für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börfenvereins. 108. Dienstags, den 15. December 1840. Der deutsche Buchhandel und seine Reform. Andeutungen von Theodor Lehnhoss. (Fortsetzung.) Daß Niemand aus freiem Antriebe schlechte Bücher kaust, versteht sich, sie müssen also dem Publicum aufgedrungen werden. Anfangs thaten Buchhändleranzeigen noch einige Wirkung. Dieselben haben aber bald ihre Kraft verloren, seit dem sie sich mit einer gewissen Vorliebe auf dem Gebiet des Komischen hielten, seitdem die Verleger mit jedem Buchstabir- buch eine lange empfundene Lücke (in der Literatur, wie sie uns gern weismachten, in der That aber nur in ihrer Börse) aussüllen wollen, seitdem man ein Komplimentirbuch mit der Unverschämtheit ankündigt: „dies Buch enthält Alles, was ei nem jungen Mann bei seinem Eintritt in die Welt zu wissen nöthig ist." — Eine andere Art Vorspann sind die bezahlten Kritiken. War das vorige Mittel im Ganzen ein unschuldi ges, in so fern es bei der bekannten Erfahrung, daß jeder Kauf mann seine Waarc lobt, schon von selbst wenig Geltung in Anspruch nimmt, so ist dies dagegen das moralisch schlechteste, weil es lediglich eine Täuschung des Publicums bezweckt, die noch dazu meistens schwer zu erkennen ist. Denn die Kritik liegt mit wenig Ausnahmen in den Händen des Journalis mus. Wie soll nun das größere Publicum auch nur über den Charakter jeder kritischen Zeitschrift im Allgemeinen, vollends aber über die Zuverlässigkeit der einzelnen, meist anonymen Mitarbeiter unterrichtet sein? Da es also das Wahre vom Falschen nicht zu sondern versteht, und nachdem es oft genug hintergangen worden ist, verschüttet cs das Kindlein sammt dem Bade und nimmt auf die gestimmte Kritik keine Rücksicht mehr. Dies ist um so mehr zu beklagen, je weniger man in den Wirren unsrer Literatur eines Wegweisers entrathen kann. Denn einTheilnamentlich der ephemeren und belletri stischen Literatur ist ein wahrer Augiasstall. Wie soll man 7r Jahrgang. ihn aber säubern, nachdem der Strom der Kritik, den man hin einleiten könnte, selbst zur Pfütze geworden ist? Von einem gediegenen kritischen Journal aber glaube ich, daß cs zwar posi tiv und direct, nämlich als Schulmeister der Schriftsteller, nichts zur Verbesserung der Literatur beitragen kann, wohl aber ne gativ, indem es das Schlechte nach Umständen ignorirt, zu rückweist oder brandmarkt. — Ein drittes Mittel, geringem Absatz nachzuhelfen, ist die Preisherabsetzung. Von der ei nen Art, blos für die Buchhändler den Preis zu ermäßigen, soll keine Rede sein, weil das Unstatthafte dieses Verfahrens auf der Hand liegt. Aber selbst die Preisermäßigung für das Publicum dürfte schwer zu rechtfertigen sein. Denn obgleich dieselbe das Verfehlte einer Spekulation oder einen Mißgriff in Feststellung des ursprünglichen Preises offen zu erkennen giebt, und also von keiner Hintergehung des Publicums die Rede sein darf, so kann man doch, ohne Splitterrichter zu sein, auch diese Handlungsweise unangemessen, unwürdig und selbst unklug finden, und es wäre besser, wenn jeder Buchhändler seine fehlgeschlagenen Hoffnungen verschmerzen könnte. Es macht schon einen unangenehmen Eindruck, wenn der Verleger öffentlich als Richter über sein Buch auftritt, ebenso wenn er durch Verschleuderung über dasselbe den Stab bricht, als wenn er es beim Erscheinen durch eine lobhudelnde Anzeige einführt. Daß ferner jede Preisherabsetzung den Auror beleidigt und in seinen Rechten verletzt, ist mehr als einmal nachgewiesen wor den und darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Wichtiger als dies beides ist der Umstand, daß die Preisherab setzung dem Buch eine Verbreitung und Geltung usurpirt, die ihm nicht zukommen, weil es sich dieselben nicht aus natürli chem Wege zu erringen vermochte, ein Umstand, der dem Mit telmäßigen ein ungebührliches Uebergewicht verschafft und das literarische Gleichgewicht stört. Ueberdies endlich verliert das Publicum in demselben Maaße an Empfänglichkeit für neuere und bessere Bücher, als durch die Schleudere! seine Kauflust mit mittelmäßigen und veralteten befriedigt wird, — ein we- 207