für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. HerauSgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. 54. Dienstags, den 8. Juni. 1841. Henry Dohn's Auction. Im vorigen Jahre wurde in Ihrem Blatte ein Auszug aus derLeipz.Allg. Zeitung mitgetheilt, der dieRnmIon 'UsUe 8sles im Vorbeigehen berührte. Vielleicht dürfte eine kleine Skizze des mit dem Kaufe verbundenen Banquets Vielen > Ihrer Leser nicht uninteressant sein, denn so wie überhaupt alles hier Unternommene großartig und für uns Deutsche ans Mährchcnhafte grenzend erscheint, so stellen sich auch die „Ooolcselior 3'rscle 8sles" dar. Ein geschmackvoll decorirter Saal der Million Ravern, ein glanzendes Hotel in ^Ibeinarle Street, ist zur Abhaltung der Auction auserwählt. Vier lange Tische, deren jeder 40 Personen fassen kann, laufen parallel bis zum andern Ende, wo der Auktionator, besser gesagt der Offerirende — denn cs ist mehr ein Anerbieten zu einem billigen Preise, als eine Auction — sich in der Mitte des Endtischcs aufeiner Erhöh ung befindet. In diesen Tagen nun erblickten wir den Mr. Henry Bohn, berühmt durch seine ausgedehnten Spekulationen, noch l weit mehr aber durch seinen (-ninea OatsInAue, der, ein riesiges Euriosum, mit vollem Rechte als „tlie falber o5 tbe Ostalogues" anerkannt wurde. Die Verzeichnisse zu diesen Sales sind auf Royal Folio gedruckt, eine Sitte, die sich beiläufig seit 150 Jahren erhalten hat und die man eben wegen der Antiquität beibehält; diese bilden nicht bloß Pro gramm, sondern auch Einlaßkarte zur Auction. Die diesjährige Versteigerung begann mit einem kostba ren Diner; 160 bis 170 Buchhändler waren versammelt. Champagner, Sherry und Port-Wein stoßen aus unerschöpfli chem Borne und verfehlten natürlich ihre Wirkung nicht; ^ — auch der Büchecstaub will einmal aus der Kehle gespült! sein. — Es wurde dabei viel getrunken und wenig gekauft. Am zweiten Tage begann die Auction mit Thee um 5 Uhr, die Tische waren wieder mit Wein und Eonditorwerk reich lich besetzt. Mr. Bohn offcrirte mit seiner ihm eigenthüm- lichcn Leichtigkeit seine Wecke, er hat eine sehr große Routine 8r Jahrgang. darin und ergötzt die Versammelten oft durch seine Anprei sungen und durch den ihm angebornen Mutterwitz. „6ent- lemen, rief er einige Male, 50» tailc so mucli lbat I cannot besr und das spricht ec so schnell und wohlklingend, daß ich es recht gern mit anhörte. Eine seiner Bemerkun gen muß ich erwähnen: man wendete nämlich nach zehn Uhr die Blätter des Eatalogs um, wodurch ein ungewöhnlicher Lärm entstand, der wohl noch durch Hungrige vermehrt wurde, welche sich nach dem Souper sehnten- „Gentlemen" rief er wieder, „der Lärm ist mir angenehm, denn es scheint, als wollten Sie sich mir wieder zuwenden. Um halb 11 Uhr ging man endlich zu Tische. Geflü gel, 6erman SausauFcs, Rosst Iiees und was weiß ich mehr, erschienen auf der Tafel, man aß und trank und ließ sich's wohl schmecken. Nach Hinwcqnahme der Gedecke wurden Rosi nen und Mandeln und verschiedene Sorten Obst, mit fri schem Wein und Bischof aufgetragen. Die Sänger sangen die 6>ees, und Toaste wurden ausgebracht. Der dirigirende Aufwärtcr und Ecremonicn-Meister bat die Gläser zu füllen und deutete an, daß Charles Knigth einen Toast auszubrin- gcn gedächte. Der würdige Gentleman erhob sich und sprach mit kräftigen Worten; er brachte den Toast einem Dichter aus, der Englands literarische Blüthe hcrvorgecufen und selbst als die edelste Blume blüht und blühen wird, dessen Geburts tag eben der 23. April war, und dessen Name „Shakspcarc" ist. — Wie ein Blitz durchzuckte dessen Nennung alleAnwe- senden, ein enthusiastisches zehn Minuten langes Hurrah — donnerte. Mir gings elektrisch durch die Adern, ich fühlte eine unbeschreibliche Wonne, meine Stimme zum Lebehoch für Shakspeare mit erschallen zu lassen. Ruhe ward wieder; da erhob sichHerrBohn und begeisterte die Anwesenden durch sein neunmaliges „Hip, Hip, H>p — Hurrah!" Gäbe es Noten, die die Melodie dieser Melodie verkörperten, dann ließe sich auch erwarten, daß der ferne Leser die Wollust der Ohrenzcugen mit empfinden könnte. Die Gläser waren ge leert, man füllte sie wieder und wieder; Sänger sangen ab- 90