für Deutschen Buchhandel unv für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegebcn von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^ 84. Dienstags, den 14. Juli 184V. Die Jubelfeier der Buchdruckerkunst in Leipzig. (Fortsetzung.) Um 10 Uhr begann die Universität eine akademische Feier. Hr. KI. Hasse, Professor der historischen Hülsswisscnschaften, hatte durch ein Programm, worin die Geschichte der Buch druckerkunst in Leipzig, vorzugsweise während ihres vierten Jahrhunderts dargestellt ist, dazu eingeladcn. Hr. Eomthurvr. Hermann beantwortete in seiner klassischen lateinischen Festrede die Fragen: Was, von wem, und mit welcher Hoffnung oder Furcht das Jubiläum der Erfindung der Buchdruckeckunst ge feiert werde. Die Buchdruckcrkunst scheine durch den Rath der Vorsehung erst kurz vor der Eroberung von Konstantino- pel durch die Türken erfunden zu sein, in deren Folge viele nach Italien ausgewandertc Griechen zur Wiedererweckung wissen schaftlicher Eultur beitrugen, und bald darauf die Reformation cintrat, also zu der Zeit, wo durch beides eine höchstwichtige Veränderung aller Verhältnisse hcrvorgebracht wurde. Doch gebühre noch ein höherer Werth der Schreibekunst, deren Er finder unbekannt und ungeehrt sei, einer Kunst, die cs möglich gemacht habe,den Tönen Gestalt zu geben, und durch die Au gen, was aus dem Munde ging, auch Entfernten, auch der späten Nachwelt vernehmlich zu machen. Jedermann nehme Antheil an der Feier außer Denen, welche die Menschen ent weder in Gewissenszwang oder in Stumpfheit erhalten möchten, um sie ganz in ihrer Gewalt zu haben. Alle Andere freuen sich der Erfindung, obwohl aus sehr verschiedenen Ursachen; unwürdig der Theilnahme, obwohl sehr erfreut, seien die Schrift steller, die durch frömmelnde Tractätchen, sittenlose Erzählun gen, aufwiegelndc Schriften Schaden stiften. Am meisten haben sich die Buchhändler und Buchdrucker zu freuen, da sic jetzt nicht sowohl den Wissenschaften dienen, als sie beherrschen, und der Buchhandel zu einem für den ganzen Staat, besonders auch für unsere Stadt so höchst wichtigen Glanze gelangt ist, daß ihm die größte Sorgfalt und Pflege gewidmet werden muß. 7r Jahrgang. Alle Arten von Kenntnissen und Wissenschaften breiten sich durch den Fleiß, der auf sic verwendet wird, so aus, daß die Masse der Bücher sich unendlich vermehrt und die Schwierig keit, diese Bücher alle zu drucken und zu verbreiten, mit großen Kosten und vieler Gefahr verbunden ist. Stiege in gleichem Verhältnisse mit den Mitteln der Bildung auch die Möglich keit , sich dieser Mittel zu bedienen, so wäre nichts zu fürch ten. Aber der Geist der Zeit, blvs auf den nächsten Gewinn bedacht, bewirke eine eben so große Kargheit in Beziehung auf die Bildungsmittel als Freigebigkeit für Dinge, die höher als die Wissenschaften geschätzt werden. Daher werde für Die, welche die Bildung befördern sollen, so sparsam gesorgt, daß vielmehr ihre Einkünfte beschränkt und beschnitten werden. Dies wirke zurück auf den Buchhandel, der nur durch Absatz blühen könne. Wenn die Gelehrten oft nur auf ihre Erhal tung bedacht sein müssen, werden sic von ernsten Studien ab gehalten, und seien gcnöthigt, sich zu vernachlässigen. So sei eine Unzahl seichter Schriftsteller entstanden, deren Schriften keinen Nutzen und dem Buchhandel Schaden bringen. Hier zu komme die Verkäuflichkeit der Recenscnten, so daß auch das verdächtige Lob kein Anreizungsmittel zum Ankäufe sei. Bei- wcitem am meisten Gefahr aber bringen drei Uebel: die Frech heit mancher Schriftsteller, das unbcdachtsame Verlangen nach Preßfreiheit und die große Furcht der Machthaber. Eine Un zahl von nicht gründlichen, aber mit Talent versehenen jungen Leuten, denen weder Religion, noch Fürsten, noch Adel etwas gelte, schreiben Bücher, die mehr oder weniger versteckt auf Um stürzung der bestehenden Verhältnisse zielen. Werden diese ge zügelt, so schreie man, die Presse müsse frei sein, ohne zu be denken, daß wenn man auch ein Verbrechen nicht eher, als es begangen sei, strafen dürfe, doch die Presse die Möglich keit eines dreifachen Verbrechens enthalte: des Schriftstellers, indem er sein Buck zu drucken gicbt, des Verlegers oder Dru ckers, indem er cs druckt, und des Staates, indem er, wissend, daß etwas Unrechtes geschehe, es geschehen läßt. Deshalb seien 114