Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1861
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- 1861-07-03
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1861
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- Deutsch
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1346 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. -V? 83, 3. Juli. geliefert; was ist sein Lohn? Bei irgend einer Universitätsfcier- lichkcit wird er kaum der Ernennung zum „Ehrendoktor" entge hen! So hoch schützt man bei dem Verleger jeden kleinen gei stigen Aufschwung und lohnt mit hohen Ehren bei ihm eine un tergeordnete geistige Thätigkeit, welche einem Schriftsteller höchstens die Stelle als zweiter oder dritter Bibliothekar an einer öffentlichen Bibliothek eintragen würde, und wenn sein „Ike8su- rus bibliobrapliious" auch als mustergültig allgemein gepriesen wäre. Dem Schriftsteller wirft man vor, daß seine bibliographi sche Thatigkeit nur mechanisch sei und mehr unter die Rubrik des Buchmachens gehöre; beim Verleger dagegen, welcher den größ ten Thcil der Arbeit vielleicht seinem Eommis zuweist, ist man erstaunt, daß er ein Buch macht, und belohnt ihn öffentlich wie einen tiefen Denker und Forscher. So gering sind nach dem Urtheile der Universitäten die geistigen Ansprüche, welche man an die Verleger zu stellen berechtigt sein soll. Eine weitere Entschuldigung für die Verleger liegt in dem allgemeinen industriellen Hange unserer Zeit, welchem sie in den meisten Fällen widerstandslos und überlegungslos sich hingeben. Sie scheinen es nicht zu fühlen, daß sie sich selber erniedrigen, indem sic auf die Herrschaft des Eapitals pochen und als „Ver leger" der Bücher nicht bester noch anders handeln, als die „Ver leger" der Kunststickereien um Ranzig und Alenyon, welche Kra gen und Schnupftücher den Baucrmädchen zum Sticken anver- traucn. Ein Verleger gewöhnlichen Schlages „redigirt" seine Zeitschrift oder seine Encyklopädie um kein Jota bester und anders, als der Stickerei-Verleger in Frankreich, denn Beide haben nur den Absatz und die Kauflust des Publicums im Auge; um den geistigen Werth, die kulturhistorische Bedeutung, den Einfluß auf das Volk kümmert sich ein solcher um so weniger, als nach eigenem Eingeständniß viele Verleger den Inhalt ihres Verlags nicht kennen, weil sic denselben nicht lesen. Die Ursachen dieser wahrhaft trostlosen und höchst verderb lichen Erscheinung sind in unserm Vaterlandc besonders darin zu suchen, daß der Büchermarkt mit Produktionen überladen ist, während der Absatz verhältnißmäßig gering ist — oder richtiger: daß die Production sich steigerte, ohne daß die Absatz- mittel zunahmcn. Hier liegt für die Zukunft des deutschen Buchhandels und der deutschen Literatur eine große Gefahr! — England hat durch sein Eolportacionssystem und seine überseei schen Länder eine so große Absatzquelle, daß trotz höherer Preise für Papier und Druckerlohn die englischen Honorare an die Schriftsteller viel höher sind, als in Deutschland, und die glänzend und gediegen ausgestatteten Bücher dennoch viel billiger verkauft werden, als in Deutschland. Indem wir dieses schreiben, liegt vor uns ein englisches populär-wissenschaftliches Unterhaltungs buch von 132 Seiten groß Oktav mit 50 feinen, künstlerisch gut ausgeführten Holzschnitten und sechs Buntdrucken (jeder zu sechs Platten) geziert, welches für einen Schilling (10 Ngr.) ver kauft wird. Ein solcher Preis wäre in Deutschland nicht denkbar. In England aber ist er nur deshalb möglich, weil Production und Absatz sich gleichmäßig gesteigert haben. Selbst gegen das Altcrthum sind die gegenwärtigen Bücher preise Deutschlands noch viel zu hoch. Wenn zu des Martial Zeit in Rom das durch Ab schrist mit der Hand vervielfältigte erste Buch dieses Dichters (welches in der Zweibrücker Ausgabe 45 enggcdruckte Octavseiten füllt) gebunden nur 5 Denare (oder 1 Thlr. 2s4 Ngr.) kostete und die „kenien" (22 Octavseiten) für 4 Sestertien (6H Ngr.) verkauft wurden, so müssen wir zugeben, daß trotz der Enrwerthung des Geldes in der Gegenwart doch der heutige Preis der Bücher zu hoch ist gegenüber den Preisen des alten Roms. Der Mangel an geeigneten Vectriebsmit- teln drückt in Deutschland die Preise in die Höhe. Der deutsche Leser lernt die neuen Erscheinungen der Literatur nur zufällig kennen; der deutsche Sortimentshändler besitzt kein Mittel, sich seinem Käufer zu nähern. Der Deutsche im Auslande steht durch die ungenügende Vertretung Deutschlands nach außen in keinem Verbände mit seinem Mutterland«: und wird meistens sehr bald Abnehmer des französischen oder englischen Verlegers, welcher ihm für weniger Geld mehr Waare bietet. Durch diesen ungenügenden Absatz bei großen Produktions kosten ist aber der deutsche Verleger zu geringem Honorar an den Schriftsteller genöthigt, und dieser kann entweder nur kümmerlich vom Ertrage seiner Feder leben, was natürlich seiner Produkti vität nachtheilig ist, — oder er muß suchen, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu schreiben, ist nicht im Stande, das Einzelne gehörig geistig auszutragen und reifen zu lassen, seine Arbeit wird also zur schwächlichen Frühgeburt, und diese ungesunde Speise wird dann die geistige Nahrung der Nation. Wird durch sie das Volk sich erheben und kräftigen können? Wird auf solche Weise der Cultursortschritt gefördert? — Daß bis jetzt die deut sche Literatur so innerlich tüchtig und bedeutend geblieben ist, bildet für den Schriftstcllerstand den höchsten Ruhm und gereicht ihm zur Ehre. Aber immer kann dies Verhältniß nicht dauern, ohne daß es nachtheiligen Einfluß übt. Der einzelne Verleger vermag natürlich nur wenig dem unheilvollen Zustande zu steuern. In Leipzig versammeln sich aber alljährlich die deutschen Buchhändler als Corporation. Wes halb nehmen sie nicht diese für ihr eigenes Interesse so wichtige Frage in die Hand? Hört und sieht man bei jenen Versammlun gen von der zum klaren Einblick nöthigen Anfertigung einer Statistik des Absatzes? Versucht man eine Eröffnung neuer Ab satzw ege? (Es gäbe viele.) Erläßt man Denkschrif ten an die Regierungen, um deren Sorge mit anzuregen? Be trachtet man überhaupt in den allgemeinen Berathungen die all gemeinen Angelegenheiten auch von einem allgemeinen und erhöhten Standpunkte? Wer die Vorgänge der jüngsten Zeit, der weiß die Antwort. Mittheilung wegen Nachdruck-Verbreitung. Dem gesummten Buchhandel, vorzüglich aber den betreffen den Herren Verlegern bringen wir hiermit zur Kenntniß, daß die Pesth-Ofener Zeitung kürzlich folgendes Inserat brachte: „Heinr. Heine's sämmtliche Werke, Taschenausgabe in 21 Bänden, mit lateinischen Lettern gedruckt, sind für 25 Gulden Silber ganz neu zu bekommen durch die Expedition der Pesth- Ofener Zeitung." Auf eingezogene Erkundigungen, wie diese Expedition dazu kommt, ein solches Inserat zu erlaffen, erfahren wir, daß dasselbe im Aufträge der Paul Halm'schen Buchhandlung in Würzburg eingerückt wurde. Da nicht nur diese Annonce von Seiten einer Zeitungs- Expedition ein Eingriff in den Buchhandel, sondern die annon- cirte Ausgabe jedenfalls ein Amsterdamer oder amerikanischer Nachdruck ist, so haben wir bei der betreffenden Expedition Verwahrung gegen den Verkauf dieser angezeigten Werke einge legt, mit dem Bemerken, daß wir im entgegengesetzten Falle den Schutz der Gesetze in Anspruch nehmen werden. Jedenfalls wird diese Nachdruck - Ausgabe von Heine's Werken im Aufträge der genannten Firma auch andern Orts mit Umgehung des Buchhandels angekündigt, und wollen wir daher nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen. Pesth, 18. Juni 1861. F. Eggenberger. H.Geibel. G. Kilian. C. A.Hartlcben. R. Lampel. Lauster ck Slolp. C. Osterlamm. M. Rrith.
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