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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.08.1861
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1861-08-21
- Erscheinungsdatum
- 21.08.1861
- Sprache
- Deutsch
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104, 21. August. 1747 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Cicero'L, Lucan's, Martial's und Anderer, laut ausdrücklicher Meldung so einträgliche Geschäfte machten, und daß ihr Nutzen bei der Herausgabe mancher Artikel sogar auf mehr als hundert Procent sich belief. Halten wir damit die schon früher gewonne nen Beweise für die Größe der Auflagen zusammen, namentlich die Angaben über die Denkschrift des Regulus und über die Cor- rectur der Ligarischcn Rede, so erscheint unser Ergebniß nicht minder als eine ausgemachte Thatsachc, wie als eine in der Natur der Sache begründetcNothwcndigkeit. DerentgegcnstehcndenAn nahme einer allmählichen Vervielfältigung und eines allmählichen Umsatzes geht nicht nur der unmittelbare Beweis und die Wahr scheinlichkeit ab, sondern sic wird überdies durch die angeführten Thalsachen geradezu widerlegt. Freilich wären die Verleger jedem Risiko entgangen, wenn sie stets nur wenige Exemplare vorräthig gehalten hätten; aber daß sie diesem eben nicht entgingen, sich vielmehr ihm freiwillig aussctzten, dies beweisen jene Lagervor- cäthe, die als Ausschuß und als Maculatur oder als Speise der Motten endeten. Wie waren nun aber jene großen Auflagen mit möglichster Zeit- und Geldersparniß zu bewerkstelligen? Denn wer wollte leugnen, daß die Buchhändler des Gewinnes halber darauf sinnen mußten, in beiden Rücksichten die Vervielfältigung zu erleichtern und zu vereinfachen. Es ist wahr, schreiben geht langsamer, als drucken; aber der Schluß, daß darum die Vervielfältigung eines Werkes durch die Schrift langsamer gehen müsse, als durch den Druck, ist an sich falsch. Man hat dabei das Verfahren der neuern Zeit und des Mittelalters im Sinne, wonach die Schrift immer nur mittelst Abschrift, d. h. durch einen einzigen Schrei ber vervielfältigt wird. Das buchhändlerische Princip des Alter thums war aber in allen wesentlichen Fällen nothwendig ein anderes, die Vervielfältigung beruhte sicher auf dem gleich zeitigen Dictat an eine Mehrheit von Schreibern. Je mehr Anlagekapital ein Buchhändler besaß, eine desto größere Anzahl von Arbeitern konnte er gleichzeitig in Thätigkeit sehen, und eben hierin bestand der größere Vortheil, zumal wenn cs Sclaven waren, die nur Unterhalt und Anleitung kosteten. Aber auch unter den Freien und Freigelassenen war bei der mehr und mehr überhandnehmenden Nahrungslosigkeit der Andrang zu den Schrcibergeschäften sicher so groß, daß für einen geringen Ar beitslohn Hände genug zu Gebote standen. Die Anleitung in den Ofsicincn der Buchhändler bedingte einen stufenmäßigcn Lehrgang, der die Lehrlinge zu einem schönen, correcten und schnellen Schreiben befähigen sollte. Hatte nun ein Verleger bei spielsweise über 100 Schreiber zu verfügen, was für die oben genannten drei berühmten Firmen gewiß kein zu großer Maßstab ist, und rechnet man 10 tägliche Arbeitsstunden, so konnte mit telst Diktates von einer Schrift, die, wie Martial von seinem zweiten Buche sagt, dem Schreiber eine Stunde kostete, inner halb eines einzigen Tages eine Auflage von 1000 Exemplaren bewerkstelligt werden. . Der Vorthcil der Presse wächst allerdings in dem Maße, als die Summe der erforderlichen Exemplare die der Schreiber über steigt. Man sicht aber leicht ein, daß, wenn die Auflage eines Artikels nicht größer zu sein brauchte, als die Zahl der Schreiber, sie auf jenem Wege in entschieden kürzerer Zeit zu beschaffen war, als heute mittelst Satz und Druck, da cs fcststcht, daß ein bestimmtes Quantum Text rascher geschrieben, als gesetzt ist. Zumal im Alterthum, wo die Fertigkeit der Büchcrcopisten so weit gediehen war, daß sic anerkanntcrweisc zugleich mit der außerordentlichsten Schnelligkeit und doch mit der höchsten Ele ganz schrieben. Hierzu kommt, daß, wo es mehr noch auf Eile als auf Schönheit ankam, der Gebrauch stenographischer Abkürzungen allgemein üblich war. Wer hätte nicht von den Tironischen Noten gehört, die durch Cicero's Freigelassenen Tiro in derselben Zeit erfunden wurden, wo durch Atticus die Vervielfältigung der Schriftwerke einen so mächtigen Aufschwung gewann. Daß der Buchhandel jede neue Erfindung der Art, welche den Betrieb des Geschäfts zu erleichtern vermochte, auszubeuten beflissen war, kann nicht bezweifelt werden. In den alten Handschriften liegt ja der Gebrauch der Abkürzungen, der sich auf die späteren christ lichen Jahrhunderte verpflanzte, noch heut in ziemlich ausge dehnter Weise vor Augen. Aber auch an bestimmten Ucbcrliefe- rungcn gebricht es nicht. Es wird uns ausdrücklich gemeldet, daß, wie die Vorleser in der richtigen Auflösung, so die Büchcrcopisten in der sachkundigen Anwendung stenographischer Noten oder ab kürzender Zeichen förmlich unterrichtet und eingeübt wurden; daß der Zweck dabei eben der war, die Abschriften mit möglichster Eile zu Stande zu bringen, indem die Anwendung ausführli cher Wertformen nur als ein Erforderniß der Prachtexemplare galt. Es kann daher keineswegs so übertrieben erscheinen, wenn Martial von seinem zweiten Buche sagt, der Schreiber mache es in einer Stunde durch. Man mag das für eine runde Summe nehmen, die in Wirklichkeit selbst um die Hälfte überschritten worden sein kann; aber nimmer wird man sagen dürfen, daß eine Stunde für zwei oder gar für drei gesetzt sei. Freilich enthalten die 93 Epigramme dieses Buchs 540 Verse nebst den Ueberschriften, und es würden demnach bei der Annahme einer Stunde 9, bei anderthalb Stunden 6 Verse auf die Minute kom men. Dies Ergebniß ist durchaus nicht unmöglich; aber es be weist auch seinerseits den hohen Grad der Entwicklung, den die Schncllschrcibekunst im Alterthum erreichte, und erhärtet zu gleich die Anwendung der Methode des Diktates, welche im Ver- hältniß zu der des einfachen Abschreibcns allerdings eine beträcht liche Zcitersparniß gewährte. Freilich wird die Anwendung die ses Verfahrens, wie ja so vieles Andere, uns nicht ausdrücklich be zeugt, weil sich dazu kein unmittelbarer Anlaß bot, aber sic er hellt aus desto zahlreicheren mittelbaren Andeutungen auf dem Wege* der Induktion. Und wie hätte auch die buchhändlerische Spekulation sich die Vortheilc entgehen lassen dürfen, welche mit einem dergestalt beschleunigten Betriebe verknüpft waren! wie die Analogien übersehen können, ^welche überall das Leben und die Erfahrung, die Geschichte und die nächste Vergangenheit des Staates darboten! Oder war cs nicht mit jener Methode ver gleichbar, wenn in den öffentlichen Versammlungen des Volkes und des Senates eine Mehrzahl vonSchncllschrcibern die münd lichen Reden und Verhandlungen gleichzeitig nachschrieb? oder wenn Julius Cäsar vier und sogar sieben Schreibern zu gleicher Zeit Briefe, freilich verschiedenen Inhalts, der Lehrer in der Classe aber hundert Schülern zugleich dasselbe Uebungsstück diclirte? Und ist es denkbar, daß die Senatsprotokolle, welche Cicero bei Gelegenheit der Catilinarischen Verschwörung durch die sämmt- lichen ihm als Consul verfügbaren Schreiber vervielfältigen und dergestalt in Italien und den Provinzen verbreiten ließ, daß er versichert, es sei kein Ort auf der Welt, soweit der Name dcS rö mischen Volkes reiche, wohin nicht eine Abschrift derselben ge langt sei — ist es denkbar, daß diese Unmassen von Exemplaren anders als auf dem Wege des Diktates entstanden seien? Und somit offenbart sich denn auch hier wieder, wenn wir die Verbreitung derKenntniß und den UmfangderWirkungen litera rischer Geisteserzcugnisse schätzen wollen, ein eigcnthümlicherVor zug des Altcrthums vor der Gegenwart. Denn während heute das Werk eines Schriftstellers, bevor cs in dieOeffentlichkcit tritt,'
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