Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1878
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1878-07-03
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1878
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18780703
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187807034
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18780703
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1878
- Monat1878-07
- Tag1878-07-03
- Monat1878-07
- Jahr1878
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Irischeint Nutzer Sonntag« täglich. — Bi« srüh s Uhr eingehende Anzeigen kommen in der nächsten Nummer zur Ausnahme. Börsenblatt für den Beiträge sür da» Börsenblatt sind an dis Redaction — Anzeigen aber an die Expedition derselben zu senden. Deutschen Buchhandel und die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Eigcnthum des BörseuvcreinS der Deutschen Buchhändler. ^7 152. Leipzig, Mittwoch den 3. Juli. 1878. Nichtamtlicher Theil. A. F. Butsch's Bücherornamcnte. (Schluß aus Nr. 150.) Sieht man sich freilich die Leistungen der modernen deutschen Buchverzierung genauer an, so hat die Freude sehr bald ein Ende. Was einem diese Freude vor allem gründlich verderben kann, das ist die Maßlosigkeit, mit der die Bücherverzierungen neuerdings verwendet werden. Es sind in den letzten Jahren Bücher auf den Markt gebracht worden, bei denen man factisch nicht mehr weiß, ob die typographischen Verzierungen des Textes wegen da sind, oder umgekehrt. Sind es Gedichte, so steht womöglich auf jeder Seite oben eine Leiste, links darunter ein Initial, unten am Fuße eine Vignette, und diese drei Dinge nehmen fast mehr Platz ein, als die paar Strophen, die dazwischen geklemmt sind. Ist das nicht, als ob Jemand eine Speise zur Hälfte aus Brot, zur Hälfte aus Gewürz bereiten wollte? Von welcher vornehmen Einfachheit erscheinen gegenüber solcher plumpen Ueberladung die schönen Drucke aus der Re- Naissancezeit! Ueberall herrscht dort das feinste Gefühl für das Maß, und anstatt daß man jemals etwas wegwünschte, möchte man eher über allzugroße Sparsamkeit klagen. Nimmermehr hätte ein Drucker des 15. Jahrhunderts die Tollheit begangen, in einer Sammlung von Gedichten jedes einzelne Gedichtchen mit einem Zierbuchstaben zu beginnen und, wenn es sich über zwei bis drei Seiten erstreckt, auch allemal noch Kopf- und Schlußstücke hinzu zufügen. Wenn bei dieser Maßlosigkeit nur wenigstens noch eine gewisse Einheit des Stiles herrschte; schlimmer aber noch als die über triebene Masse ist das sinnlose Durcheinander aller Gattungen von Stil und Technik, die dabei verwendet werden. Ich will nicht da von reden, daß neuerdings eine berühmte Musikalienhandlung um ihre neue „Volksausgabe" Umschläge hat Herstellen lassen, welche üppig barocke Einfassungen in derber Holzschnittmanier zeigen. Wenn man solche Umschläge aufschlägt, so erwartet man natürlich, daß das Titelblatt darunter in schönen Schwabachern gesetzt ist, die Noten selbst aber in Typensatz hergestellt sind; das würde zu sammenstimmen. Statt dessen lachen einem beim Aufschlagen gute alte Bekannte, die gestochenen Titelblätter aus den 50er und 60er Jahren entgegen, und dahinter die nicht minder bekannten alten gestochenen Platten. Das ist sehr komisch, aber wir wollen an eine so interimistische und vergängliche Hülle, wie sie der Papierumschlag bildet, keine allzustrengen Anforderungen stellen. Wir haben aber in den letzten Jahren auch Bücher erlebt, die geradezu Haar sträubendes in der Stilmengerei geleistet haben. Aegyptisch, Grie chisch, Pompejanisch, Byzantinisch, Romanisch, Gothisch, Renaissance, Barock, Rococo, Zopf, Neogrec, Stile, die gar keine Stile sind, Fünfundvierztgster Jahrgang. sondern Ausgeburten crassester Phantasielosigkeit — das alles wird in tollem Kunterbunt in ein und demselben Werke durch ein ander geworfen. Dazu ist das Ornament bald ein rein geometrisches Flachornament, bald ahmt es den behauenen Stein nach, bald Gold schmiedearbeit, bald Eisen- oderLederornament, bald Stuckverzierun gen, bald naturalistisches, bald stilisirtes Pflanzenwerk, bald dieSchnör- kel mittelalterlicher Handschriften — und auch dies wird alles in ein und dasselbe Werk zusammengepackt. Nimmt man hinzu, daß diese Art, die Bücher zu „verzieren", in den Fällen, die ich im Sinne habe, — ich brauche sie wohl nicht namhaft zu machen, ein Jeder kann sie ja mit Händen greifen — auch noch mit der Jllustrirwuth unse rer Zeit sich verbindet, sv kann man sich ungefähr ausmalen, was dann für Bücher fertig werden. Leider begünstigt der bequeme Clichöhandel derartige Geschmacklosigkeit, ja er verführt dazu. Für ein Billiges kann sich ja heute jeder Verleger so und so viel Quadrat meter Galvanos von typographischen Verzierungen von allen Seiten her zusammenkaufen, und diese ganze Mustersammlung aus den heterogensten Bestandtheilen wird nun in den Büchern Stück für Stück wieder ausgekramt. Wenn diese Geschmacksverir rung nur noch etwas von der liebenswürdigen Uebertreibung des ersten Feuereifers hätte; aber daran ist nicht zu denken, denn gerade die ersten Versuche aus dem Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre waren aus dem besten Wege. Diesen neueren und neuesten Erzeugnissen sieht man es nur allzudeutlich an, daß sie der Ausfluß der allergewöhnlichsten Spekulation sind. Daß die Ver leger, die solche „Prachtausgaben" sabriciren, keine Ahnung haben sollten, daß auch das Buch eine künstlerische Einheit darstellen muß, daß auch in seiner äußeren Erscheinung dieselbe Harmonie walten muß, wie in jedem anderen Erzeugniß des Kunstgewerbes, daß die künst lerische Ausstattung eines Buches durchaus in einem Stile gehal ten sein muß, aber nicht der Text des Buches die Unterlage abgeben darf, um den von allen Seiten zusammengerafften Clichöplunder darauf ausznbreiten, daß sie das nicht wissen sollten, ist undenkbar. Sie müssen wissen, daß sie sich damit gegen den guten Geschmack versündigen. Aber mit wahrhaftem ästhetischen Cynismus arbeiten sie nach dem Recepte des Goethe'schen Schauspieldirectors: „Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen." Glücklicherweise sind die hier geschilderten Proben moderner Buchverzierung Ausnahmen, Ausnahmen zwar, die, wenn man den Versicherungen der Verlagshandlungen glauben darf, in tausenden von Exemplaren im Volke verbreitet werden, also ein beklagens- werthes Hinderniß für das Emporkommen eines reineren und edle ren Kunstgeschmackes bilden, aber doch immerhin Ausnahmen, die sich hoffentlich bald überlebt haben werden. Im Großen und Ganzen ist man sich über das rechte Maß in diesen Dingen sehr wohl klar. Man weiß, wie viel von Schmuckwerk ein Buch verträgt, man weiß, 355
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite