für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. H e r ci u s g e g e b e n von dcn Depntirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börscnvcrcins. 4. Freitags, den 13. Januar 1843. Ueber den Königl. Sachs. Gesetzentwurf die Befreiung der über 20 Bogen im Druck starken Schriften von der Censur betr. So freudig der vor Kurzem an die Kammern gebrachte Entwurf eines Gesetzes über den Schutz der Rechte an lite rarischen Erzeugnissen, insbesondere von dem buchhändleri- schen Standpunkte aus begrüßt werden konnte, eben so schmerzlich ist die Erscheinung des bei der 2. Kammer am 8. Decbr. v. I. eingegangenen Gesetzentwurfes, den wir in der Uebcrschrift bezeichnet haben: und zwar nicht blos schmerz lich für den, der die buchhändlerischcn Interessen allein in's Auge faßt, sondern schmerzlich für jeden Freund der Litera tur, des Rechts und der konstitutionellen Freiheit. Das Princip dieses Gesetzes gefährdet nach unserer Ucberzeugung die Interessen der Literatur und des mit derselben aufs engste verbundenen Buchhandels in hohem Grade; es tritt der Ent wickelung der auf gesetzlichen Prämissen beruhenden Rechts verhältnisse entgegen, und hält die organische Fortbildung der constitutionellcn Rechte wesentlich auf. — Da wir uns sonach mit dem Principe des Gesetzentwurfes nicht einver standen erklären müssen, können wir die nachfolgenden Be merkungen , in denen die Gründe hierzu entwickelt werden sollen, nicht an einzelne Paragraphen des Entwurfes an knüpfen, sondern werden dieselben in anderer Weise darlegen. 1. Das Verhältnis; des Entwurfes zu dem bisherigen Rechte. Der Inhalt des neuen Entwurfes reducirt sich, wenn wir von den an Uebertcctung einzelner Vorschriften geknüpften Strafbestimmungen zur Zeit absehen, im Wesentlichen dar auf: daß Schriften, welche über 20 Bogen im Drucke stark sind, zwar der Censur nicht mehr unterworfen sein sollen, daß aber von solchen Schriften vor deren Ausgabe und Ver sendung ein Exemplar bei dem Censurcollegium einzureichcn ist, und erst nach Ablauf von 24 Stunden, von Zeit des Eingangs bei dem Censurcollegium, die Schrift ausgegeben werden darf; daß ferner alle dermalen geltenden Bestim-s 10r Jahrgang. mungen über die Beaufsichtignng der Presse, über die des halb geordneten Polizeistcafen und über die Bestrafung der in und durch Druckschriften verübten Verbrechen auch auf Schriften der genannten Art Anwendung leiden; und daß endlich für censurfceie Schriften, deren Consiscation verfügt wird, eine Entschädigung aus der Staatskasse nicht gefordert werden kann. Bisher unterlagen auch die bezcichneten Schriften, gleich denen unter 20 Druckbogen, der Censur und es konnte in Betreff ihrer, wie hinsichtlich aller andern, die Consiscation auch nach ertheilter Censur erfolgen: in dem Falle der Con- siscation aber wurde eine durch Verordnung vom 13. Oct. 1836 festgestellte Entschädigung geleistet. Es erhellt auf dcn ersten Anblick, daß sonach durch den Entwurf eine reelle Erleichterung des früheren drückenden Verhältnisses nicht gewährt, vielmehr die Lage des Buch händlers direct, die des Schriftstellers indirect verschlimmert wird. Denn während nach dem früheren Rechte die Hand habung der Preßpolizei in die Hände zweier Behörden, des Censors und des Censurcollegiums gelegt war, wird sie zwar jetzt in der einer einzigen concentrirt; allein der Vorthcil, der hieraus hcrvorzugehcn scheint, daß nämlich dadurch die Ueber- wachung selbst gemildert würde, ist nur ein scheinbarer, da das Bestehenblciben aller früheren Bestimmungen überPrcß- polizei im klebrigen ausdrücklich ausgesprochen ist, mithin in der That die Function des Censors auf das Censurcolle- gium mit übertragen wird. Es ist dieß also nichts als eine for melle Veränderung, bei der höchstens die Ersparniß der Een- surgebührcn in Anschlag gebracht werden könnte. Bis hierher wäre keine Erleichterung, kein Fortschritt fühl bar, sondern höchstens eine Gleichheit zwischen dem alten und neuen Rechtsprincip neben einer an sich unwesentlichen Form änderung. Und selbst diese Formänderung kann insofern eher als eine Erschwerung betrachtet werden, als der Ver fasser oder Verleger einer censirten Schrift — von dem Ent schädigungspunkte ganz abgesehen — ruhiger der Entschei- 6