für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^ 54. Dienstags, den 9. Juni 4840. Das Beziehen der Leipziger Ostcrmcsse. In frühem Zeiten, als der deutsche Buchhandel noch nicht die Gestaltung gewonnen, die ihm seine heutige Eigen- thümlichkeit verliehen, da hatten die Messen eine Wichtigkeit, die sie jetzt fast ganz verloren haben. Damals zog man nach Leipzig, nicht allein um seine eigenen Artikel aus den literarischen Markt zu bringen, sondern auch zu sehen, was andere Verleger gebracht hatten. Man kam, um nach eigener Anschauung zu wählen und vom eigenen Verlag wählen zu lassen, mit einem Worte: man bezog die Messe, um Geschäfte zu machen. Heut zu Tage ist cs anders: der Besuch der Messe hat fast nur zum Zwecke, die vorjährige Rechnung ab zuschließen und die Saldi zu ziehen. So ist cs denn gekom men, daß fast nur Verleger, die Gelder zu empfangen haben, die Messen besuchen: die Zahl der Sortimcntshändler, die wir auf der Börse sehen, ist sehr gering, und von dieser ge ringen Anzahl sind es nur wenige, welche mit dem Abschluß der Rechnung noch einen andern geschäftlichen Zweck verbinden. Diese von Jahr zu Jahr sich vermindernde Fre quenz der Messen von Seiten der Sortimcntshändler ist aber wahrhaft zu beklagen und es dürfte nicht unangemessen er scheinen, die Aufmerksamkeit auf diesen wichtigen Gegenstand hinzuleiten. Wenn gesagt worden, es sei zu beklagen, daß von einer so geringen Anzahl Sortimcntshändler die Messen besucht werden, so Horen wir von vielen Seiten die Frage auswerfcn, was denn die persönliche Anwesenheit in Leipzig für Vorthcile und Nutzen gewähren könne, wir hören von Sortiments- und Veclagshändlcrn die Bemerkung aussprechen, es sei hinläng lich, wenn der Sortimcntist seine Liste und vollständige Deckung derselben einschickc; seine Person aber sei überflüssig. Auf die erste Frage brauchen wir wohl nicht tief cinzugehcn, denn wer wird in Abrede stellen, daß schon der Umgang und die Berührung mit so vielen Geschäftsgenossen ein großer Gewinn sei. Wird nicht während der Meßzeit stündlich Gclc- 7r Jahrgang. genheit hecbeigeführt, Ansichten auszutauschen, Erfahrungen zu sammeln, irrige Meinungen zu berichtigen, und muß cs dem Geschäftsmanns nicht willkommen sein, aus dem gewohnten Kreise hecausgerisscn zu werden, kurze Zeit sich in einem mäch tigen Geschäflstrubel zu bewegen, um dann geistig gestärkt in seinen Wirkungskreis zurückzukchren? Einen direkten Nutzen, einen pecuniärcn Vortheil, den der persönliche Besuch der Messe hat, nachzuweisen, dürfte aber überflüssig sein, da wohl Jeder davon überzeugt ist, daß Geldgeschäfte am geeignetsten und vortheilhaftestcn persönlich abgemacht werden können. Besonders wichtig aber müßte der Besuch der Messen für den Sortimentsbuchhändler sowohl wie für den Äerlagsbuch- händlcc werden, wenn man sich nicht darauf beschränken wollte, das Abrechnungs-Geschäft als den alleinigen Zweck der Messe zu betrachten, sondern dahin strebte, die ursprüngliche Bestimmung der Messen wieder hcrzustellcn. Nicht nur den Nutzen der Einzelnen erblicken wir dadurch gefördert, wir sehen darin auch Heil erblühen dem deutschen Buchhandel. Die nächste Folge einer allgemeinem Frequenz dürfte wohl die sein, daß jeder Verleger sich bestreben würde, seine neuen Artikel persönlich zur Messe zu bringen, um den Sortiments händler nach genommener Ansicht entweder für feste Rech nung oder ä 6oud. wählen zu lassen. Es horte dann viel leicht das unsägliche, oft so kritiklose Verschicken der durch die Presse gejagten neuen Erscheinungen auf und dem Verleger würde vielleicht manchmal durch die Lauheit, mit der der praktische Sortimentist das Buch betrachtet, von dem ec so schönen Erfolg geträumt, eine bittere Täuschung für die nächste Messe erspart. Durch eine allgemeinere Frequenz der Messen von Seiten der Sortimentshändlcc aber könnte dem öffentlichen Herabsetzen der Büchcrprcisc, wogegen in der neuern Zeit so viel mit Recht und Unrecht geeifert worden ist, ein Damm entgegengesetzt werden. Wir sind nicht gewillt, dem leidigen Hcrabsetzen der Bücherpreise das Wort zu reden, allein so viel wird Jeder cingestehcn müssen, daß in manchen 94