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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.08.1887
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- 1887-08-17
- Erscheinungsdatum
- 17.08.1887
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406S Nichtamtlicher Teil. H 18S, 17. August 1887. Auf Begehren des Anklägers wandte sich das Gericht an das k. daher. Landgericht München, dessen I. Staatsanwalt eine unvollständige Mitteilung über den Stand der bayerischen Gesetzgebung in der Re- ciprocitatsfrage sandte, und an das k. k. Justizministerium, welches mit dem Erlasse vom 20. Februar 1886 es dem Gerichte überließ, die Frage zu entscheiden. Daraufhin stellte die Ratskammer des Straf gerichtes Prag die Voruntersuchung neuerlich ein, indem sie die Re- ciprocität als nicht erwiesen erklärte, welcher Beschluß aber vom Ober landesgericht auf die Beschwerde von 1)r. Jaques wieder aufgehoben wurde. Nach neuerlichem Einspruch Vilimeks wies das Oberlandcs- gcricht am 29. April 1886 die Anklage abermals vorläufig zur weiteren Aufklärung der Reciprocitätsfrage zurück. Abermals wandte sich nun aus klägerisches Begehren das Straf gericht Prag an das k. k. Justizministerium, dessen Erlaß vom 12. Juni 1886 endlich die Ratskammer des Landgerichtes Prag zu dem Be schlüsse veranlaßte, daß im Hinblick auf Z 38 des kaiserlichen Patents vom 19. Oktober 1846 Z 62 des Gesetzes für den Norddeutschen Bund vom 11. Juni 1870 und Z 21 des deutschen Reichsgesetzes vom 9. Ja nuar 1876 der Bestand der Reciprocität anerkannt wurde. Nachdem die hiergegen gerichtete Beschwerde des Angeklagten, wie der zum dritten Male erhobene Einspruch Vilimeks vom Oberlandesgerichte zuruckgewiesen worden war, wurde die Hauptverhandlung auf den 9. Dezember 1886 ungeordnet, eines Zwischenfalls wegen aber erst am 4. Februar 1887 durchgeführt. Die Verhandlung schloß mit einem Erkenntnis, welches den objektiven und subjektiven Thalbestand des Deliktes wissentlichen Handelsbetriebes mit den Erzeugnissen unbefugter Nachbildung seststellte, nichtsdestoweniger aber den Angeklagten im Grunde des ß 530 des Strafgesetzes freisprach, indem das Gericht an nahm, daß, da der letzte Verkaufsakt Anfang August 1885 stattgefnnden hatte und die Anklage auf Vilimeks Sohn erst am 16. Oktober 1885 ausgedehnt worden war, die Frist von sechs Wochen, innerhalb deren der Verletzte Klage zu sühren berechtigt ist, verstrichen, und daher die sogenannte subjektive Verjährung eingetreten sei. Or. Jaques erhob gegen dieses Urteil die Nichtigkeitsbeschwerde. Der Kassationsverhandlung präsidierte Ritter von Schmerling, als Referent fungierte Hofrat Aull, und die Generalprokuratur war, was seit dem Bestände der neuen Strafprozeßordnung vielleicht zum ersten oder zum zweiten male geschehen ist, trotzdem daß es sich um eine Privatanklage handelte, vertreten, und zwar durch den Generaladvokaten Herrn Hofrat Schrott. Nach dem eingehenden Referate legte Oe. Jaques die Gründe dar, weshalb jeder Versuch, seine Bevoll mächtigung zu bekämpfen, gegenstandslos sei, und wies dann daraus hin, daß das erstgerichtliche Urteil deshalb kassiert werden müsse, weil in demselben der Erlaß der Strafverfolgung, d. i. die sogenannte sub jektive Verjährung, mit der Verjährung der strafbaren Handlung ver wechselt worden sei. Bei der elfteren komme es gar nicht darauf an, daß man den Thäter kenne, den mau in vielen Fällen zur Zeit der Klageerhebung zu kennen ganz außer staude sei. Das Gesetz verlange nur, daß innerhalb sechs Wochen überhaupt Klage erhoben worden sei, und dasselbe habe der oberste Gerichtshof in einer seiner jüngsten Ent scheidungen klar ausgesprochen. Ebenso sei es evident, daß von jedem neuen Verkaufsakte in Betreff der strafbaren Nachbildungen eine neue Verjährungsfrist laufe, daß seiner niemals behauptet werden könnte, der Verkauf von strafbaren Nachbildungen sei nur dann strafrechtlich zu ahnden, wenn auch der Nachdruck selbst noch als strafbar angesehen werden müsse, welche Auffassung direkt gegen Z 467 des Strafgesetzes verstoße. Der Verteidiger Or. Aurednicek wandt sich gegen diese Ausfüh rungen und hob dann hervor, daß die Gegenseitigkeit des Rechtsschutzes österreichischer Produkte in Deutschland, bezw. in Bayern, nicht nach gewiesen sei; endlich aber, daß, selbst wenn dies der Fall wäre, dem Angeklagten ein entschuldbarer Irrtum zu gute komme, indem er die Strafbarkeit seines Vorgehens um so weniger einzusehen im stände gewesen sei, als ja selbst die Gerichtshöfe, wie das Untersuchungsgericht und das Oberlandesgericht in Prag in dieser Beziehung in Zweifel gewesen wären. Vor allem sei aber aus den »Fliegenden Blättern« niemals der im tz 10 des Patents vom Jahre 1846 geforderte Vor behalt enthalten gewesen, daß niemand anderes die Zeichnungen ver vielfältigen dürfe, und ohne diesen Vorbehalt erscheine kein Geisteswerk gegen Nachdruck geschützt. Hierauf entgegnete Or. Jaques zunächst in betreff des Vorbehalts, unter Verweisung auf eine Entscheidung des Kaffationshoses vom 26. Mai 1882, daß von der Notwendigkeit desselben nur dort die Rede sein könne, wo das Kunstwerk selbst nicht schon in vervielfältigter Form veröffentlicht werde. Sei mit der ersten Veröffentlichung schon die Vervielfältigung verbunden, so wäre es sinnlos, zu fordern, daß der Vorbehalt der Vervielfältigung ausgesprochen werden müsse. Was die Reciprocität anbclangte, so wies Or. Jacques darauf hin, daß der 8 62 des deutschen Gesetzes vom Jahre 1870, ß 21 deutschen Gesetzes vom Jahre 1876 und Z 38 und 39 des österreichischen Patents vom Jahre 1846 darin übereinstimmen, daß der eine Staat dann schütze, wenn der andere schütze, daß also die Rechtspflege jedes Staates es in der Hand habe, sich den Schutz des anderen dadurch zu sichern, daß sie selbst den Geisteswerken des anderen Staates den gesetzlichen Schutz zuerkennt. Dasselbe sei durch zahlreiche Entscheidungen über die Exeku tion der Urteile in Civilsacheu vom obersten Gerichtshöfe ausgesprochen, auf welche Redner des näheren verwies. Endlich aber könne nicht davon gesprochen werden, daß dem Angeklagten der Entschuldigungs grund thatsächlichen Irrtums über die Strafbarkeit zu gute komme, indem es sich vielmehr hier um einen nicht entschuldbaren Rechtsirrtum handle. Nach Z 233 des Strafgesetzes sei jeder, der ein litterarisches oder artistisches Gewerbe betreibe, verpflichtet, die sich daraus beziehen den Gesetze zu kennen. Und wenn nun das österreichische Gesetz direkt auf die Bestimmungen des ausländischen verweise, so sei es auch Pflicht, sich um den Inhalt dieser Bestimmungen zu kümmern. Im Zweifel aber müsse der Satz gelten: in clndio abstrus. Würde der oberste Gerichtshof die Nichtigkeitsbeschwerde verwerfen, so würden nicht bloß die deutschen litterarischen und künstlerischen Produkte in Österreich gegen Nachdruck und Nachbildung schutzlos sein, sondern auch die öster reichischen in Deutschland, womit eine schwere Gefahr für das Geistes leben in beiden Staaten verbunden sein würde. Nachdem der Verteidiger des Angeklagten hieraus umständlich ent gegnet halte, ergriff Generaladvokat Hosrat Schrott das Wort, um zu nächst auszuführen, daß die früher bestandenen Bundesbeschlüsse im Sinne des H 38 des Patents vom Jahre 1846 in Wirksamkeit geblieben seien, so daß es sich nicht um Anwendung ausländischen Rechtes, son dern um Anwendung des österreichischen Gesetzes handle. Redner hob dann weiter in'lichtvoller Ausführung hervor, daß er sich in bezug aus die Frage der Bevollmächtigung, der Verjährung, der Reciprocität und des Rechtsirrtums den Ausführungen des klägerischen Vertreters voll ständig anschließen müsse. Nach einslündiger Beratung verkündete Präsident Ritter v. Schmer ling das Urteil: der Nichtigkeitsbeschwerde werde stattgegeben, Vilimek zu einer Geldstrafe von hundert Gulden, zum Ver fall der konfiszierten Exemplare des Kalenders und des »Zabavnik« und endlich zur Zahlung der Gerichtskoste» verurteilt. Gründe: Die Frage, welches Gesetz im vorliegenden Falle Anwendung zu finden habe, beeinflußt in erster Reihe die Lösung der weiteren Streitpunkte. Diese Frage ist, insoweit litterarische und artistische Erzeug nisse, welche im ehemaligen Deutschen Bundesgebiete erschienen sind, in Betracht kommen, dahin zu lösen, daß das kaiserl. Patent vom 1l>. Oktober 1846, Nr. 992 I. G. S., ohne an die Voraussetzung der Reciprocität gebunden zu sein, und insbesondere ß 38 des cit. Patentes, Anwendung finde,, weil dieses Gesetz, inwieweit dasselbe durch Z 467 Str.-G. nicht derogiert worden ist, für die im ober wähnten Gebiete, — zu welchem Bayern, innerhalb dessen Grenzen die Münchener Wochenschrift »Fliegende Blätter« herausgegeben wird, gehört—Erscheinenden litterarischen und artistischen Erzeugnisse noch heute, als ein gehörig kundgemachtes Gesetz geltendes, die Gerichte nach Artikel 7 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, Nr. 144 R.-G.-Bl. bindendes Recht ist, dessen Geltung, unter der vorliegend nicht angefochtenen Voraussetzung der Er füllung der im Bundesstaate, in welchem das Original erschienen ist, gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen und Förmlichkeiten, (H 3 des cit. kaiserl. Patentes), durch die Auflösung des Deutschen Bundes deshalb nicht behoben wurde, weil nach Artikel XIII des Prager Friedensvertrages vom 23. August 1866, Nr. 103 R.-G.-Bl. alle früher zwischen Österreich und den Bundesstaaten bestandenen Verträge insofern restituiert wurden, als sie nicht ihrer Natur nach durch die geänderten Verhältnisse ihre Wirkung verlieren mußten. Während nun die österreichische Staatsverwaltung dort, wo die Auflösung des Bundesverhältnisses die Aufhebung der bestandenen Verträge zu Folge hatte, dies ausdrücklich erklärte (Just.-Min.- Erlaß vom 7. Oktober 1870, Z. 14158), erfolgte eine derartige Erklärung bezüglich der Verträge zum Schutze des litterarischen und artistischen Eigentums nicht. Die dem Urteile zu Grunde gelegte, von der Nichtigkeits beschwerde aus dem Gesichtspunkte der Z. 9 lit. b des tz 281 Str.-P.-O. angefochtene Rcchtsanschauung, der Privatkläger habe, durch Nichteinhaltung der ihm vom Gesetze zur Überreichung des Strafantrages eingeräumten Frist von sechs Wochen, das Klagerecht verwirkt, muß nach dem klaren Wortlaute des tz 530 Str.-G., wo nach der Ablauf von sechs Wochen nach erlangter Kenntnis von der strafbaren Handlung das Klagerecht Präkludiert, wenn der Privat-
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