B-rscilklatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegebcn von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Ncdactcur: Otto Aug. Schulz. Commissionnair: A. Frohbcrger. 3. Freitag, den 17. Januar 1834. GeseHkunde. K u r h e s s e n. Censurangelcgenhcit. Wie in mehreren konstitutionellen Staaten, so mangelt auch noch in Kurhesscn ein bestimmtes Prcßge- setz, obgleich es in der Versassungsurkunde versprochen wird. Es blieb daher nichts übrig, als sich bei ver kommenden Fallen an die Bestimmungen des Staats grundgesetzes zu Hallen, welches in seinem ,37. Para graphen verordnet: ,,Die Freiheit der Presse und des Buchhandels wird in ihrem vollen Umfange Statt finden. Es soll jedoch zuvor gegen Preßvergehen ein besonderes Gesetz alsbald erlassen werden. Die Censur ist nur in den durch die Bundesgesetze bestimmten Fällen zulässig." Diese allgemeinen Vorschriften sind nun aber freilich bei ihrer Anwendung sehr verschie denartiger Deutung unterworfen gewesen. Einerseits wurde die Meinung ausgestellt, daß die frühem, in kurfürstlichen Edikten begründeten Anordnungen bis zur Erscheinung eines verfassungsmäßigen Preßgcsehes als fortdauernd in Kraft anzusehen, andererseits, daß der gleichen Verordnungen durch die Verfassungsurkunde, in sofern sie mit dieser im Widerspruche, als aufgehoben zu betrachten. So war ehedem in Kurhessen Eensur für alle Druckschriften ohne Unterschied eingeführt. Noch unterm 11. April des Jahres 1816 war durch eine höchste Verordnung verfügt worden, ,,daß in den kur- hessischen Landen keinerlei Art von Bsschern und Schriften ohne vorherige Censur zu drucken erlaubt ftp," und im Jahre 1819 wurden die damals erschie nenen Bundesbeschlüsse blos mit der Weisung an sammt- liche Behörden, über die strenge Befolgung nach Maß- 1. Jahrgang. gäbe der Eensurordnung vom Jahre 1816 sorgfältig zu wachen, bekannt gemacht. Als ferner die deutsche Bun desversammlung im Jahre 1830 den Beschluß gefaßt hatte, daß die von ihr früherhin erlassenen provisorischen Bestimmungen gegen den Mißbrauch der Presse bis auf weitere Verfügung auch ferner in Kraft bleiben sollten, ward auch dieses in Kurhessen vom Staatsministerium blos mit Hinweisung auf die bestehende Eensurordnung vom Jahre 1816 publicirt. Die Polizeidirection in Kassel nahm daher keinen Anstand, eine bei einem kasselschcn Buchdrucker unter der Presse befindliche Druckschrift, ungeachtet sie mehr als 20 Bogen betrug, weil der selbe unterlassen, solche einer vorgängigen Censur zu unterwerfen, vor einiger Zeit in Beschlag zu nehmen. Eine andere Ansicht hatten jedoch die Gerichte; das Obergericht in Kassel erkannte, daß, da in Gemäßheit der Verfassungsurkunde die Censur nur in den durch die Bundesgesetze bestimmten Fällen zulässig seyn soll, diese aber eine Censur nur für periodische Blätter und Schrif ten unter 20 Druckbogen seststcllen, die Ausdehnung der Censur auf Schriften über 20 Bogen als verfassungs widrig anzusehcn sey, und befahl zugleich mittelst eines unbedingten Mandats die unverzügliche Freigebung der von der Polizeibehörde der Residenz in Beschlag genom menen Schrift. Das Ministerium des Innern und resp. die Polizeidirection in Kassel ließen es indessen hierbei nicht bewenden, sondern versuchten durch den Staatsanwalt von dem Erkenntniß des Obergerichts eine Berufung an das Oberappelationsgericht, selbst die Com- petenz jenes in dieser Angelegenheit bestreitend. Mit Be gierde sah man der Entscheidung des höchsten Gerichts entgegen. Diese Entscheidung ist vor kurzem erschienen; die Appelation des Staatsanwalts ist durch dasselbe zu rückgewiesen. Was vorerst die bestrittene Zuständigkeit des kasselschen Obergerichls betrifft, so hat das Oberappe lationsgericht die Competenz der Civilgerichte, um über