Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1862
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1862-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1862
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18620616
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-186206166
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18620616
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1862
- Monat1862-06
- Tag1862-06-16
- Monat1862-06
- Jahr1862
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vortheil von diesen Entdeckungen zieht, d. h. so ziemlich olle Menschen, oder wenigstens die civilisirtcn, ihren Beitrag entrich ten muffen, um die Entdecker oder ihre Erben zu belohnen. Er fände z. B. ein gescheidter Arzt endlich das Mittel, die Schwind sucht zu heilen, das er aber für sich behielte, so würde er und seine Erben im Besitz aller Brustkranken sein, welche in der Welt sind und später sein würden; denn er allein würde das Mittel und die Berechtigung haben, ihnen das Leben zu erhalten. Frü her ist es in der Thal so gewesen, und noch jetzt gibt cs derglei chen Familien, in welchen gewisse Gcheimmittel erblich sind. So viele Erfindungen, sovielcKünste also, ebenso viele erblicheMono- polc würden möglich gewesen sein, wenn sich nicht der Gedanke Bahn gebrochen, daß dergleichen Dinge zum Gemeingut der Men schen werden müßten. Ist nun die Abtretung dieses Monopols von Seiten eines Erfinders an die Allgemeinheit selbstverständ lich, oder kann sie an gewisse Bedingungen geknüpft werden, die derselbe zu stellen berechtigt ist? Man sollte das Letztere an- nchmen. „Bei diesen Einwürfen, die man unfern Gegnern gemacht, haben sie doch nicht den Muth verloren, und mehrere von ihnen haben ausdrücklich zu diesem Zwecke eine Theorie ausgedacht, auf die sie großes Vertrauen setzen. Sie ist folgende: Man muß, sa gen sie, die Entdeckungen der Gelehrten, der Erfinder und die Pro dukte der menschlichen Industrie nicht gleichstcllen den reinen Kunst-Eonceptioncn. Die Gelehrten, die Erfinder, die Jndu- ' stricllcn erfinden nichts; sie entdecken, was schon vorhan den ist; das ist alles. Sic haben bloß die Mühe gehabt, zu su chen; wir dagegen (Dichter und Künstler) schaffen Formen, das ist was Anderes. Newton hatzwar die Gesetze dcrAttraction gefunden, aber, wie er selbst sagt, dadurch, daß er einen Apfel hat fallen sehen. Das Fallen des Apfels hat also natürlicherweise die Idee der Schwere der Körper, dcrAttraction, erweckt und die Erklärung der Himmels-Mechanik ist daraus von selbst hervorge gangen. Guttenberg hat ohne Zweifel die Buchdruckerkunst er funden, ohne welche uns unsere schönsten Werke nicht fünfund zwanzig Francs cintragen würden, aber die Alten kannten das Graviren auf Stein und Metall, wovon man Abzüge nehmen kann. Von da zur Buchdruckcrei ist der Weg gar nicht so weit. Was sind übrigens die materiellen Erfindungen gegenüber den rein geistigen Eonceplionen? Newton und Gutenberg sind im Grunde nicht Erfinder, sondern Finder, während wir Dichter und Künstler die wahren Schöpfer, die Väter der Form und des Lich tes sind." Hr. Charpcntier zeigt nun, daß es mit diesen rein geistigen Eonceplionen nicht weit her sei; daß der Schriftsteller seine „in- spirstions", wie das der Franzose nennt, der Gesellschaft verdanke; selbst Lamartine, Alfred de Muffet rc. Aus diesen Gründen, die jedenfalls (natürlich ohne Ironie) ausgestellt worden sind, dürfte man ersehen, daß hier bereits weniger der Rechtssinn und die Philosophie, als das materielle Interesse spricht. Jedermann wird doch solche weltbewegende Erfindungen höher schätzen und eines geistigen Eigcnthumsrechtes würdiger finden, als die französi sche und deutsche Roman-Industrie mit ihren Eamelicndamen, Lu- cindcn und dcrgl. Anderseits wird man cinsehcn, welche Schwierig keiten der Gesetzgebung über diesen Punkt erwachsen, wo das alte Privilegium, das Monopol, das Patent und das moderne Gc- mcinprinzip noch bunt durch einander gehen. Ohne Zweifel kann man sich, wenn man einmal hierüber zu spintisiren ansängt, ins Unendliche verlieren. Wenn man z. B. den Ursprung vieler sol cher rein geistigen Eonceplionen ermitteln wollte und könnte, zu welchen curioscn Dingen würde man da geführt werden! Wie viele Hunderte von Romanen, Novellen, Trauer- und Lustspielen, die Glück machen, sind nicht neue Umschnciderungen und Um- schustcrungcn alter Gedichte, deren Existenz so lange verborgen bleibt, bis irgend ein Zufall darauf führt. Alles schon dagewe- scn! Der Philosoph wird sagen, es gibt gar keine neuen poeti schen Eonceptionen. Das Recht der Autoren ist also nur temporär. Natürlich, cs unbegrenzt machen, cs bis ins zehnte Geschlecht vererben zu lassen, heißt literarische und artistische Fideicommissc schaffen. Als Termin desselben werden, wie auch auf dem Brüsseler Eon- gressc festgesetzt wurde, fünfzig Jahre vorgeschlagcn. Für den Autor selbst soll es lebenslänglich sein. Der vierte Abschnitt handelt über nachgelassene Werke, der fünfte über das Recht der Ucbersetzungen, welcher viele interes sante Dinge enthält. Der Verfasser, selbst Verleger im großen Styl und mit allen Geheimnissen des Gcschäftslcbens vertraut, findet, daß das Eigenthumsrecht, welches man den Verfassern ge genüber den Ucbersetzungen eingcräumt, ersichtlich nachtheilig aus Frankreich cingewirkt habe. Er sagt, daß die Ucbersetzungen fremder Werke, selbst der besseren (abgesehen von entschiedenen Meisterwerken), nur einen schwachen Absatz fänden, weil der fran zösische Geschmack das Heimische vorziehe. Früher habe man fremde Werke in der Uebcrsctzung diesem Geschmacke zu Liebe umgemodclt, bei deutschen und englischen z. B. Längen und Schwerfälligkeiten weggelasscn oder gekürzt, bei italienischen und spanischen das übermäßige Pathos und den gesuchten Witz viel fach herabgestimmt; seit man aber sich bei Uebcrsctzungcn gegen über dem Autor gebunden, geschehe dies nichtmehr; diese Bücher fänden deshalb sowohl in Frankreich, als auch unter den fremden Nationen, welche den französischen Geschmack lieben (z. B. Rus sen und Polen), einen weit geringern Absatz. Hr. Eharpenliec klagt darüber, daß die Prätcnsionen der fremden Verleger in diesen Dingen sehr groß seien, und daß sie die Erlaubniß zur Uebcrsctzung rundweg abschlügen, wenn man sich eine derartige Zurichtung für den französischen Geschmack ausbcdingcn wolle. Namentlich machen die englischen Verleger den französischen hierin große Schwierigkeiten. Der Verkauf der französischen Uebcrsctzung thut ihnen nämlich materiell dadurch den größten Eintrag, daß die Leute in Belgien, Holland, der Schweiz, Rußland rc., die etwa auch ein englisches Buch lesen könnten, die gewöhnlich weit wohlfeilere französische Ucbersctzung vorzichen. Hierbei kommt Hr. Eharpcnticr auf Macaulay zu sprechen: „Nun in Bezug auf Macaulay eine Thatsache, welche allein hinreichend ist, zu beweisen, was wir eben gesagt haben. Dieser große, edle Geist, welcher nebenbei gesagt der erklärte Gegner des sogenannten , literarischen Eigcnthums' war, obwohl er mehr Recht darauf hatte, als jeder Andere, autorisirtc uns vor mehreren Jahren, seine Geschichte Englands ins Französische übersetzen zu lassen, indem er das angebotene Honorar zurück- wics. Von dieser von Emil Montegul gemachten Ucbersctzung, mit welcher Macaulay sehr zufrieden war, haben wir heute 3000 Exemplare abgesetzt — eine unbedeutende Zahl bei einem der schönsten Bücher unscrecZcit; aber von diesen seit sieben Jahren abgesetzten 3000 Exemplaren sind mehr als zwei Drittel ins Aus land gegangen. Gewiß hat dieser Verkauf des Macaulay'schen Werkes in der französischen Ucbersctzung der Originalausgabe ge schadet! Und in welchem Verhältnisse? Man kann es unmöglich genau bestimmen; gewiß aber war es bedeutend genug, und der Schaden für den englischen Herausgeber um so größer, als seine Ausgabe neun Mal theurer zu stehen kam, als unsere Ucbcr- setzung. „Das ist noch nicht alles. Von einem großen und schönen fremden Buche, einem Meisterwerke, das den menschlichen Geist ehrt, wird ein französischer Verleger, wenn er das Recht erwirbt,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder