Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Hera»«gegeben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Rcdactcur: Otto Aug. Schulz Commissionnair: A. Frohberger. 8. Freitag, den 21. Februar 1834. GeseHkunde. Uebcr die Gesetzgebung der Presse in der Schweiz. Von l),. Kasimir Pfyffer, Präsibemcn Los Apxellmionsgerichls in Luzern *). In der Schweiz war Censur und Preßzwang lange heimisch. In dem letzten Jahrhundert der alten Eidge nossenschaft, wo der Aristokratismus sich in seinem schrof fen Gegensätze zum Volke ausdildete, bildete sich auch das Princip der geheimen Staatsverwaltung in der Eidgenossenschaft vollkommen systematisch aus **). Dieses Princip ist mit dem Wesen der Aristokratie un zertrennlich verbunden. Indem letztere Staat und Volk nur als Eigenthum weniger regimentsfahiger Familien be ttachtet und dem Volke alles Recht der Theilnahme an öffentlichen Angelegenheiten abspricht, haßt sie wirk lich jedes Interesse desselben an der Verwaltung und entzieht ihm jede Kennrniß derselben; stille Duldung und blinder Gehorsam sind die Tugenden , zu denen sie die unterworfene Menge erzieht. Als die alte Eidgenossenschaft zusammenstürzte, trat mit der helvetischen Republik (1798) grundsätzlich die Freiheit der Presse ein. Allein dieser Grundsatz wurde nie vollkommen ins Leben eingeführt. In einzelnen Mo menten wachte er auf, wurde aber zuweilen wieder von der Mr entlehnen diesen interessanten Aufsatz, welcher uns ^ »lir den gegenwärtig bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Presse in der Schweiz bekannt macht, der,,Zcil- lel'ritt slir Rechtswissenschaft u. Gc,«tzgebung des Auslan des -c , herausg. von Milt-ruraier und Zachariü." 5. Bd. 3. Heft. S. 435 u. fg. "4 n,ral Beherzigungen bei der Einführung der Preßfrei- h eil in der Schweiz. Zürich, Geßncr 1829. gr. 8. (12 gr.) I. Jahrgang. Cevsur, die den Regenten bequemer war, unterdrückt. Wahrend der Mediationsacte, die auf die helvetische Einheitsregierung folgte (1803), war in der Schweiz, welche unter Napoleon's gewaltigem Einflüsse stand, hin sichtlich der Presse ebenfalls mehr Zwang als Freiheit. Napoleon war überhaupt kein Begünstiger der Freiheit. Als endlich die Epoche der Restauration (1814) eintrat, wurden Mit dem Wiederaufleben der Aristokratie auch die ehemaligen Maximen der geheimen Staatsverwaltung wieder geltend gemacht, mit welchen Maximen die Preß freiheit unvereinbar ist. Allmalig aber erwachte ein höheres und freieres politisches Leben in der Eidgenossenschaft. Die Publici- tat gewann in verschiedenen Cantonen mehr Boden. Man sing an, hier und da die große Frage der Preß freiheit zu debattiren. Es war im Jahre 1829, als in Zürich und Luzern die Verteidiger der Preßfreiheit den Sieg errangen, an beiden Orten die Eensur aufge hoben, und die Preßfreiheit gesetzlich eingeführt ward. Als nach den Juliustagen in Paris am Ende des Jah res 1830 die meisten Verfassungen der Schweiz einer Reform unterlagen, wurde in allen diesen reformirten Ver fassungen die Preßfreiheit a,ls Staatsgrundsatz ausgestellt, mit der Bestimmung, daß eine Censur unter keinem Vorwände jemals Platz greifen könne. <L>eit diesem Icikpuncte nun herrscht in der Schweiz vollkommene, durch Gesetze geregelte, Preßfreiheit. Wir wollen hier die Preßgesetze der drei Vororte Zürich, Bern und Luzern, so wie das des Cantons Ncufchakel, anführen, und dann einige Vergleichungen zwischen denselben anstcllen, woraus sich ergeben wird, daß das Preßgesetz von Luzern den Forderungen der Frei heit nicht nur in Vergleichung mit den Gesetzen von Zürich und Bern, sondern den bekannten Preßgesehgr- bungen überhaupt am meisten entspricht. (Fortsetzung folgt.) 8