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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.09.1883
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1883-09-26
- Erscheinungsdatum
- 26.09.1883
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- Deutsch
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HF 224, 26. September. Nichtamtlicher Theil. 4211 aber nicht befassen wollen. Just und Schösser schmückten ihr Psal- terium mit kunstreichen farbigen Initialen; aber schon ihre nächsten Nachfolger gingen zum eigentlichen Jllustrationsdrucke über. Seb. Pfister in Nürnberg (1470) führte in seinem „goldenen Throne" Holzschnitt-Illustrationen im Texte ein, und sein Nachfolger, Anton Koberger in Nürnberg (1473—1513), der größte Buchdrucker und Verleger seiner Zeit, gründete eine förmliche Tylographenschule, für welche die ersten deutschen Künstler die Zeichnungen lieferten. Peter Schösser illustrirte seine Sachsenchronik 1490 mit den vom Maler Rewich ausgeliehenen Holzschnitten, und auch die Franzosen lieferten in den Prophezeiungen Merlin's bereits ein illustrirtes Werk. Primitiv genug wurde bei der Ausführung und Verwendung der Holzschnitte vorgegangen, und so naiv die Anschauung der damaligen Zeit auch war, so naiv waren auch die Zumuthungen, die der Buchdrucker, der damals auch gleichzeitig der Verleger war, seinem Publicum sich zu stellen erlaubte. Wir finden einen und denselben Holzschnitt in einem und demselben Werke oft zehnmal verwendet. Wenn von einer Stadt die Rede war, so wurde irgend ein Städtebild vorgeführt, welches einmal Rom, dann Nürnberg, dann wieder Jerusalem oder gar Buxtehude darstellen mußte. Für die stets beliebten Schlacht- und Gefechtsbilder diente gewissenhaft ein und dasselbe Modell mit dem unaufhörlich sterbenden Ritter im Vordergründe. Die in noch größerer Gunst stehenden Mori- thaten, Hinrichtungen und grauenhaften Exemtionen durch Rädern, Schinden und Viertheilen genießt man ebenfalls in einem und dem selben Buche wohl ein dutzendmal in einer und derselben Dar stellung. Das Lesepublicum der damaligen Zeit muß ein unglaublich kurzes artistisches Gedächtniß gehabt haben, oder es war mit einer sehr regen Phantasie begabt, daß es sich unter einem und demselben Bilde alles Mögliche vorstellen konnte. Wahrscheinlich waren aber die Anforderungen in der Literatur damals gerade so bescheiden, wie bei der Schauspielkunst zu Shakespeare's Zeiten, wo eine bren nende Laterne den Mond und ein grüner Vorhang einen Wald dar stellte. Das ging so fort von Koberger's Zeiten bis auf die der Meriane und Sandrarte, welche Letztere es aber schon gewissenhafter nahmen. Eigentliche, mit Holzschnitten illustrirte Werke gab es im 17. Jahrhunderte sozusagen gar nicht mehr; der Kupferstecher hatte den Holzschneider ganz aus dem Felde geschlagen und es scheint uns ganz unbegreiflich, wie trotz der theuren Herstellung durch den kostspieligen und langsamen Druck durch die Kupferdruck presse Werke von ca. 30 starken Foliobänden, wie die Merian'sche Topographie, das Idoo-irum suropasnm, erscheinen konnten. Es war dies zweifelsohne eines der zuerst erschienenen periodischen illustrirten Lieferungswerke, dessen Auflage aber nicht über 2000 Exemplare betragen haben wird. Die Abnehmer waren die zahl reichen Regenten, Dynasten und kleinen Adelsgeschlechter, die Klöster und Bibliotheken. Die Bücherpreise waren für die damaligen Zeit verhältnisse sehr hoch; das Volk besaß ohnedies beinahe gar kein Geld, konnte also auch keine Bücher, sondern höchstens kleine Flug schriften um ein paar Heller kaufen. Diese erste illustrirte Zeitung erscheint uns also höchstens als ein literarisches Curiosum für einen exquisiten Kreis; in das Volk drang nichts davon; aber die Idee, das todte Wort und die Ereignisse der Zeit durch bildliche Darstel lungen zu beleben, war geschaffen. Zwei Jahrhunderte später griff der Engländer William Clowes in seinem ksrm^ LlaZaring dieselbe wieder auf, obwohl er wahrscheinlich gar keine Kenntniß von seinem Vorgänger hatte. Bossange, dann I. I. Weber in Leipzig, Hallberger in Stuttgart, Waldheim und Zamarski in Wien folgten in größerem Maßstabe nach. Schon früher hatte aber Bertuch in Weimar durch sein Bilderbuch und die blaue Bibliothek, welche sich von 1790 bis 1800 in der Gunst des Publicums behaupteten, das Bedürsniß: Wissen in weitere Volkskreise zu tragen, cultivirt. Während der Kriegs jahre und in der darauf folgenden geistigen Stagnation durch die Karlsbader Beschlüsse trat auch in dieser Richtung ein Stillstand ein; aber gleich nach der Juli-Revolution begann die Aera der Pfennig- und Heller-Magazine, die trotz eines riesigen Erfolges sich doch nicht viel über eine Decennium in der Gunst des Publicums zu behaupten wußten. Meyer in Hildburghausen schlug die Pfennig-Literatur mit seinem Universum wieder aus dem Felde und verdrängte den allerdings noch primitiven Holzschnitt durch den eleganten Stahl stich. Einer der ersten, der Anfangs der vierziger Jahre dem Holzschnitte wieder das Terrain zu erobern suchte, war Dittmarsch in Stuttgart in seinem illustrirten Volksblatt. Aber das Publicum war noch nicht empfänglich genug, und die xylographische Kunst befand sich in Deutschland damals noch auf keiner so hohen Stufe, um die Concurrenz mit dem ungemein beliebten Stahl stich aushalten zu können. Es wiederholte sich merkwürdiger Weise die Epoche von 1550—1650, wo nach dem Absterben der großen Zeichner und Holzschneidekünstler der Kupferstich auch das Uebergewicht gewann. Nur währte der Kampf in unserem Jahrhunderte kaum einige Decennien. Mit dem Jahre 1848 trat ein Umschwung ein. Die Prinzipien dieses Freiheitsjahres verlangten die Jllustrirung des todten Wortes. Ernst Keil in Leipzig gründete erst den Leuchtthurm, dann die Gartenlaube und verwirklichte darin die Ideen des Fortschrittes populären Wissens. Nach langem Kämpfen und Ringen mit der Reaction, die Anfangs der fünfziger Jahre in Deutschland domi- nirte, gelang es dem Genie dieses Mannes, seinem Unternehmen einen Erfolg zu erobern, wie ein solcher in der Geschichte des Buch handels noch niemals zu verzeichnen war. Die Auflage stieg succes- sive auf 350,000 Exemplare. Ein solches Ergebniß forderte natür lich zu Nachahmungen heraus; allein so lange Keil lebte, konnten dieselben sein Unternehmen nicht beeinträchtigen. Er blieb Sieger über Alle, trotzdem oft beträchtliche Fonds zusammengeschossen wurden, um den Tendenzen der Gartenlaube erst in Preußen, dann in Oesterreich die Wege zu verlegen. Allein wie alles seine Zeit hat, so hatte endlich auch Keil derselben Genüge geleistet, und nach seinem Ableben traten zwei Concurrenten auf, die sowohl quanti tativ wie qualitativ die Gartenlaube überboten. Heute wollen wir unsere Leser mit einer Concurrenz, mit Schorer's Deutschem Familienblatt, welches vor einigen Monaten seinen dritten Jahr gang angetreten hat, bekannt machen. Prüfen wir die zwei kolos salen Quartbände dieser beiden Jahrgänge aufs eingehendste und legen wir die strengste kritische Sonde an, so werden wir unter der enormen Masse von Illustrationen auch nicht eine finden, die nur als mittelgut bezeichnet werden könnte. Der Geist künstlerischen Verständnisses waltet bei der ganzen Anordnung wie bei der Aus wahl jedes, auch des kleinsten Stockes vor. In gleicher Weise ist in literarischer Beziehung vorgegangen worden; der Herausgeber kennt sein Publicum und wußte für dasselbe die ersten Kräfte zu gewinnen. Es erscheint nahezu unbegreiflich, wie die enormen Kosten für alle diese streng künstlerisch durchgeführten Illustra tionen, die hohen Honorare für die Mitarbeiter bei dem Preise von 50 Pf. für ein Heft von 8 Großquart-Bogen wieder eingebracht werden sollen; allein eben in jener Ueberbietung liegt eine Garantie des Erfolges. Der deutsche Verleger der Gegenwart kann nur mit großen Ziffern rechnen. Das Neue, was er bietet, muß alles bis jetzt Da gewesene nicht nur übertreffen, es muß auch hinsichtlich des Preises das Publicum verblüffen. Man kauft nicht allein, weil das Gebotene 594*
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