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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1919
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- 1919-04-04
- Erscheinungsdatum
- 04.04.1919
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65, 4. April 1919. Redaktioneller Ttzll. len, noch die russischen Wertpapiere, deren Realisationsmöglich keit durch ihre Ungültigkeitserklärung nach der russischen Revo lution in Frage gestellt war, solche trugen. Ebenso war die Verzinsung von Immobilien und sonstigem Besitz durch die außerordentlich schwere wirtschaftliche Lage im Lande illusorisch und meist faktisch unmöglich geworden. Und nun zeigten sich nach der deutschen Besetzung bald die Folgen, die durch das außerordentliche Sinken des russischen Rubelkurses hervorgerufen waren. Der Wert des Rubels war soweit gesunken, daß der ursprünglich in Polen festgesetzte Wechselkurs vou 1 russ. Rubel — 1 Ost-Rubel — 2 .7/ in Riga nur kurze Zeit von der deutschen Verwaltung aufrechterhalten wurde und bei der Besetzung Dor pats und Revals nur noch ./k 1.25 und bald darauf nur noch -/k 1.— für den russischen Rubel gezahlt wurde. Zudem war das Land mit dem aus der Zeit nach der Revolution stammenden ininderwertigen sogenannten »Kerenskigeld« überschwemmt, das bisher Zwangskurs hatte, nun aber zu einem noch ungünstigeren Kurse und bald^gar nicht mehr gewechselt wurde. Roch schwie riger gestaltete sich die Lage durch die Sperrung sämtlicher Bank guthaben; eine Maßnahme, die durch den-allgemeinen Geld mangel bedingt war, aber geradezu eine Gefährdung der Weiter existenz des Buchhandels bedeutete. Außerdem war der Buch handel nicht in der Lage, seine vielfach sehr bedeutenden Außen stände von den durch den Krieg verstreuten und in Rußland lebenden Schuldnern hereinzubringen, während andererseits die Kaufkraft der Kundschaft am Ort durch die sehr schwere wirt schaftliche Lage des ganzen Landes bedeutend herabgesetzt und gelähmt war. Ein sehr großer Teil des deutschen Verlages aber drängte auf die Bezahlung der alten Restsaldi. Gewiß gab es Aus nahmen: Firmen, die voll Verständnis und in Anerkennung der schweren Lage ein weitgehendes Entgegenkommen bewiesen — aber es waren verhältnismäßig nur wenige, die das taten. Der weitaus größte Teil war mit allen Mitteln bemüht, seine gewiß an und für sich berechtigten Ansprüche so bald, als es anging, zu decken. Es gewährt ein eigentümliches Bild und gibt einen sonderbar anmutenden Einblick in die Geschäftsführung vieler Verleger, wenn man aus eigener Erfahrung berichten kann, daß so mancher Verlag seit Kriegsausbruch viertel- oder halbjährlich seinen Abschlußzettel mit der mehr oder weniger energischen Zahlungsaufforderung regelmäßig an den Kommissionär »ach Leipzig gesandt hat, trotzdem es doch einleuchten mußte, daß eiue Verbindung mit den russischen Ostseeprovinzen damals nicht bestehen konnte. Dieses ganze Material gelangte bei der Wieder aufnahme des Verkehrs in unsere Hände. Je kleiner der Saldo, um so energischer war gewöhnlich der Ton der Mahnung; Er hebung des Saldos durch die Barfaktur wurde in Aussicht ge stellt und versucht; Sperrung der Verlagsauslieferung oder eines Teils derselben wurde angedroht und in einigen Fällen durchge führt; viele Verleger meldeten ihre Forderungen bei den mittler weile entstandenen Wirtschafts-, Gläubiger- und ähnlichen Aus schüssen an und hofften auf diesem Wege schnellere Bezahlung zu erlangen. So berechtigt diese Bestrebungen zum großen Teil waren — unter den vorliegenden Umständen konnten sie zu keinem Erfolg führen. Denn der baltische Buchhandel hätte ja mit Freuden und sobald als möglich die Regelung vorge nommen, wenn es ihm nicht ohne sein Verschulden tatsächlich unmöglich gewesen wäre, unter den damaligen Verhältnisien Geld flüssig zu machen. Diese Verhältnisse waren zu ab norm; man wird das zugeben, wenn man bedenkt, daß wir für ./( 1.— 50 Kopeken erhalten hatten und jetzt für diese selben 50 Kopeken nur noch 50 Pfennig erhielten, lind auch das nur in der Theorie — denn in der Praxis zahlten die Banken eben überhaupt nichts aus. Auch mit der Absendung der Remittenden haperte es, da die Ausfuhrbestimmungen eine solche zunächst verboten. Soviel mir bekannt, ist es einem Teil der Rigaer Sortimenter gelungen, ihre Remittenden nach großen Mühen auf den Weg zu bringen; in Nordlivland und Estland mußte es beim guten Willen bleiben. Um die geradezu abnorme schwere wirtschaftliche Lage ver ^ Ostseeprovinzen im vierten und fünften Kriegsjahre zu charak terisieren, sei nur darauf hingewiesen, daß Nahrungsmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs, soweit sie überhaupt zu haben waren, im Preise mindestens zehnmal, vielfach aber hundert- und mehr Mal teurer geworden waren, als sie es vor dem Kriege gewesen sind. Infolge der oft phantastisch verteuerten Kosten des Lebensunterhaltes hatten natürlich auch Gehälter, Löhne und Unkosten geschäftlicher Betriebe eine entsprechende Erhöhung erfahren müssen. Alle diese Schwierigkeiten, mit denen der baltische Buch handel zu kämpfen hatte, als er an die Wiederaufnahme der Arbeit und den Wiederaufbau seiner Existenz gehen konnte, waren der Presse-Abteilung bekannt, und sie hat, wie bereits oben erwähnt, in richtiger Beurteilung der Lage alles getan, um Erleichterungen zu schaffen und den deutschen Buchhandel, wo es möglich war, zu stützen und zu fördern. Betreffs der Ostermeß-Regelung schwebten Verhandlungen mit den Ver tretungen des deutschen Buchhandels, besonders des Verlages, bei denen von diesen leitenden Stellen, die zum Teil gleich falls Gelegenheit gehabt hatten, sich persönlich mit der Lage im Baltikum bekämet zu machen, das weitestgehende Verständnis und Entgegenkommen bewiesen wurden. Es war zu hoffen, daß eine Einigung über diesen Punkt in nächster Zeit zustande kom men und eine Lösung gefunden werden würde, die alle Beteilig ten zufriedenstellte. Denn die Aussichten des baltischen Buch handels waren ja trotz allem keineswegs hoffnungslos; Bücher waren im Verhältnis zu früher am weitaus wenigsten verteuert und wurden daher viel mehr gekauft, als vor dem Kriege, so- daß auch der baltische Sortimenter damit rechnen konnte, aus der im Kriege entstandenen Hochkonjunktur des Buchhandels Gewinn zu ziehen; womöglich in noch höherem Maße, als das im Reich der Fall war, da das jahrelange Fehlen deutscher Bücher einen richtigen, nicht ohne weiteres zu stillenden Bücher hunger hervorgerufen hatte und die Verhältnisse auch in Kreisen Interesse und Kauflust für das Buch weckten, bei denen bisher davon kaum die Rede gewesen war. Ruhige, gesicherte Arbeit hätte die Lage zu baldigerBesserung undgesuuderWeiterentwicklung ge bracht, und es wäre dadurch gelungen, in absehbarer Zeit wieder normale Verhältnisse zu schaffen und die wirtschaftlichen Ver hältnisse auch im Buchhandel zu sanieren und wiederherzu stellen. Es sollte aber nicht dazu kommen. Gerade das, woraus es zunächst ankam, um die schwere Lage zu überwinden und über die schwierige Zeit des Wiederaufbaues hinwegzukommen — die Möglichkeit geduldigen Durchhaltens und gesicherter ruhiger Arbeit — ging wieder verloren, und der baltische Buch handel ist aufs neue und dieses Mal schon durch die Wieder holung noch schwerer als bisher gefährdet. Nach der Räumung durch die deutschen Truppen sind die baltischen Lande von den Bolschewisten besetzt und von Deutschland abgeschnitten worden. Die dort herrschenden Zustände geben nach den Zeitungsmeldun gen der letzten Wochen zu den allerschwersten Besorgnissen An laß. Es ist zwar gelungen, einen Teil von Estland und Nord livland wieder zu befreien, doch sind dort Ruhe, Ordnung und Sicherheit noch lange nicht als gefestigt anzusehen, und die Zukunft der baltischen Lande ist sehr trübe und ganz ungewiß. An dieser Stelle einige Worte über die Lage des deutschen Buchhandels in Rußland selbst. Auch er hat außerordentlich schwere Zeiten durchgemacht, und es ist nicht abzusehen, wie und wann das Ende kommen wird. Seit bald 5 Jahren von Deutschland völlig und fast ebenso lange auch von der übrigen Kulturwelt mehr oder weniger abgeschnitten, hat er nur kurze Zeit (1917) eine unsichere und sehr beschränkte Verbindung über Finnland und Schweden Herstellen können, die aber bald wieder versagte und ganz versiegte. Die wirtschaftliche Zerrüttung des bolschewistischen Rußland hat auch den Buchhandel nicht ver schont, und seine Existenz ist durch Sozialisierung, Nationali sierung und Konfiskation des Besitzes anfs äußerste gefährdet. Der russische Buchhandel liegt gleichfalls völlig darnieder, und die wenigen Bücher, die dort heute noch hergestellt werden kön nen, sind meist politischen Inhalts. Kriegsausstattung, Material mangel, Phantasiepreise und alle übrigen Folgen der Kriegs wirtschaft sind in einem Maße zur Regel geworden, von dem es kaum möglich ist, ein Bild zu geben. Die schon vor dem 229
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