für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. , H e r a u s g e g e b e n v o n d e n Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^§101. Dienstags, den 20. November 1838. Ueber Generalbürgschaften. Ein neuerer, uns Allen bekannter Vorfall hat die Aufmerksamkeit auf die Bürgsch aften gelenkt, womit zuweilen altere Etablissements neuentstehcnden eine kostbare Mitgift geben. Eine solche Bürgschaft, die gewöhnlich einem gedruckten Eirculair angehängt wird, kein geschriebe nes Wort enthält und in ganz allgemeinen Ausdrücken zu lauten pflegt: „Ich NN. verbürge mich auf so und so lange für NN.," soll die Wirkung haben, die Summe des Credits, den Jemand genießt, auf einen Dritten zu übertragen, — ohne daß der Credit des Garanten geschmälert wird. Der Garantiere wird da durch in Stand gesetzt, ungehemmt vom Mangel an Credit, seine Thätigkeit mit aller Energie, welche seine Persönlichkeit und die Umstände erlauben, entfalten und aller der Vorthcile sich erfreuen zu können, die ein Andrer genießt, der seinem Credit durch Anstrengungen und nach haltige Solidität einen Unterbau gegeben hat. Eine Ge- neralbürgschast hat ferner das Eigenthümliche, daß Jeder, der sich zum Buchhandel zählt (und warum nicht auch jeder Andere, der irgendwie Gläubiger des Verbürgten wird!), sich durch sie geschützt glaubt, sobald er von ihrer Existenz weiß, wenn auch kein Exemplar des Circulairs, dem sie beigefügt ist, in seinem Besitze ist oder jemals war, sei es, daß er auf besten Aufbewahrung keinen Werth legte, sei es, daß er zur Zeit der Ausgabe des Circulairs noch gar nicht als Creditirfähiger existirte, oder daß zufällig oder vorbedächt- lich kein Exemplar an ihn adrestirt wurde. Man müßte sich wundern, daß bei den großen Vortheilen, welche solche Garantien den Garantirten gewähren, dieselben nicht häu figer Vorkommen, als cs der Fall ist, wenn nicht die Nachtheile, welche sic über den großmüthigen Garanten 5r Jahrgang. zusammcnziehen können, so augenfällig und durch kein Motiv, welcher Art cs auch sei, aufwicgbar wären, daß schon Mancher, der entschlossen war, der Freundschaft ein namhaftes Opfer zu bringen, doch vor der Wagniß zurück gebebt sein mag, seinen Schatten wegzuborgen. Außer dem Buchhandel ist mir kein Geschäft bekannt, in welchem solche Generalgarantieen Statt finden. Man hört wohl hin und wieder, daß Dieser oder Jener sich für einen Drit ten verbürgt hat, allein dann war die Sum me, welche garantict wird, ausdrücklich genannt, ein rechtskräftiges Instrument wurde darüber aufgesetzt, es blieb auch nicht der leiseste Zweifel übrig, daß der Verbürgende, im Falle der Verbürgte seinen Verpflichtungen nicht nachkäme, sich als zahlenden Schuldner betrachten müsse. Daß sich Je mand für alle und jede Schulden verbürgte, die ein Andrer in einem gewissen Zeitraum im Stande ist zu contrahiren, dürfte schwerlich in einer andern Geschäftsbranche Vorkom men. Ich will Denjenigen, welche einen Vorzug des Buch handels darin erblicken, daß das Wort Verlrauen für ihn einen weitern Sinn hat, als für andre Geschäftsarten, nicht widersprechen. Das buchhändlerischr Vertrauen äußert sich nicht blos in dieser Beziehung naiv. Es gestattet analog, daß man bei dem Börsengeschäft Jedermann, der einen Saldo verlangt, ohne daß er sich zu legitimiren hätte, denselben — ohne Gefahr — in die Hand drücken kann, daß über Summen jedes Belaufs, ohne alle Rücksicht auf die im Handel übliche Weise, Quittungen gegeben und genommen werden, daß es sogar Handlungen gibt, die es mit der Würde des Buchhandels unverträglich halten, sich über Zahlungen, die sie machen, quittiren zu lassen u. s. w. So lange kein vorsätzlicher Mißbrauch Statt findet, läßt sich wider diese und ähnliche Methoden nur erinnern, daß das 182