für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börscnvereins. 56. Freitags, den 17. Juni 1842. Nachdruck oder nicht? Au den vcrantivortlichcn Ncdaetcur dcö Börsenblattes. Herr» de Marie. Sie haben, Herr Redacteur, in No. 87. des vorjährigen Börsenblattes, die mir damals bei ihrem Erscheinen durch Zufall entgangen war, einen Aufsatz aus der criminalistischen Zeitung für die preußischen Staaten mitgetheilt, der die „Uebereinstimmung des Prinzips des preußi schen Nachdrucksgesetzes vom 11. Juni 1837 mit denPrinzipien des französischen Gesetzes über Nachdruck dacthun soll. Durch Aufnahme solcher Artikel aus anderen Zeitschriften über das literarische Eigen thumsrecht, wie durch vielseitige Besprechung dieses so wich tigen Gegenstandes verpflichten Sie die Buchhändler- und Schriftsteller-Welt zugleich, und erfüllen Ihre Pflicht als Redakteur in anerkcnnenswerther Weise. Da Sie in der selben Nummer die „Bitte um allseitige Unterstützung" aus sprechen, so gestatten Sie den nachfolgenden Zeilen wohl auch ein Plätzchen in den Spalten Ihres Blattes, wozu mich der obcnangezogene Artikel der criminalistischen Zeitung, mehr noch aber die darunter abgedruckte Note veranlaßt. Dieselbe besagt nämlich: „der Verfasser dieses Aufsatzes, Criminaldirector Temme, ist bekanntlich in der Literatur des Rechts eine Autorität, und seine Ansicht kann für die Gerichtspraxis in Preußen entscheidend werden." Erlauben Sie mir daher eine Beleuchtung dieser Ansicht, welche durch folgendes Factum hervorgerufcn ist: Der französische Dichter Victor Hugo hatte ein obsie gendes Unheil des correctionellen Tribunals zu Paris wider den Operntextdichter E. Monnier erlangt, wonach Letzterer in 100 Francs Geldbuße vcrurtheilt und die Eonfiscation der ganzen Auflage des Gedichts: Lucretia Borgia, Oper in 4 Aufzügen von C. Monnier, ausgesprochen ward, weil der Stoffdieses Operntextcs dem gleichgenannten Trauerspiel 9r Jahrgang. Hugo's entlehnt ist, „die Oper von einem Ende zum andern sklavisch dem Drama nachkriecht, von welchem sie nicht nur alle Situationen, sondern auch den Titel und diesämmtlichen Personen, ohne eine einzige Ausnahme oder Hinzufügung entnommen hat." Ob diese Entscheidung nach französischen Gesetzen gegründet ist, kümmert hier nicht, sondern bloß die Behauptung des Hrn. rc. Temme: „Auch nnch preu ßische,» Rechte dürste dieselbe Entscheidung zu erwarten gewesen sein." Dieser Ansicht kann ich — und mit mir sicher Mehrere — nicht beistimmcn. — Das preußische „Gesetz zum Schutz des Eigcnthums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung vom 11. Juni 1837" ist zu vörderst ein Strafgesetz; cs enthält seinen eigenen Wor ten zufolge eine „Abänderung und Ergänzung der über das gedachte Eigenthum bis dahin bestandenen gesetzlichen Be stimmungen des preußischen Strafrechts. Nach allge mein bekanntem Rechtsgrundsatze dürfen aber Strafge setze nur strictissi me interpretirt werden, undgiltin keinem Falle eine analoge Anwen dung derselben auf einen vorhandenen an dern Fall. Diese allgemeine Rechtsregcl verletzt aber Herr Temme in seiner juridischen Ausführung durchaus. Nach dir uck heißt und ist verboten— nach jenem preu ßischen Gesetze — jede neue, ganze oder theilweise Vervielfäl tigung einer bereits herausgegebenen Schrift durch Abdruck oder auf irgend einem mechanischen Wege auf Veranlassung eines Andern als die des Autors oder derjenigen, die ihre Be- fugniß dazu von ihm herleiten. Unverkennbar ist (nicht scheint, wieHerrTemme meint—) der Begriff desNach- drucks, aber nicht der Nachbildung, nach preußischem Rechte ein engerer als nach französ. Rechte, welches alsHaupt- bcstandtheil dieses Begriffs festseht, „daß die Nachbildung den nachgebildeten Gegenstand in seinem Hauptgedanken und mit denselben Mitteln (der Sprache, des Nachstichs, des 103