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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1855
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- 1855-02-12
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1855
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- Deutsch
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1855.^ 259 sondern dos durch die dem Urheber eigenthümlichc Thätigkeit ent standene Geisteswerk, ist Gegenstand des Urheberrechts. Ängewen- det auf die Urheberschaft an einem in irgend einer Sprache abge faßten literarischen Erzeugnisse, bringt dieser Satz zu der Erkennt nis!, daß die dem Verfasser eigenthümlichc Thätigkeit, namentlich und vor Allem bei Erzeugung des fraglichen Werkes, die gewesen ist, sei nen oder einen gegebenen Gedanken in dieser dazu gewählten Sprache darzustellen. Wenn nun auch von vorn herein zugegeben werden muß, daß je nach Art des Geisteswerkes mehrere Bestandtheile zu dessen Hervorbringen nothwendig sind, als die Sprache, daß also die geistige Arbeit mehr Stoff und mehr Werkzeug braucht, um das Geisteswerk zum Dasein zu bringen; so ist und bleibt doch die Sprache für das literarische Erzeugniß der hauptsächlichste Stoff, aus dem seine äußere Form gebildet wird, deshalb, weil ohne dieselbe eine sinn liche Wahrnehmung derselben gar nicht gedacht werden kann. Die Wichtigkeit der Sprache für die Gestaltung des Geisteswerkes stellt sich aber auch noch durch die Bemerkung heraus, daß sie, aus dem Volk hervorgegangen, in ihrem Wesen einen großen Theil derVolks- eiqenthümlichkeiten kragend, wiederum auf den Einzelnen aus dem Volke, welcher sich ihrer bedient, zurückwickt, und die äußere Er scheinung nicht allein, sondern auch die wesentliche Gestaltung des sen, was aus ihr gemacht wird, nothwendig bedingt. Darum ist die geistige Arbeit dessen, welcher ein Geistcswerk aus einer Sprache in die andere überträgt, wenigstens in Bezug auf die äußere, für das Recht maßgebende Form, eine wirklich erzeugende zu nennen; denn die wahre Übersetzung bringt ein neues Werk hervor, wie man von Voß' Uebersetzung des Homer und Tieck's Uebersetzung des Shakspe- are und andern nicht ableugnen kann. Ja ein Werk, was der Ur heber, seltenste Fälle ausgenommen, nicht Hervorbringen konnte, wenn man die tobten Sprachen ausnehmen will, welche freilich in dem Munde des Gelehrten wider seinen Willen nach der Zeit und nack dem Volke, worin er lebt, modernistrt sind, weil der Gedan kenstrom sich nicht in die Borwclt zurück zwingen läßt. Dazu kommt noch, daß zu einer guten Uebersetzung eine solche Kenntniß der zu übertragenden Sprache und der eigenen gehört, daß schon hierdurch die Behauptung abgeschnitten wird, als sei die selbe eine der mechanischen Vervielfältigung ähnliche geistlose Arbeit. Haben wir nun die Uebersetzung als eine wirkliche geistige Ar beit geschildert, welche alle Gesetzgebungen insoweit anerkennen, daß sie die mechanische Vervielfältigung derselben für unbefugten Nach druck erklären; so dürfen wir nicht versäumen, eine andere die Wis senschaft berührende Seite hier hervorzuheben. Ist die Sprache im Allgemeinen das Mittel des Menschen, um sich dem Menschen ver ständlich zu machen, um Gedanken mitzutheilen, so ist insbesondere die Uebersetzung das Mittel, daß Völker, die verschiedene Sprachen reden, sich gegenseitig verständlich machen. Und wie der Mensch die Aufgabe hat, mit seiner Eigenthümlichkeit dem Nebenmenschen zu dienen; wie er, indem er das, was sein Geist gefunden, durch die Sprache dem andern Geiste zur Benutzung mitthcilt; ebenso giebt es eine Ausgabe des Volkes in der Weltgeschichte, daß es den übri gen großen Ausschnitten des Menschengeschlechts durch die Früchte, welche aus seiner Eigenthümlichkeit entsprossen sind, diene, die Lücken derselben, die nach einer andern Seire hin an der Fortbildung arbeiten, ausfülle. So wenig als der Gedanke, einmal ausge sprochen, ein vindicirbares Eigenthum des Urhebers ist, noch sein kann; so wenig dürfen die Erzeugnisse des Volksgeistes dem andern Volke vorenthalten werden. Wir haben an England und Frankreich und andere Staaten die Früchte unserer deutschen Gelehrsamkeit geliefert: man verküm mere uns also auch nicht den Mitgenuß der Früchte der englischen Erfindungsgabe, der französischen Gewerbthätigkeit. Wir bedür fen dieser zum Fortschreiten mit jenen Völkern, und wenn man zum Nachdrucker mit vollem Rechte sagen kann: willst Du mit Verlag ein Gewerbe treiben, so schaffe selbst ein Werk oder kaufe vom Ur heber; aber enthalte Dich der mechanischen Vervielfältigung eines Werkes, an welchem ein Dritter auf rechtlichem Wege ein Recht erwarb; — so kann man nicht zum Volke sagen: erfinde das, was bisher durch Uebersetzungen der Werke des Nachbarvolkes zu Dir herüber gekommen ist, Dir selbst, und laß' Dir Deine eigenen Er findungen in Deiner Sprache beschreiben. Denn dies wäre eine Unmöglichkeit, weil die Natur die Grenzen gezogen hat. Die Politik des Staates Nruß daher dahin gehen, dem Volke den Zugang zu den Schätzen der Literatur so weit offen und frei zu ^ lassen, als es sich die Werke der fremden Sprache in seine eigene überträgt, sie zu seinem Nutzen verarbeitet, und hierin muß so weit gegangen werden, daß man bei den Werken über technische, mathe matische, naturwissenschaftliche Gegenstände die denselben beigege benen artistischen Beilagen und Abbildungen, sobald sie ein Gan zes mit dem Werke bilden, als unzertrennliche Theile der Ueber setzung beigeben, d. h. mechanisch vervielfältigen läßt. Ein großer Jrrthum ist, daß die Auffassung des Verfassers, „der Gegenstand des literarischen Eigenthums sei der in einer sinn lich wahrnehmbaren Form dargestellte Gedanke", gesetzlich anerkannt sei. Wäre dies der Fall, so könnten die Gesetze nicht den Nach druck auf die mechanische Vervielfältigung beschränken, sondern sie müßten in erster Reihe das Plagiat verbieten. Die Gesetze erken nen nur das literarische Erzeugniß, das Werk der Kunst als Ge genstand des Urheberrechts an. Selbst das französische Recht, wel ches das Urheberrecht an der Melodie feststellt, weicht dadurch von dem Grundsätze, daß nicht der Gedanke, sondern das Kunstwerk Gegenstand des Urheberrechtes sei, nicht ab. Denn die Melodie ist bei dem Tonkunststück das einzige Merkmal für die eigenthüm- liche Auffassung und Ausbildnng, welche der musikalische Ge danke im Eomponisten gefunden hat; keineswegs aber ist es der musikalische Gedanke selbst. Das Instrument, auf welchem die Melodie vorgetragen wird, charakterisier nicht die Auffassung deS Eomponisten, sondern höchstens die des ausführenden Virtuosen, welche er dem musikalischen Gedanken hat angedeihen lassen. Es sind auch keine besonderen, von denen des Eomponisten verschiedenen Kenntnisse nöthig, um ein Tonstück von der Violine auf das Ela- viec zu übertragen, wie der Uebersetzer die Sprache, in welche er ein Werk übertragen will, neben der Sprache des Originals kennen muß; und ebensowenig erhält die Melodie bei einem guten Arran gement für ein anderes oder mehrere Instrumente eine Beimischung besonderer Eigenlhümlichkeiten, wie die Uebersetzung nothwendig das übertragene Werk mit der ganzen Eigenthümlichkeit der neuen Sprache bekleiden muß. Wir müssen uns daher an die „wesentliche Aufgabe des Au tors" Hallen, welches die „Schaffung der eigenthümlichen Form" ist, wenn wir richtig beurthcilen wollen, ob der Autor berechtigt sei, die Uebersetzung seines Werkes zu verbieten. Hätte Herr R. diesen Satz an die Spitze seiner Schlußfolgerung gestellt, so würde er nicht blos seiner „unleugbaren Wahrheit" keine „praktischen Folgen" ge ben wollen, sondern selbst darauf gekommen sein, daß keine unleug bare Wahrheit, sondern ein kleiner, aber eingreifender Jrrthum vorliege. Freilich müssen wir an der Form des Geisteswerkes zwei wesentliche Bestandtheile unterscheiden, welche wir mit „innerer" und „äußerer" Form bezeichnen. Die „innere Form" ist die bei der geistigen Arbeit durch die Eigenthümlichkeit des Verfassers gewon nene Gestaltung des Gedankens, abgesehen von den äußeren Hülfs- mitteln. — Die „äußere Form" ist die durch Herbeiziehung der all gemeinen Hülfsmittel zur Versinnlichung von Gedanken bewirkte Gestaltung des Geisteswerkes. Die äußeren Hülfsmittel sind aber nicht die Farbe oder der Bleistift, sondern die Gestalten der im Bilde 40*
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