensmittel zu beschaffen vermochten, da die Lebensmittelbeförderung aus der Provinz stark abgenommen hatte. Das Geld, das sich bei der Arbeiterschaft staute, die neuen Geldnoten, denen man allgemeines Mißtrauen entgegenbrachte und die infolge der erheblichen Zunahme der Lebensmittel preise in den Händen der Bqnern zusammenliesen, strömten jenen Waren zu, die man noch ohne Legitimation kaufen konnte. Da die Schließung der Buchhandlungen — scheinbar — als kulturfeindliche Tat hätte bezeichnet werden können, sahen die maßgebenden Faktoren von dieser Maßregel ab, und nun begann «in shstem- und wahlloses Ankäufen von Büchern. Als ein bedeutsames Propagandamittel der Sowjetregicrung war die Anbahnung einer weitsichtigen Bibliothekspolitik ge dacht. Hundert« von öffentlichen Bibliotheken sollten ins Leben gerufen werden, und als die Fachmänner einerseits, die Leiter der Hochschulen andererseits die Plünderung der Buchhandlun gen bemerkten, forderten sie mit einem Male die Schließung der Sortimente. Die Sperre wurde unter dem Vorwände der In ventarisierung verhängt und währte eine geraume Zeit. In zwischen kam eine Verordnung heraus, derzufolge der Verkauf Don Ausgaben unter 1000 Exemplaren nur gegen eine besondere Erlaubnis gestattet war. Diese Situation konnte freilich nicht von langer Dauer sein. In den noch bestehenden zwei Tages blättern wurden täglich Angriffe intellektueller Kreise gegen die leitenden Faktoren laut. Während dieser Zeit wurde eine lange Reihe interner Ver ordnungen vom Stapel gelassen, die die Agenden der Arbeiter räte, der Vertrauensmänner, der Produktionskommissäre und der Betriebsleiter regelten. Als die Sabotage der ehemaligen In haber stets offenkundiger ward, verbot eine Verordnung dem ehemaligen Inhaber, seinen FamilienmitAiedern, seinen Ver wandten, sich mit der Kassenwartung zu befassen, und verpflichtete zugleich das Personal, einen Kassierer zu wählen und seine Tätig keit zu kontrollieren. Die eigentliche Lage aber gestaltete sich derart, daß im kleinen Betrieb und im Sortiment der ehemalige Inhaber auf seinem Platze verblieb, jedoch kaum zu kontrollieren war, während in den großen Betrieben, mit großem Arbeiter personal die Zentralleitung dadurch vereitelt wurde, daß die be treffenden Arbeiterräte und Betriebskommissäre einerseits ihre eigenen Interessen zu waren suchten, andererseits aber mit Rück sicht auf ihre Machttnteresscn die Verordnungen der Zentrale nicht beachteten. Man hatte allgemein das Gefühl, mit dem «72 Papier, aber auch mit jedem sonstigen Material, mit dem Gel des Kontokorrents müsse es binnen kurzer Zeit zu Ende kommen, demnach war das Augenmerk eines jeden Arbeiterrats darauf gerichtet, den Zeitpunkt des völligen Versagens seiner Arbeits stelle möglichst hinauszuschieben. Solche Bestrebungen hatten zur unmittelbaren Folge, daß die Sortimenter die Niederlagen der Verleger stürmten, teils um sich Reserven zu sichern, teils um der unerhörten tatsächlichen Nachfrage, wenn auch nur einigermaßen, entsprechen zu können. Mit ungeheuren Anforderungen trat an die Bücherbestände der Organisierungsausschuß für öffentliche Bibliotheken, sowie die als dritte Sektion des Landesrats funktionierende Verteilungs gruppe heran, die neben dem Vertrieb fabelhafter Mengen von Propagandaschriften auch di« Versorgung der Straße, der Eisen- bahn, der roten Armee mit Lektüre zu bewerkstelligen hatte. In dem chaotischen Widerstreben so verschiedener Tendenzen er wies sich für den Buchhandel als eine besonders günstige Fügung der Umstand, daß Fachmänner aus bürgerlichen Kreisen zu den Arbeiten herangezogen wurden, die im Besitze theoretischer Kenntnisse, auf systematische und methodische Durchbildung dran gen, das Tempo der chaotischen Auflösung hemmten und die Erhaltung großer Werte materieller, sittlicher und kultureller Art in die Wege zu leiten suchten. So gelang es, dem Konsum große Büchermengen zu entziehen unter dem Vorwände, daß sie in den Bestand der zu errichtenden öffentlichen Bibliotheken aufgehen sollten. Auf gemeinsamer Betreiben kultureller Kreise, Fachleute, Hochschullehrer und der Mitglieder der zentralen Organi- sation, erschien eine Verordnung, die jede Abgabe von Büchern nur gegen Erlaubnis der Zentrale gestattete, — jeder sozialisierte Betrieb entsandte je einen Delegierten in die Zentralstelle, die den Anforderungen der sozialisierten Sortimente und Bertei- lungsorgane nur nach einer gewissen Quote Genüge leisteten. In den letzten Wochen der Sowjetregierung stand es schon klar vor aller Augen, daß der Papiermangel, das Stocken und die horrende Verteuerung die Ausgabe neuer Bücher nur in sehr beschränktem Rahmen gestatten würde, daher verfügte die interne Verordnung Nr. 13 vom 15. Juli 1919 die Anpassung der Bücherpreise an die tatsächlichen Produktionskosten und die Entwertung des Geldes. Auch konnte man sich nicht mehr der Einsicht verschließen, daß den Ausgaben der Sowjetrepublik kaum di« geringsten Einnahmen gegenüberstanden, und so sah sie sich gezwungen, in die Preise zumindest einen solchen Nutzen hinein zukalkulieren, wie ihn die Kapitalisten vorgesehen hatten. Auch der Ausbau der Organisierung der geistigen Produktion war in der Zwischenzeit seiner Verwirklichung um keinen Schritt näher genickt. Aus überschäumendem Organisationssieber und aus der Erwägung, Geldgier führ« zur Korrumpierung der Künstler, erwuchs die am meisten erörterte Neuerung des Sowjet- regimes, die Zwitteridee des Schriftsteller- und Künstlerkatasters. Die Einrichtung hatte zur Voraussetzung, daß die nach Fächern organisierten Schriftsteller und Künstler selbst darüber zu ent scheiden hätten, wer als Künstler und Schriftsteller von Beruf zu gelten habe. Die solcherart bewerteten Künstler und Schrift steller sollten, einzelnen Klassen zugeteilt, vom Staat feste Be zahlung beziehen und ihm als Gegenleistung ihre Gesamtproduk tion überlassen. Natürlich wurde die Feststellung der einzelnen Klassen, der Bezahlung und der Namenliste zum Anlaß endloser Erörterungen und Streitigkeiten. Allein inzwischen gingen die Schriftsteller infolge der Sozialisierung der Verleger ihrer Er werbsquellen verlustig, das Erscheinen der Zeitungen wurde an gesichts des Paptermangels eingestellt, und so mußte man zu einer vorläufigen Lösung schreiten. Dem Landesrat wurde ein aus zehn Mitgliedern bestehendes Schriftstellerdirektorium zu gesellt, das die von einem zu diesem Behufs ernannten Lektoren kollegium — es setzte sich aus 30 Mitgliedern zusammen — be gutachteten Handschriften ankaufen, sie ihrem Inhalt entsprechend unter den sozialisierten Verlegern aufteilen und ihre Veröffent lichung bei abwechselnder Inanspruchnahme der Druckereien be werkstelligen sollte. Auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Lite ratur, der Fachschriften und Lehrbücher konnte die Organisation nicht einmal Ergebnisse dieser Art zeitigen. Dagegen hatten die
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