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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.06.1873
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1873-06-09
- Erscheinungsdatum
- 09.06.1873
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- Deutsch
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130, 9. Juni. Nichtamtlicher Theil. 2059 Prozesses darf nicht veröffentlicht werden, bevor das Erkenntniß erster Instanz verkündet ist, oder das Verfahren auf anderem Wege sein Ende erreicht hat. — 8- 19. Mit Geldstrafe von 50 Thlr, bis 300 Thlr. oder mit Gesängniß von 1 bis zu 6 Monaten werden bestraft: 1) Zuwider handlungen gegen die in 88- 15., 16., 17. u. 18. bezeichneten Verbote, 2) Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der 88- 8., 10. u. 11., 3) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der 88- 5.. 6. und 7., welche durch falsche Angaben mit Kenntniß der Unrichtigkeit begangen werden. Die Strafe trifft den Eigenthümer und den Verleger einer periodischen Druckschrift auch dann, wenn er wissentlich geschehen läßt, daß auf derselben eine Person fälschlich als verantwortlicher Redacteur benannt wird, während in Wirklichkeit ein Anderer die Redaction leitet. Sonstige Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der 88 5., 6., 7., 9. und 14. werden mit Geldbuße bis zu 50 Thlr. oder Haft bis zu 6 Wochen be straft. — 8- 20. Wer in einer Druckschrift die Familie, das Eigenthum, die allgemeine Wehrpflicht oder sonstige Grundlagen der staatlichen Ord nung in einer die Sittlichkeit, den Rechtssinn oder die Vaterlandsliebe untergrabenden Weise angreift, oder Handlungen, welche das Gesetz als strafbar bezeichnet, als nachahmungswerth, verdienstlich oder pflichtmäßig darstellt, oder Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft in einer den öffent lichen Frieden gefährdenden Weise erörtert, wird mit Gesängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestrasl. — Wer die im 8- 166. des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich vorgesehenen Handlungen mittelst der Presse verübt, wird mit Gesängniß nicht unter 3 Monaten und bis zu 4 Jahren bestraft. III. Verantwortlichkeit für die durch die Presse begange nen strafbaren Handlungen. 8- 21. Die Verantwortlichkeit für die durch den Inhalt einer verbreiteten Druckschrift begründeten Verbrechen und Vergehen bestimmt sich nach den allgemeinen Strafgesetzen. Doch gelten folgende weitere Bestimmungen. — 8- 22. Ist die strafbare Hand lung durch eine periodische Druckschrift begangen, so ist der verantwort liche Redacteur mit der Strafe des Thäters zu belegen. — 8- 23. Ist die strafbare Handlung durch eine nicht periodische Druckschrift begangen, so sollen, sofern sie nicht als Thäter oder Theilnehmer strafbar erscheinen, der Verleger oder Commissionsverleger wie auch der Drucker mit einer Geld strafe bis zu 300 Thlr. belegt werden. Von dieser Strafe bleibt der Ver leger (Commissionsverleger) befreit, wenn er bei seiner ersten gerichtlichen Vernehmung den Verfasser oder den Herausgeber nachweist, und wenn zu gleich der Nachgewiesenc entweder sich im Bereiche der deutschen Gerichts barkeit befindet oder zur Zeit der Uebernahme des Verlags im Bereiche der deutschen Gerichtsbarkeit seinen persönlichen Gerichtsstand hatte. Unter gleichen Voraussetzungen kann, sofern nicht die Druckschrift sich als eine solche darstellt, welche zu Placaten bestimmt ist, der Drucker durch den Nachweis des Verfassers, oder des Herausgebers oder des Verlegers, von der obigen Strase sich befreien. IV. Verjährung. 8-24. Die Strafverfolgung derjenigen Ver brechen und Vergehen, welche durch die Verbreitung von Druckschriften strasbaren Inhalts begangen werden, sowie diejenigen sonstigen Vergehen, welche in diesem Gesetze mit Strase bedroht sind, verjährt in sechs Monaten. V. Beschlagnahme. 8-25. Eine Beschlagnahme von Druckschrif ten ohne richterlichen Befehl findet nur statt: 1) wenn eine Druckschrift den Vorschriften der 88- b. und 6. nicht entspricht oder dem 8- 15. zu wider verbreitet wird, 2) wenn der Inhalt einer verbreiteten Druckschrift den Thatbestand eines Verbrechens oder Vergehens begründet. Sofern im Falle der Nr. 2. die strafbare Handlung nur auf Antrag eines Be theiligten zu versolgen ist, setzt auch die Beschlagnahme einen besonderen Antrag desselben voraus. Die Beschlagnahme trifft die Exemplare der Druckschrift nur da, wo dergleichen zum Zwecke der Verbreitung vorge funden werden. Sie kann sich aus die zur Vervielfältigung dienenden Platten und Formen erstrecken: bei Druckschriften in, engeren Sinne kann statt Beschlagnahme des Satzes das Auseinandcrwerfen des letzteren ge schehen. Bei der Beschlagnahme sind die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift unter Ansührung des verletzten Gesetzes zu bezeichnen. Trenn bare Theile einer Druckschrift (Beilagen einer Zeitung z. B.), welche nichts Stafbares enthalten, sind von der Beschlagnahme auszuschließen. — 8- 26. lieber die Bestätigung oder Aufhebung der Beschlagnahme hat das zu ständige Gericht zu entscheiden. Diese Entscheidung muß von der Staats anwaltschaft binnen 24 Stunden nach Anordnung der Beschlagnahme be antragt und von dcni Gerichte binnen 24 Stunden nach Empfang des Antrages erlassen werden. Hat die Polizeibehörde die Beschlagnahme ohne Auftrag der Staatsanwaltschaft angeordnet, so muß sie die Absen dung der Verhandlungen an die letztere ohne Verzug und spätestens bin nen 12 Stunden bewirken. Die Staatsanwaltschaft hat entweder die Wiederaushebung der Beschlagnahme mittelst einer sofort vollstreckbaren Verfügung anzuordnen, oder die gerichtliche Bestätigung binnen 12 Stun den nach Empfang der Verhandlungen zu beantragen. Wenn nicht bis zum Ablaufe des fünfte» Tages nach Anordnung der Beschlagnahme der bestätigende Gerichts-Beschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme an geordnet hat, zugegangcn ist, erlischt die letztere, und muß die Freigabe der einzelnen Stücke erfolgen. — 8- 27. Gegen den Beschluß des Ge richts, welcher die vorläufige Beschlagnahme anfhebt, findet ein Rechts mittel nicht statt. — 8- 28. Die vom Gericht bestätigte vorläufige Be schlagnahme ist wieder aufzuheben, wenn nicht binnen 4 Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden ist. — 8- 29. Während der Tauer der Beschlagnahme ist die Verbreitung der von derselben betroffenen Druckschrift oder der Wiederabdruck der die Beschlagnahme veranlassenden Stellen unstatthaft. Wer mit Kenntniß der verfügten Beschlagnahme dieser Bestimmung entgegen Handolt, wird mit Geldstrafe bis 300 Thlr. oder mit Gesängniß bis zu 6 Monaten bestraft. VI. Schlußbestimmungen. 8-30. Durch dieses Gesetz werden nicht berührt: 1) die besonderen für den Fall der Erklärung des Kriegs zustandes bestehenden Bestimmungen, 2) die Vorschriften der Landesgesetze über die Abgabe von Freiexemplaren an Bibliotheken und öffentliche Sammlungen. Vorbehaltlich der auf den Landesgesetzen beruhenden all gemeinen Gewerbesteuer findet eine besondere Besteuerung der Presse und der einzelnen Preßerzcugnisse (Zeitungs- und Kalendcrstempel, Abgaben von Inseraten re.) nicht statt. — 8- 31- Dieses Gesetz tritt am .... in Kraft. Ueber diesen Entwurf bringt die Deutsche Allgemeine Zeitung nachstehenden Artikel: „Als in den sogenannten Versailler Verträgen auch die Rege lung der Presse in die Competenz der Rcichsgcsetzgebuug ausgenom men ward, da war das deutsche Volk gutmüthig genug, zu glauben, es geschehe das, um der deutschen Presse von Reichs wegen eine freie und würdige Stellung im ganzen Umkreise des Reiches zu ver schaffen, sie von den Plackereien und Fesseln zu erlösen, in denen sie in einzelnen deutschen Ländern noch seufzt. Soeben erst, in dem großen Kriege mit Frankreich, hatte die deutsche Presse — mit wenigen Ausnahmen, welche alsbald der sittlichen Entrüstung des Volks verfielen — von neuem ihren patriotischen Geist bewährt; ihren monarchisch-constitutionellen Sinn bewährte sie durch den all gemeinen Jubel, womit sie in die Verkündigung eines neuen Deut schen Kaiserthums einstimmte, ihre Mäßigung und Besonnenheit in der Art, wie sic die Verträge mit den Südstaaten beurtheilte, die doch wahrhaftig dem deutschen Gefühle zum Theil sehr viel zu- muthcten. Als nun vollends aus dem Reichstage heraus schon seit 1871, und in jeder Session dringender, der Ruf nach einem Reichs-Preß- gcsctze erschallte, da hat doch wahrhaftig Niemand darunter etwas Anderes verstanden als ein solches Gesetz, das die Freiheit der Presse, wenn auch, wie selbstverständlich, unter gesetzlichen Bürgschaften gegen Mißbrauch, für ganz Deutschland sichern solle. Und wenn der Bundesrath zögerte, und immer von neuem zögerte, diesem Ver langen zu entsprechen, so dachte man, es werde eben manchen Re gierungen noch etwas schwer, von gewissen Traditionen ihrer bis herigen Preßgesetzgebung sich soweit freizumachen, um einem Ent würfe beizustimmen, von dem man hoffen dürfe, er werde jenem Verlangen nach gesetzlicher Freiheit der Presse Genüge leisten. Das aber hatten wohl auch die am meisten Schwarzsehenden nicht geahnt, daß dieser deutschen Nation jetzt, im Jahre 1873, der Entwurf eines Reichsgesetzes über die Presse geboten werden könnte, der — mit Ausnahme ganz weniger, fast lediglich materieller Er leichterungen, die er der Presse in einzelnen Bundesstaaten (eigent lich fast nur in Preußen) gewährt — vollständig auf dem Boden der reactionärcn Gesetzgebung von 1850 u. fg. verharrt, selbst diese theilweise noch verschärft, gegen die neueren, freisinnigeren Preßgesetzc aber, die seitdem in mehreren deutschen Staaten in Wirksamkeit ge treten sind, einen Rückschritt der allerärgstcn Art darstellt. Wir wollen dieses allerdings sehr strenge Urtheil sofort an der Hand des Entwurfes selbst Punkt für Punkt erhärten und erläutern. Der einzige wirkliche Fortschritt gegen den bisherigen Zustand, den der Entwurf enthält, ist die Aufhebung der Cautionen und des Stempels auf Zeitungen und Kalender. Nur diese letzte Erleichte rung ist eine, die wohl die meisten deutschen Staaten trifft, denn der 278*
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